Vielleicht seh' ich Sie zu Ostern und ich freue mich auf die neuen Sachen, die Sie mir wie Christus seinen Jüngern werden mitzutheilen haben: wir werden in einem heterodoxen Sinne mit einander dan das Fest der süssen Brodte feiern.
Mich fragt ieder, ob Sie nicht fortraffiniren werden? Allein da ein5 Prediger, der gegen seine Mitkollegen schreibt, ausser dem Lohne der Wahrheit doch auch die Strafe seines Widerspruchs erfährt, so wie ieder der dem persischen Könige (nach dem Aelian) einen guten Rath ertheilte, eine Belohnung in Golde aber auch eine Strafe mit der Geisel empfieng, weil er dem Könige zu widersprechen sich erdreistete:10 so werden Sie nirgends mehr raffiniren wollen als in Ihrem Kopfe. Gleichwol solte die A. Litt. Rezension Sie wieder anködern.
Leben Sie so wol als einer kan, den durch Bitten um Bücher und[239] hole Briefe und Drohungen des Besuchs niemand mehr plaget als Ihr
gehorsamster Diener15 J. P. F. Richter
[Adr.]A Monsieur Monsieur Vogel qui commenca par changer l'orthodoxie en fragments et finit par changer ceux de Wolffen- buttel en orthodoxie, a Rehau.
193. An Christian Otto.20
[Kopie][Töpen, 7. April 1787]
.. Plage, martere, sporn' ihn so lange bis er sich hinsezt und mir 24 Buchstaben herunterschreibt... Wenn ich an deiner Stelle wäre, so würde ich, da iezt so schöne Tage sind, einen davon nehmen und ihn noch schöner machen für deinen Freund.25
194. An Christian Otto.
[Kopie][Töpen, 1. Mai 1787]
Da mich nun der Himmel dafür bewahren wolle, iemals ein boshaftes Vergnügen darin zu suchen, daß ich dem Schulhern diesen Küchen- wagen vol wahrer antiq[uarischer] Seelenkost, auf die ihm iedes andre30 Buch wie Schifbrod und Rauchfutter schmekken mus, nur eine Terzie lang entzöge; so bitt' ich dich darum.
15 Jean Paul Briefe. I.
Vielleicht ſeh’ ich Sie zu Oſtern und ich freue mich auf die neuen Sachen, die Sie mir wie Chriſtus ſeinen Jüngern werden mitzutheilen haben: wir werden in einem heterodoxen Sinne mit einander dan das Feſt der ſüſſen Brodte feiern.
Mich fragt ieder, ob Sie nicht fortraffiniren werden? Allein da ein5 Prediger, der gegen ſeine Mitkollegen ſchreibt, auſſer dem Lohne der Wahrheit doch auch die Strafe ſeines Widerſpruchs erfährt, ſo wie ieder der dem perſiſchen Könige (nach dem Aelian) einen guten Rath ertheilte, eine Belohnung in Golde aber auch eine Strafe mit der Geiſel empfieng, weil er dem Könige zu widerſprechen ſich erdreiſtete:10 ſo werden Sie nirgends mehr raffiniren wollen als in Ihrem Kopfe. Gleichwol ſolte die A. Litt. Rezenſion Sie wieder anködern.
Leben Sie ſo wol als einer kan, den durch Bitten um Bücher und[239] hole Briefe und Drohungen des Beſuchs niemand mehr plaget als Ihr
gehorſamſter Diener15 J. P. F. Richter
[Adr.]A Monsieur Monsieur Vogel qui commença par changer l’orthodoxie en fragments et finit par changer ceux de Wolffen- buttel en orthodoxie, à Rehau.
193. An Chriſtian Otto.20
[Kopie][Töpen, 7. April 1787]
.. Plage, martere, ſporn’ ihn ſo lange bis er ſich hinſezt und mir 24 Buchſtaben herunterſchreibt... Wenn ich an deiner Stelle wäre, ſo würde ich, da iezt ſo ſchöne Tage ſind, einen davon nehmen und ihn noch ſchöner machen für deinen Freund.25
194. An Chriſtian Otto.
[Kopie][Töpen, 1. Mai 1787]
Da mich nun der Himmel dafür bewahren wolle, iemals ein boshaftes Vergnügen darin zu ſuchen, daß ich dem Schulhern dieſen Küchen- wagen vol wahrer antiq[uariſcher] Seelenkoſt, auf die ihm iedes andre30 Buch wie Schifbrod und Rauchfutter ſchmekken mus, nur eine Terzie lang entzöge; ſo bitt’ ich dich darum.
15 Jean Paul Briefe. I.
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Vielleicht ſeh’ ich Sie zu Oſtern und ich freue mich auf die neuen
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Feſt der ſüſſen Brodte feiern.
Mich fragt ieder, ob Sie nicht fortraffiniren werden? Allein da ein 5
Prediger, der gegen ſeine Mitkollegen ſchreibt, auſſer dem Lohne der
Wahrheit doch auch die Strafe ſeines Widerſpruchs erfährt, ſo wie
ieder der dem perſiſchen Könige (nach dem Aelian) einen guten Rath
ertheilte, eine Belohnung in Golde aber auch eine Strafe mit der
Geiſel empfieng, weil er dem Könige zu widerſprechen ſich erdreiſtete: 10
ſo werden Sie nirgends mehr raffiniren wollen als in Ihrem Kopfe.
Gleichwol ſolte die A. Litt. Rezenſion Sie wieder anködern.
Leben Sie ſo wol als einer kan, den durch Bitten um Bücher und
hole Briefe und Drohungen des Beſuchs niemand mehr plaget als Ihr
[239]
gehorſamſter Diener 15
J. P. F. Richter
[Adr.] A Monsieur Monsieur Vogel qui commença par changer
l’orthodoxie en fragments et finit par changer ceux de Wolffen-
buttel en orthodoxie, à Rehau.
193. An Chriſtian Otto. 20
[Töpen, 7. April 1787]
.. Plage, martere, ſporn’ ihn ſo lange bis er ſich hinſezt und mir
24 Buchſtaben herunterſchreibt... Wenn ich an deiner Stelle wäre,
ſo würde ich, da iezt ſo ſchöne Tage ſind, einen davon nehmen und ihn
noch ſchöner machen für deinen Freund. 25
194. An Chriſtian Otto.
[Töpen, 1. Mai 1787]
Da mich nun der Himmel dafür bewahren wolle, iemals ein boshaftes
Vergnügen darin zu ſuchen, daß ich dem Schulhern dieſen Küchen-
wagen vol wahrer antiq[uariſcher] Seelenkoſt, auf die ihm iedes andre 30
Buch wie Schifbrod und Rauchfutter ſchmekken mus, nur eine Terzie
lang entzöge; ſo bitt’ ich dich darum.
15 Jean Paul Briefe. I.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/250>, abgerufen am 25.07.2024.
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