Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hesperus- oder Venusstern wird leider bei seinem Durchgang
durch die Sonne von Weimar die Gestalt eines Fleckens annehmen;
aber da er (bei der nahen 2ten Auflage) als Luzifer unten wieder herauf-
kommen sol, oder da er (in einer andern Metapher) einen verklärten
Körper vom Verleger erhalten sol: so wär' es gut, wenn ich in den5
verklärten Leib auch eine verklärte Seele sezen könte. -- -- Und daher
wünscht' ich so herzlich, Sie würfen die Seele in Ihr Purgatorium --
und schrieben mir hernach das Übrige.

Ihrer verehrtesten Gattin und Ihrer wegen lass' ich jezt oft abends
eine halbe Stunde später Licht in die Stube bringen, um mir in der10
Dämmerung -- dieser besten Grundierung, diesem Herbstdufte der
kolorierenden Phantasie -- die glänzenden Abende bei Ihnen, die
zurükgewichen, und die erleuchtete warme Stunde auszumalen, worin
ich wieder Sie und die würdigste Freundin Ihrer Seele, überglüklich
vor mir sehe. O leben Sie beide unaussprechlich beglükt und -- was15
auf der Erde fast noch schwerer ist -- beruhigt! --

Richter
479. An Christian Otto.

Lieber Christian! Ich bringe dir vom Richter drüben eine Luise, die20
viel kleiner ist als ich und recht schön grün und die dich gewis nicht so oft
ärgern wird als ich. Und du solst heute recht fröhlich sein, hat er ge-
sagt, und auch morgen und übermorgen und immer immerfort, und
auch zu Weihnachten -- Ach ich hab alles vergessen -- Und auch recht[280]
gesund und wohl: damit dein Albrecht eine rechte Freude hat, wenn er25
dich ansieht, und meine Friderike, und auch der Richter, wenn er
rüber komt. Ach sei immerfort so froh und gesund wie unsere Mama
droben ist. Weiter weis ich nichts mehr.

480. An Christian Otto.
30

Wenn es dich nicht genierte, möcht ich dich wohl um die L[itteratur]
Zeitung
bitten: um 11 kehrt sie zurük. -- Es wird mir eine seltsame
exzentrische Korrespondenz zu Theil.

Der Heſperus- oder Venusſtern wird leider bei ſeinem Durchgang
durch die Sonne von Weimar die Geſtalt eines Fleckens annehmen;
aber da er (bei der nahen 2ten Auflage) als Luzifer unten wieder herauf-
kommen ſol, oder da er (in einer andern Metapher) einen verklärten
Körper vom Verleger erhalten ſol: ſo wär’ es gut, wenn ich in den5
verklärten Leib auch eine verklärte Seele ſezen könte. — — Und daher
wünſcht’ ich ſo herzlich, Sie würfen die Seele in Ihr Purgatorium —
und ſchrieben mir hernach das Übrige.

Ihrer verehrteſten Gattin und Ihrer wegen laſſ’ ich jezt oft abends
eine halbe Stunde ſpäter Licht in die Stube bringen, um mir in der10
Dämmerung — dieſer beſten Grundierung, dieſem Herbſtdufte der
kolorierenden Phantaſie — die glänzenden Abende bei Ihnen, die
zurükgewichen, und die erleuchtete warme Stunde auszumalen, worin
ich wieder Sie und die würdigſte Freundin Ihrer Seele, überglüklich
vor mir ſehe. O leben Sie beide unausſprechlich beglükt und — was15
auf der Erde faſt noch ſchwerer iſt — beruhigt! —

Richter
479. An Chriſtian Otto.

Lieber Chriſtian! Ich bringe dir vom Richter drüben eine Luiſe, die20
viel kleiner iſt als ich und recht ſchön grün und die dich gewis nicht ſo oft
ärgern wird als ich. Und du ſolſt heute recht fröhlich ſein, hat er ge-
ſagt, und auch morgen und übermorgen und immer immerfort, und
auch zu Weihnachten — Ach ich hab alles vergeſſen — Und auch recht[280]
geſund und wohl: damit dein Albrecht eine rechte Freude hat, wenn er25
dich anſieht, und meine Friderike, und auch der Richter, wenn er
rüber komt. Ach ſei immerfort ſo froh und geſund wie unſere Mama
droben iſt. Weiter weis ich nichts mehr.

