Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

Bild:
<< vorherige Seite

handelt hättest, weil es nichts klärers giebt als ienes und nichts
unbestimters als dieses, so daß wenn F. 50 gar nicht geschrieben
stände, F. 37 doch zum Vortheil der Lineal-Erbfolge, aus der Lehens
Renunziazion p. 20 etc. erkläret werden müste. Euere Exegeten über
[340]das Wort legibus haben also den theologischen Exegeten nichts vor-5
zurücken als Aehnlichkeit.

Am Ende beruht, wenn nicht augenblikliche Überwältigung der
Endzwek ist, auf der Schlachtordnung der Beweise wenig, weil sie doch
der Leser rükt und mischt wie er wil.

Mach' häufigere Absäze, sie erleichtern unendlich. Deine Klage10
über Dunkelheit ist eine hysterische, deren du mehrere hast. Glaube mir,
sobald die Sachen in deinem Kopfe umschienen und auseinandergerükt
dastehen: so treten sie auch so aufs Papier, wenn man sie nicht mit
Farben überklebt und verpicht. Wenn du vollends einem solchen
Feudisten und Genealogisten wie mir deutlich wirst! -- Du kanst15
also eher die 4 lezten Blätter, für andre etwas einziehen.

Ich hätte dir, ohne meine Abrufungen nach Hof, deine Arbeit
schon vor 10 Tagen wiedergeben können; denn ich möchte nicht gern,
daß ich nicht so schnel im Lesen und Schreiben wäre wie du, wiewol du
doch das von Betlern bis auf diese Stunde noch hast und dir bei einem20
so kleinen Blatte nicht gleich bleibest, da du mir das grössere von der
Unsterblichkeit in weit kürzerer Zeit wieder einhändigtest.

Lebe wol und suche dein Paradies, dein Peru, dein Tempe und
deinen Prater wie ich, auf dem weissen und blauen Papier, wo es kein
ärgerliches Wetter giebt, kein Mislingen, keine Gesandten- und25
Reichstagsformalitäten und keinen Kephal- und Podagristischen
Wirth, der eine weisse Müze aufhat.

Fr. Richter

Wenn ich am Sonabend wiederkomme: so habe einige Skripturen
auf meine Kommode geschikt, ich bitte dich. Deine Dinte sieht schwarz
genug aus auf dem sehr weissen feinen Grunde.

30
358. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach.
[Kopie]

Sie werden morgen oft in Ihre Taschen greifen, um die Ihrer
Dienerschaft zu füllen. Haben Sie die Güte, für mich hineinzugreifen.
Die Neujahrsbrandschazung, Garderobe Ausgaben haben meinen35
kleinen Fiskus erschöpft.

handelt hätteſt, weil es nichts klärers giebt als ienes und nichts
unbeſtimters als dieſes, ſo daß wenn F. 50 gar nicht geſchrieben
ſtände, F. 37 doch zum Vortheil der Lineal-Erbfolge, aus der Lehens
Renunziazion p. 20 ꝛc. erkläret werden müſte. Euere Exegeten über
[340]das Wort legibus haben alſo den theologiſchen Exegeten nichts vor-5
zurücken als Aehnlichkeit.

Am Ende beruht, wenn nicht augenblikliche Überwältigung der
Endzwek iſt, auf der Schlachtordnung der Beweiſe wenig, weil ſie doch
der Leſer rükt und miſcht wie er wil.

Mach’ häufigere Abſäze, ſie erleichtern unendlich. Deine Klage10
über Dunkelheit iſt eine hyſteriſche, deren du mehrere haſt. Glaube mir,
ſobald die Sachen in deinem Kopfe umſchienen und auseinandergerükt
daſtehen: ſo treten ſie auch ſo aufs Papier, wenn man ſie nicht mit
Farben überklebt und verpicht. Wenn du vollends einem ſolchen
Feudiſten und Genealogiſten wie mir deutlich wirſt! — Du kanſt15
alſo eher die 4 lezten Blätter, für andre etwas einziehen.

Ich hätte dir, ohne meine Abrufungen nach Hof, deine Arbeit
ſchon vor 10 Tagen wiedergeben können; denn ich möchte nicht gern,
daß ich nicht ſo ſchnel im Leſen und Schreiben wäre wie du, wiewol du
doch das von Betlern bis auf dieſe Stunde noch haſt und dir bei einem20
ſo kleinen Blatte nicht gleich bleibeſt, da du mir das gröſſere von der
Unſterblichkeit in weit kürzerer Zeit wieder einhändigteſt.

