2) Es sind Woldemars und Göthe, die aus Künstlern Kunstwerke[242] werden; die den poetischen Genus der Gefühle und Ideale auf die leichteste Art und auf d[ie] Kosten der Handlungen lieben. Es ist nicht die Eitelkeit, weswegen sie darstellen, sondern der Genus des Dar- stellens.5
3.) Sie kan ja doch dem Abbe trauen: warum sol sie denn bei der Liebe der Emigranten, bei der Schminke und Aristokratie schlechter sei[n] als ohne? Freilich mus sie die Stände achten, denen sie in Paris alles verdankt.
4.) Wie die Kalb. Sie lobt und tadelt gleich stark. Sie glaubt an10 ihren Werth: warum ist denn dieses Glaubens-Bekentnis eine Un- verschämtheit?
Übrigens obgleich (zumal seit meinem Titan) mein Enthusiasmus für solche lebendige Kunstwerke zu stark ist und seiner zu klein: so hat Oertel doch gerade so viel bei mir gewonnen als er der Klientin des15 Teufels Advokaten entziehen wil. -- Eine herliche Komposizion der Schröter schikt mir die Ostheim.
403. An Christian Otto.
[Hof, 12. Sept. 1796]
Jezt seh ich erst daß es 1/212 Uhr ist und ich hielt ihn ab, zu dir zu20 kommen, wegen des Essens. Also Nachmittags zum Kaffee kommen wir zu dir. Er sehnet [?] sich sehr. Er gefället mir noch mehr als ich er- wartet. Es ist prächtig.
404. An Christian Otto.
[Hof, 13. Sept. 1796. Dienstag]25
Ich wil Nachmittags Oertel nach Zedwiz ziehen -- lasse mirs um 11 Uhr sagen, ob du mit ziehst? -- Ich thu'[s] auch schon darum, damit ich ihm nicht sowohl mit dem Kaffee als mit den Tassen dazu aufwarten kan.
405. An Christian Otto.30
[Hof, 13. Sept. 1796]
Eigentlich zum Barmen, und erst spät -- wenn Plotho da wäre -- gieng er hin.
16*
2) Es ſind Woldemars und Göthe, die aus Künſtlern Kunſtwerke[242] werden; die den poetiſchen Genus der Gefühle und Ideale auf die leichteſte Art und auf d[ie] Koſten der Handlungen lieben. Es iſt nicht die Eitelkeit, weswegen ſie darſtellen, ſondern der Genus des Dar- ſtellens.5
3.) Sie kan ja doch dem Abbé trauen: warum ſol ſie denn bei der Liebe der Emigranten, bei der Schminke und Ariſtokratie ſchlechter ſei[n] als ohne? Freilich mus ſie die Stände achten, denen ſie in Paris alles verdankt.
4.) Wie die Kalb. Sie lobt und tadelt gleich ſtark. Sie glaubt an10 ihren Werth: warum iſt denn dieſes Glaubens-Bekentnis eine Un- verſchämtheit?
Übrigens obgleich (zumal ſeit meinem Titan) mein Enthuſiaſmus für ſolche lebendige Kunſtwerke zu ſtark iſt und ſeiner zu klein: ſo hat Oertel doch gerade ſo viel bei mir gewonnen als er der Klientin des15 Teufels Advokaten entziehen wil. — Eine herliche Kompoſizion der Schröter ſchikt mir die Oſtheim.
403. An Chriſtian Otto.
[Hof, 12. Sept. 1796]
Jezt ſeh ich erſt daß es ½12 Uhr iſt und ich hielt ihn ab, zu dir zu20 kommen, wegen des Eſſens. Alſo Nachmittags zum Kaffee kommen wir zu dir. Er ſehnet [?] ſich ſehr. Er gefället mir noch mehr als ich er- wartet. Es iſt prächtig.
404. An Chriſtian Otto.
[Hof, 13. Sept. 1796. Dienstag]25
Ich wil Nachmittags Oertel nach Zedwiz ziehen — laſſe mirs um 11 Uhr ſagen, ob du mit ziehſt? — Ich thu’[s] auch ſchon darum, damit ich ihm nicht ſowohl mit dem Kaffee als mit den Taſſen dazu aufwarten kan.
405. An Chriſtian Otto.30
[Hof, 13. Sept. 1796]
Eigentlich zum Barmen, und erſt ſpät — wenn Plotho da wäre — gieng er hin.
16*
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2) Es ſind Woldemars und Göthe, die aus Künſtlern Kunſtwerke
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leichteſte Art und auf d[ie] Koſten der Handlungen lieben. Es iſt nicht
die Eitelkeit, weswegen ſie darſtellen, ſondern der Genus des Dar-
ſtellens. 5
3.) Sie kan ja doch dem Abbé trauen: warum ſol ſie denn bei der
Liebe der Emigranten, bei der Schminke und Ariſtokratie ſchlechter
ſei[n] als ohne? Freilich mus ſie die Stände achten, denen ſie in
Paris alles verdankt.
4.) Wie die Kalb. Sie lobt und tadelt gleich ſtark. Sie glaubt an 10
ihren Werth: warum iſt denn dieſes Glaubens-Bekentnis eine Un-
verſchämtheit?
Übrigens obgleich (zumal ſeit meinem Titan) mein Enthuſiaſmus
für ſolche lebendige Kunſtwerke zu ſtark iſt und ſeiner zu klein: ſo hat
Oertel doch gerade ſo viel bei mir gewonnen als er der Klientin des 15
Teufels Advokaten entziehen wil. — Eine herliche Kompoſizion der
Schröter ſchikt mir die Oſtheim.
403. An Chriſtian Otto.
[Hof, 12. Sept. 1796]
Jezt ſeh ich erſt daß es ½12 Uhr iſt und ich hielt ihn ab, zu dir zu 20
kommen, wegen des Eſſens. Alſo Nachmittags zum Kaffee kommen wir
zu dir. Er ſehnet [?] ſich ſehr. Er gefället mir noch mehr als ich er-
wartet. Es iſt prächtig.
404. An Chriſtian Otto.
[Hof, 13. Sept. 1796. Dienstag] 25
Ich wil Nachmittags Oertel nach Zedwiz ziehen — laſſe mirs um
11 Uhr ſagen, ob du mit ziehſt? — Ich thu’[s] auch ſchon darum,
damit ich ihm nicht ſowohl mit dem Kaffee als mit den Taſſen
dazu aufwarten kan.
405. An Chriſtian Otto. 30
[Hof, 13. Sept. 1796]
Eigentlich zum Barmen, und erſt ſpät — wenn Plotho da wäre —
gieng er hin.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
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Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
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Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/258>, abgerufen am 07.07.2024.
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