Friderike, Amöne, Karoline. Mein Sommerrok sezt die Welt in[334] Erstaunen; für Neid darf ich nicht sorgen.
Leben Sie wohl, Unvergeslicher, dem ich so viel "schulde" und der nichts "buchet".
Richter5
611. An Präsident von Voelderndorff in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 12. Mai 1797]
An die Kammer thut man sonst die 4 Bitte -- an die Regierung die 5te. -- Stellen Sie sich vor, Sie wären eine Fakultät -- und der Unterschied besteht nicht in der Zahl der Arbeiten sondern der Fakul-10 tisten --, und ich wäre ein Justizkommissar, der ein Responsum ein- holte, um eine Antwort zu geben. Da es viel leichter ist Freimuth zu haben als zu vertragen: so wird gewis das grosse Verdienst das kleine verzeihen. Da Sie durch Dinte am Körper sündigen, so müssen Sie ihn auch durch das Dintenwasser des Karlsbades wieder bessern.15 Ihre Freimüthigkeit etc. entschuldige mich für jeden Grad ihrer Nach- ahmung.
612. An Christian Otto.
[Hof, 16. Mai 1797]
Wilst du mir nicht Gibbon über das Studium etc. schicken? Du hast20 doch den Brief von Voelderndorf: bei Herold seh' ich ihn nicht gern.
613. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Kopie][Hof, 17. Mai 1797]
Das lauernde schnappende wedelnde Kazenvolk der Buchhändler25 Judenschaft. -- Die Weltleute sind gegen Menschen so gleichgültig, daß sie nicht einmal mehr vermögen, sie zu hassen: stürzen oder ge- brauchen oder heben thun sie sie blos und weiter nichts. Menschliche Sonderbarkeit, daß wir unsre gute und unsre schlimme Empfindung für ein Individuum auf die Menschheit ausdehnen: zum Glük schränkt30 der Wechsel die entgegengesezten Ausdehnungen unschädlich ein -- Daß die Stimme der Vernunft den Schrei des Gefühls nicht über- täubt, obwohl betäubt. -- iüd[ische] Propagande. Deine Gefühle
Friderike, Amöne, Karoline. Mein Sommerrok ſezt die Welt in[334] Erſtaunen; für Neid darf ich nicht ſorgen.
Leben Sie wohl, Unvergeslicher, dem ich ſo viel „ſchulde“ und der nichts „buchet“.
Richter5
611. An Präſident von Voelderndorff in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 12. Mai 1797]
An die Kammer thut man ſonſt die 4 Bitte — an die Regierung die 5te. — Stellen Sie ſich vor, Sie wären eine Fakultät — und der Unterſchied beſteht nicht in der Zahl der Arbeiten ſondern der Fakul-10 tiſten —, und ich wäre ein Juſtizkommiſſar, der ein Reſponſum ein- holte, um eine Antwort zu geben. Da es viel leichter iſt Freimuth zu haben als zu vertragen: ſo wird gewis das groſſe Verdienſt das kleine verzeihen. Da Sie durch Dinte am Körper ſündigen, ſo müſſen Sie ihn auch durch das Dintenwaſſer des Karlsbades wieder beſſern.15 Ihre Freimüthigkeit ꝛc. entſchuldige mich für jeden Grad ihrer Nach- ahmung.
612. An Chriſtian Otto.
[Hof, 16. Mai 1797]
Wilſt du mir nicht Gibbon über das Studium ꝛc. ſchicken? Du haſt20 doch den Brief von Voelderndorf: bei Herold ſeh’ ich ihn nicht gern.
613. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Kopie][Hof, 17. Mai 1797]
Das lauernde ſchnappende wedelnde Kazenvolk der Buchhändler25 Judenſchaft. — Die Weltleute ſind gegen Menſchen ſo gleichgültig, daß ſie nicht einmal mehr vermögen, ſie zu haſſen: ſtürzen oder ge- brauchen oder heben thun ſie ſie blos und weiter nichts. Menſchliche Sonderbarkeit, daß wir unſre gute und unſre ſchlimme Empfindung für ein Individuum auf die Menſchheit ausdehnen: zum Glük ſchränkt30 der Wechſel die entgegengeſezten Ausdehnungen unſchädlich ein — Daß die Stimme der Vernunft den Schrei des Gefühls nicht über- täubt, obwohl betäubt. — iüd[iſche] Propagande. Deine Gefühle
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[333/0349]
Friderike, Amöne, Karoline. Mein Sommerrok ſezt die Welt in
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Leben Sie wohl, Unvergeslicher, dem ich ſo viel „ſchulde“ und der
nichts „buchet“.
Richter 5
611. An Präſident von Voelderndorff in Bayreuth.
[Hof, 12. Mai 1797]
An die Kammer thut man ſonſt die 4 Bitte — an die Regierung die
5te. — Stellen Sie ſich vor, Sie wären eine Fakultät — und der
Unterſchied beſteht nicht in der Zahl der Arbeiten ſondern der Fakul- 10
tiſten —, und ich wäre ein Juſtizkommiſſar, der ein Reſponſum ein-
holte, um eine Antwort zu geben. Da es viel leichter iſt Freimuth zu
haben als zu vertragen: ſo wird gewis das groſſe Verdienſt das
kleine verzeihen. Da Sie durch Dinte am Körper ſündigen, ſo müſſen
Sie ihn auch durch das Dintenwaſſer des Karlsbades wieder beſſern. 15
Ihre Freimüthigkeit ꝛc. entſchuldige mich für jeden Grad ihrer Nach-
ahmung.
612. An Chriſtian Otto.
[Hof, 16. Mai 1797]
Wilſt du mir nicht Gibbon über das Studium ꝛc. ſchicken? Du haſt 20
doch den Brief von Voelderndorf: bei Herold ſeh’ ich ihn nicht
gern.
613. An Friedrich von Oertel in Leipzig.
[Hof, 17. Mai 1797]
Das lauernde ſchnappende wedelnde Kazenvolk der Buchhändler 25
Judenſchaft. — Die Weltleute ſind gegen Menſchen ſo gleichgültig,
daß ſie nicht einmal mehr vermögen, ſie zu haſſen: ſtürzen oder ge-
brauchen oder heben thun ſie ſie blos und weiter nichts. Menſchliche
Sonderbarkeit, daß wir unſre gute und unſre ſchlimme Empfindung
für ein Individuum auf die Menſchheit ausdehnen: zum Glük ſchränkt 30
der Wechſel die entgegengeſezten Ausdehnungen unſchädlich ein —
Daß die Stimme der Vernunft den Schrei des Gefühls nicht über-
täubt, obwohl betäubt. — iüd[iſche] Propagande. Deine Gefühle
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/349>, abgerufen am 16.02.2025.
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