Lebe wol und ſuche dein Paradies, dein Peru, dein Tempe und
deinen Prater wie ich, auf dem weiſſen und blauen Papier, wo es kein
ärgerliches Wetter giebt, kein Mislingen, keine Geſandten- und25
Reichstagsformalitäten und keinen Kephal- und Podagriſtiſchen
Wirth, der eine weiſſe Müze aufhat.

Fr. Richter

Wenn ich am Sonabend wiederkomme: ſo habe einige Skripturen
auf meine Kommode geſchikt, ich bitte dich. Deine Dinte ſieht ſchwarz
genug aus auf dem ſehr weiſſen feinen Grunde.

30
358. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach.
[Kopie]

Sie werden morgen oft in Ihre Taſchen greifen, um die Ihrer
Dienerſchaft zu füllen. Haben Sie die Güte, für mich hineinzugreifen.
Die Neujahrsbrandſchazung, Garderobe Ausgaben haben meinen35
kleinen Fiſkus erſchöpft.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0348" n="322"/>
handelt hätte&#x017F;t, weil es nichts klärers giebt als <hi rendition="#g">ienes</hi> und nichts<lb/>
unbe&#x017F;timters als <hi rendition="#g">die&#x017F;es,</hi> &#x017F;o daß wenn <hi rendition="#aq">F.</hi> 50 gar nicht ge&#x017F;chrieben<lb/>
&#x017F;tände, <hi rendition="#aq">F.</hi> 37 doch zum Vortheil der Lineal-Erbfolge, aus der Lehens<lb/>
Renunziazion <hi rendition="#aq">p.</hi> 20 &#xA75B;c. erkläret werden mü&#x017F;te. Euere Exegeten über<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd#_340">[340]</ref></note>das Wort <hi rendition="#aq">legibus</hi> haben al&#x017F;o den theologi&#x017F;chen Exegeten nichts vor-<lb n="5"/>
zurücken als Aehnlichkeit.</p><lb/>
        <p>Am Ende beruht, wenn nicht augenblikliche Überwältigung der<lb/>
Endzwek i&#x017F;t, auf der Schlachtordnung der Bewei&#x017F;e wenig, weil &#x017F;ie doch<lb/>
der Le&#x017F;er rükt und mi&#x017F;cht wie er wil.</p><lb/>
        <p>Mach&#x2019; häufigere Ab&#x017F;äze, &#x017F;ie erleichtern unendlich. Deine Klage<lb n="10"/>
über Dunkelheit i&#x017F;t eine hy&#x017F;teri&#x017F;che, deren du mehrere ha&#x017F;t. Glaube mir,<lb/>
&#x017F;obald die Sachen in deinem Kopfe um&#x017F;chienen und auseinandergerükt<lb/>
da&#x017F;tehen: &#x017F;o treten &#x017F;ie auch &#x017F;o aufs Papier, wenn man &#x017F;ie nicht mit<lb/>
Farben überklebt und verpicht. Wenn du vollends einem &#x017F;olchen<lb/>
Feudi&#x017F;ten und Genealogi&#x017F;ten wie mir deutlich wir&#x017F;t! &#x2014; Du kan&#x017F;t<lb n="15"/>
al&#x017F;o eher die 4 lezten Blätter, für andre etwas einziehen.</p><lb/>
        <p>Ich hätte dir, ohne meine Abrufungen nach Hof, deine Arbeit<lb/>
&#x017F;chon vor 10 Tagen wiedergeben können; denn ich möchte nicht gern,<lb/>
daß ich nicht &#x017F;o &#x017F;chnel im Le&#x017F;en und Schreiben wäre wie du, wiewol du<lb/>
doch das von Betlern bis auf die&#x017F;e Stunde noch ha&#x017F;t und dir bei einem<lb n="20"/>
&#x017F;o kleinen Blatte nicht gleich bleibe&#x017F;t, da du mir das grö&#x017F;&#x017F;ere von der<lb/>
Un&#x017F;terblichkeit in weit kürzerer Zeit wieder einhändigte&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Lebe wol und &#x017F;uche dein Paradies, dein Peru, dein Tempe und<lb/>
deinen Prater wie ich, auf dem wei&#x017F;&#x017F;en und blauen Papier, wo es kein<lb/>
ärgerliches Wetter giebt, kein Mislingen, keine Ge&#x017F;andten- und<lb n="25"/>
Reichstagsformalitäten und keinen Kephal- und Podagri&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Wirth, der eine wei&#x017F;&#x017F;e Müze aufhat.</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#right">Fr. Richter</hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <postscript>