480. An Chriſtian Otto.
30

Wenn es dich nicht genierte, möcht ich dich wohl um die L[itteratur]
Zeitung
bitten: um 11 kehrt ſie zurük. — Es wird mir eine ſeltſame
exzentriſche Korreſpondenz zu Theil.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <pb facs="#f0294" n="279"/>
        <p>Der <hi rendition="#g">He&#x017F;perus-</hi> oder Venus&#x017F;tern wird leider bei &#x017F;einem Durchgang<lb/>
durch die Sonne von <hi rendition="#aq">Weimar</hi> die Ge&#x017F;talt eines Fleckens annehmen;<lb/>
aber da er (bei der nahen 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Auflage) als Luzifer unten wieder herauf-<lb/>
kommen &#x017F;ol, oder da er (in einer andern Metapher) einen verklärten<lb/>
Körper vom Verleger erhalten &#x017F;ol: &#x017F;o wär&#x2019; es gut, wenn ich in den<lb n="5"/>
verklärten Leib auch eine verklärte Seele &#x017F;ezen könte. &#x2014; &#x2014; Und daher<lb/>
wün&#x017F;cht&#x2019; ich &#x017F;o herzlich, Sie würfen die Seele in Ihr Purgatorium &#x2014;<lb/>
und &#x017F;chrieben mir hernach das Übrige.</p><lb/>
        <p>Ihrer verehrte&#x017F;ten Gattin und Ihrer wegen la&#x017F;&#x017F;&#x2019; ich jezt oft abends<lb/>
eine halbe Stunde &#x017F;päter Licht in die Stube bringen, um mir in der<lb n="10"/>
Dämmerung &#x2014; die&#x017F;er be&#x017F;ten Grundierung, die&#x017F;em Herb&#x017F;tdufte der<lb/>
kolorierenden Phanta&#x017F;ie &#x2014; die glänzenden Abende bei Ihnen, die<lb/>
zurükgewichen, und die erleuchtete warme Stunde auszumalen, worin<lb/>
ich wieder Sie und die würdig&#x017F;te Freundin Ihrer Seele, überglüklich<lb/>
vor mir &#x017F;ehe. O leben Sie beide unaus&#x017F;prechlich beglükt und &#x2014; was<lb n="15"/>
auf der Erde fa&#x017F;t noch &#x017F;chwerer i&#x017F;t &#x2014; beruhigt! &#x2014;</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Richter</hi> </salute>
        </closer>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>479. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 9. Dez. 1796]</hi> </dateline><lb/>
        <p>Lieber Chri&#x017F;tian! Ich bringe dir vom Richter drüben eine Lui&#x017F;e, die<lb n="20"/>
viel kleiner i&#x017F;t als ich und recht &#x017F;chön grün und die dich gewis nicht &#x017F;o oft<lb/>
ärgern wird als ich. Und du &#x017F;ol&#x017F;t heute recht fröhlich &#x017F;ein, hat er ge-<lb/>
&#x017F;agt, und auch morgen und übermorgen und immer immerfort, und<lb/>
auch zu Weihnachten &#x2014; Ach ich hab alles verge&#x017F;&#x017F;en &#x2014; Und auch recht<note place="right"><ref target="1922_Bd2_280">[280]</ref></note><lb/>
ge&#x017F;und und wohl: damit dein Albrecht eine rechte Freude hat, wenn er<lb n="25"/>
dich an&#x017F;ieht, und meine Friderike, und auch der Richter, wenn er<lb/>
rüber komt. Ach &#x017F;ei immerfort &#x017F;o froh und ge&#x017F;und wie un&#x017F;ere Mama<lb/>
droben i&#x017F;t. Weiter weis ich nichts mehr.</p>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>480. An <hi rendition="#g">Chri&#x017F;tian Otto.</hi></head><lb/>
        <dateline> <hi rendition="#right">[Hof, 12. Dez. 1796]</hi> </dateline>
        <lb n="30"/>
        <p>Wenn es dich nicht genierte, möcht ich dich wohl um die <hi rendition="#aq">L[itteratur]<lb/>
Zeitung</hi> bitten: um 11 kehrt &#x017F;ie zurük. &#x2014; Es wird mir eine &#x017F;elt&#x017F;ame<lb/>
exzentri&#x017F;che Korre&#x017F;pondenz zu Theil.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0294] Der Heſperus- oder Venusſtern wird leider bei ſeinem Durchgang durch die Sonne von Weimar die Geſtalt eines Fleckens annehmen; aber da er (bei der nahen 2ten Auflage) als Luzifer unten wieder herauf- kommen ſol, oder da er (in einer andern Metapher) einen verklärten Körper vom Verleger erhalten ſol: ſo wär’ es gut, wenn ich in den 5 verklärten Leib auch eine verklärte Seele ſezen könte. — — Und daher wünſcht’ ich ſo herzlich, Sie würfen die Seele in Ihr Purgatorium — und ſchrieben mir hernach das Übrige. Ihrer verehrteſten Gattin und Ihrer wegen laſſ’ ich jezt oft abends eine halbe Stunde ſpäter Licht in die Stube bringen, um mir in der 10 Dämmerung — dieſer beſten Grundierung, dieſem Herbſtdufte der kolorierenden Phantaſie — die glänzenden Abende bei Ihnen, die zurükgewichen, und die erleuchtete warme Stunde auszumalen, worin ich wieder Sie und die würdigſte Freundin Ihrer Seele, überglüklich vor mir ſehe. O leben Sie beide unausſprechlich beglükt und — was 15 auf der Erde faſt noch ſchwerer iſt — beruhigt! — Richter 479. An Chriſtian Otto. [Hof, 9. Dez. 1796] Lieber Chriſtian! Ich bringe dir vom Richter drüben eine Luiſe, die 20 viel kleiner iſt als ich und recht ſchön grün und die dich gewis nicht ſo oft ärgern wird als ich. Und du ſolſt heute recht fröhlich ſein, hat er ge- ſagt, und auch morgen und übermorgen und immer immerfort, und auch zu Weihnachten — Ach ich hab alles vergeſſen — Und auch recht geſund und wohl: damit dein Albrecht eine rechte Freude hat, wenn er 25 dich anſieht, und meine Friderike, und auch der Richter, wenn er rüber komt. Ach ſei immerfort ſo froh und geſund wie unſere Mama droben iſt. Weiter weis ich nichts mehr. [280] 480. An Chriſtian Otto. [Hof, 12. Dez. 1796] 30 Wenn es dich nicht genierte, möcht ich dich wohl um die L[itteratur] Zeitung bitten: um 11 kehrt ſie zurük. — Es wird mir eine ſeltſame exzentriſche Korreſpondenz zu Theil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/294
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/294>, abgerufen am 02.05.2024.