Ich danke dir für das fette Stük deines Portraits ... sie isset alle Nacht Fische, aber keine am Tage und sie wünscht, daß du Got nach- ahmst, der [die] Fische am 4ten Tage erschuf.5
286. An Pfarrer Vogel in Arzberg.
Hof den 13 Okt. 1789.
Lieber Herr Pfarrer,
Wenn Sie das Vergnügen kenten, das ich aus Ihren Briefen hole: so würden Sie mir es öfter zuwenden. Ihre Standeserhöhung10 nach Arzberg that nicht blos den Rehauern Schaden sondern auch Einem Höfer; und ich lese iezt oft, um dem H. Pfarrer von Arzberg seine viertels und ganze Pausen im Briefstellen (wie im Bücher- schreiben) zu vergeben, die Briefe, die mir ein bekanter H. Pfarrer in Rehau geschrieben.15
Jedes Buch das ich schreibe ist im Grunde ein langer Brief an Sie;[290] aber Sie schreiben weder lange noch kurze mehr. Mein Buch, wenigstens dessen ernsthafter Theil hätte mir wol einige Marginalien von Ihnen erringen sollen. Und Ihr vorlezter wiziger Brief ist wol seiner Fortsezung werth.20
Beiläufig! Im Repertorio der theol. Litteratur steht in der Anzeige der "Raffinerien", zu deren Lob auf andere Journale verwiesen wird, daß ihr Verfasser Prediger in Baireuth sei. Und diese Vermuthung wird den boshaften Prediger in Arzberg so sehr freuen als eine neue reellere Versezung.25
Ich habe mich enthülset und meinen bisher brochirten Leib in Franzband eingebunden. Meinen Hals presset iezt das Zilizium und der Ringkragen einer Binde und meine Haare laufen in ein suffixum und einen accentus acutus aus, den man hie zu Lande einen Zopf nent. Ich merke aber sehr, daß andere Menschen, seit ich meinen alten30 Adam ausgezogen, gegen mich den neuen bessern angezogen und ich freue mich, die Rathgebungen von Ihnen iezt zu realisiren, die ich sonst widerleget hatte.
Seit der Übersezung meines Leibes aus dem Englischen ins Vogt- ländische, reis' ich noch freudiger nach Arzberg unter Ihre Augen nicht35 blos, sondern unter noch zwei andere, die schöner sind als Ihre.
18*
285. An Gottlieb Richter in Naila.
[Kopie][Hof, Mitte Okt. 1789]
Ich danke dir für das fette Stük deines Portraits … ſie iſſet alle Nacht Fiſche, aber keine am Tage und ſie wünſcht, daß du Got nach- ahmſt, der [die] Fiſche am 4ten Tage erſchuf.5
286. An Pfarrer Vogel in Arzberg.
Hof den 13 Okt. 1789.
Lieber Herr Pfarrer,
Wenn Sie das Vergnügen kenten, das ich aus Ihren Briefen hole: ſo würden Sie mir es öfter zuwenden. Ihre Standeserhöhung10 nach Arzberg that nicht blos den Rehauern Schaden ſondern auch Einem Höfer; und ich leſe iezt oft, um dem H. Pfarrer von Arzberg ſeine viertels und ganze Pauſen im Briefſtellen (wie im Bücher- ſchreiben) zu vergeben, die Briefe, die mir ein bekanter H. Pfarrer in Rehau geſchrieben.15
Jedes Buch das ich ſchreibe iſt im Grunde ein langer Brief an Sie;[290] aber Sie ſchreiben weder lange noch kurze mehr. Mein Buch, wenigſtens deſſen ernſthafter Theil hätte mir wol einige Marginalien von Ihnen erringen ſollen. Und Ihr vorlezter wiziger Brief iſt wol ſeiner Fortſezung werth.20
Beiläufig! Im Repertorio der theol. Litteratur ſteht in der Anzeige der „Raffinerien“, zu deren Lob auf andere Journale verwieſen wird, daß ihr Verfaſſer Prediger in Baireuth ſei. Und dieſe Vermuthung wird den boshaften Prediger in Arzberg ſo ſehr freuen als eine neue reellere Verſezung.25
Ich habe mich enthülſet und meinen bisher brochirten Leib in Franzband eingebunden. Meinen Hals preſſet iezt das Zilizium und der Ringkragen einer Binde und meine Haare laufen in ein suffixum und einen accentus acutus aus, den man hie zu Lande einen Zopf nent. Ich merke aber ſehr, daß andere Menſchen, ſeit ich meinen alten30 Adam ausgezogen, gegen mich den neuen beſſern angezogen und ich freue mich, die Rathgebungen von Ihnen iezt zu realiſiren, die ich ſonſt widerleget hatte.
Seit der Überſezung meines Leibes aus dem Engliſchen ins Vogt- ländiſche, reiſ’ ich noch freudiger nach Arzberg unter Ihre Augen nicht35 blos, ſondern unter noch zwei andere, die ſchöner ſind als Ihre.
18*
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Ich danke dir für das fette Stük deines Portraits … ſie iſſet alle
Nacht Fiſche, aber keine am Tage und ſie wünſcht, daß du Got nach-
ahmſt, der [die] Fiſche am 4ten Tage erſchuf. 5
286. An Pfarrer Vogel in Arzberg.
Hof den 13 Okt. 1789.
Lieber Herr Pfarrer,
Wenn Sie das Vergnügen kenten, das ich aus Ihren Briefen
hole: ſo würden Sie mir es öfter zuwenden. Ihre Standeserhöhung 10
nach Arzberg that nicht blos den Rehauern Schaden ſondern auch
Einem Höfer; und ich leſe iezt oft, um dem H. Pfarrer von Arzberg
ſeine viertels und ganze Pauſen im Briefſtellen (wie im Bücher-
ſchreiben) zu vergeben, die Briefe, die mir ein bekanter H. Pfarrer in
Rehau geſchrieben. 15
Jedes Buch das ich ſchreibe iſt im Grunde ein langer Brief an Sie;
aber Sie ſchreiben weder lange noch kurze mehr. Mein Buch,
wenigſtens deſſen ernſthafter Theil hätte mir wol einige Marginalien
von Ihnen erringen ſollen. Und Ihr vorlezter wiziger Brief iſt wol
ſeiner Fortſezung werth. 20
[290]Beiläufig! Im Repertorio der theol. Litteratur ſteht in der Anzeige
der „Raffinerien“, zu deren Lob auf andere Journale verwieſen wird,
daß ihr Verfaſſer Prediger in Baireuth ſei. Und dieſe Vermuthung
wird den boshaften Prediger in Arzberg ſo ſehr freuen als eine neue
reellere Verſezung. 25
Ich habe mich enthülſet und meinen bisher brochirten Leib in
Franzband eingebunden. Meinen Hals preſſet iezt das Zilizium und
der Ringkragen einer Binde und meine Haare laufen in ein suffixum
und einen accentus acutus aus, den man hie zu Lande einen Zopf
nent. Ich merke aber ſehr, daß andere Menſchen, ſeit ich meinen alten 30
Adam ausgezogen, gegen mich den neuen beſſern angezogen und ich
freue mich, die Rathgebungen von Ihnen iezt zu realiſiren, die ich
ſonſt widerleget hatte.
Seit der Überſezung meines Leibes aus dem Engliſchen ins Vogt-
ländiſche, reiſ’ ich noch freudiger nach Arzberg unter Ihre Augen nicht 35
blos, ſondern unter noch zwei andere, die ſchöner ſind als Ihre.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/300>, abgerufen am 16.02.2025.
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