          <p>Wenn ich am Sonabend wiederkomme: &#x017F;o habe einige Skripturen<lb/>
auf meine Kommode ge&#x017F;chikt, ich bitte dich. Deine Dinte &#x017F;ieht &#x017F;chwarz<lb/>
genug aus auf dem &#x017F;ehr wei&#x017F;&#x017F;en feinen Grunde.</p>
        </postscript>
        <lb n="30"/>
      </div><lb/>
      <div type="letter" n="1">
        <head>358. An <hi rendition="#g">Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach.</hi></head><lb/>
        <note type="editorial"><metamark>[</metamark>Kopie<metamark>]</metamark></note>
        <dateline> <hi rendition="#right"><metamark>[</metamark>Schwarzenbach, 1. Febr. 1791<metamark>]</metamark></hi> </dateline><lb/>
        <p>Sie werden morgen oft in Ihre Ta&#x017F;chen greifen, um die Ihrer<lb/>
Diener&#x017F;chaft zu füllen. Haben Sie die Güte, für mich hineinzugreifen.<lb/>
Die Neujahrsbrand&#x017F;chazung, Garderobe Ausgaben haben meinen<lb n="35"/>
kleinen Fi&#x017F;kus er&#x017F;chöpft.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0348] handelt hätteſt, weil es nichts klärers giebt als ienes und nichts unbeſtimters als dieſes, ſo daß wenn F. 50 gar nicht geſchrieben ſtände, F. 37 doch zum Vortheil der Lineal-Erbfolge, aus der Lehens Renunziazion p. 20 ꝛc. erkläret werden müſte. Euere Exegeten über das Wort legibus haben alſo den theologiſchen Exegeten nichts vor- 5 zurücken als Aehnlichkeit. [340] Am Ende beruht, wenn nicht augenblikliche Überwältigung der Endzwek iſt, auf der Schlachtordnung der Beweiſe wenig, weil ſie doch der Leſer rükt und miſcht wie er wil. Mach’ häufigere Abſäze, ſie erleichtern unendlich. Deine Klage 10 über Dunkelheit iſt eine hyſteriſche, deren du mehrere haſt. Glaube mir, ſobald die Sachen in deinem Kopfe umſchienen und auseinandergerükt daſtehen: ſo treten ſie auch ſo aufs Papier, wenn man ſie nicht mit Farben überklebt und verpicht. Wenn du vollends einem ſolchen Feudiſten und Genealogiſten wie mir deutlich wirſt! — Du kanſt 15 alſo eher die 4 lezten Blätter, für andre etwas einziehen. Ich hätte dir, ohne meine Abrufungen nach Hof, deine Arbeit ſchon vor 10 Tagen wiedergeben können; denn ich möchte nicht gern, daß ich nicht ſo ſchnel im Leſen und Schreiben wäre wie du, wiewol du doch das von Betlern bis auf dieſe Stunde noch haſt und dir bei einem 20 ſo kleinen Blatte nicht gleich bleibeſt, da du mir das gröſſere von der Unſterblichkeit in weit kürzerer Zeit wieder einhändigteſt. Lebe wol und ſuche dein Paradies, dein Peru, dein Tempe und deinen Prater wie ich, auf dem weiſſen und blauen Papier, wo es kein ärgerliches Wetter giebt, kein Mislingen, keine Geſandten- und 25 Reichstagsformalitäten und keinen Kephal- und Podagriſtiſchen Wirth, der eine weiſſe Müze aufhat. Fr. Richter Wenn ich am Sonabend wiederkomme: ſo habe einige Skripturen auf meine Kommode geſchikt, ich bitte dich. Deine Dinte ſieht ſchwarz genug aus auf dem ſehr weiſſen feinen Grunde. 30 358. An Amtsverwalter Cloeter in Schwarzenbach. [Schwarzenbach, 1. Febr. 1791] Sie werden morgen oft in Ihre Taſchen greifen, um die Ihrer Dienerſchaft zu füllen. Haben Sie die Güte, für mich hineinzugreifen. Die Neujahrsbrandſchazung, Garderobe Ausgaben haben meinen 35 kleinen Fiſkus erſchöpft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/348
Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/348>, abgerufen am 25.11.2024.