aus den Scholastikern wüste, daß Got selbst ausser der voluntas antecedens eine consequens hätte... Wenn du vor meinem Schaalen- gehäuse vorbeifährst: so etc. Schreibe mir einen Brief, der so lang ist wie dein Freund etc.
[237]192. An Pfarrer Vogel in Rehau.5
Töpen den 15 März 87.
Lieber Herr Pfarrer,
Ich mag noch so sehr mit Ihnen im Stilschweigen um die Wette streiten, so werd' ich doch von Ihnen überholet. Und diesen Vorrang gönn' ich Ihnen weniger als ieden andern.10
Wahrscheinlich haben Sie -- sonst hätten Sie mir es geschrieben -- die Rezension Ihrer Raffin[erien] in der Litteraturzeitung noch nicht gelesen: auch ich nicht, aber gehört hab' ich, daß sie ihren Tadel, dem kein Buch entläuft, doch durch ein grösseres Lob rechtfertigte, das sie [238]vorzüglich den Aufsäzen des zweiten Theiles zuwog. Mich sucht der15 Rezensent einigemale beim Barte anzufassen und dadurch meinen unfrisirten Kopf zu erschüttern: allein Sie wissen recht wol, daß ich wie die Griechen eben darum keinen Bart trage, um daran nicht vom Feinde gepakt zu werden.
Ich sende Ihnen hier ausser einem Bücherverzeichnis, das ich mir20 von Ihnen nebst den herausgezeichneten Büchern um es weiter zu geben, heute zurükerbitte, auch Ihre eignen nach Hause. Ich hoffe, nach und nach in der Jurisprudenz, (zumal da ich iezt neben einem ganzen Repositorium iuristischer Bücher size) so weit zu kommen, daß ich beweisen kan, ich habe von Ihnen so oft Bücher erhalten, daß es25 offenbar ein Recht und keine Gefälligkeit sein könne und daß eine servitus librorum mittendorum mit Grunde zu vermuthen stehe. Ich bitte Sie um folgende:
1. English Miscellanies.
2. Derhams Physikotheologie.30
3. Einen Band von der neuern griechischen Geschichte aus dem Französischen -- oder wenn Sie's nicht zu Hause haben, den 1 Band von Plato.
4. Niemeiers Karakteristik; den Theil worin Jesus Leben ist oder irgend einen; nicht so wol für mich als -- wenn Sie ihn sich35 verbindlich machen wollen -- für den Kammerrath Oertel.
aus den Scholaſtikern wüſte, daß Got ſelbſt auſſer der voluntas antecedens eine consequens hätte... Wenn du vor meinem Schaalen- gehäuſe vorbeifährſt: ſo ꝛc. Schreibe mir einen Brief, der ſo lang iſt wie dein Freund ꝛc.
[237]192. An Pfarrer Vogel in Rehau.5
Töpen den 15 März 87.
Lieber Herr Pfarrer,
Ich mag noch ſo ſehr mit Ihnen im Stilſchweigen um die Wette ſtreiten, ſo werd’ ich doch von Ihnen überholet. Und dieſen Vorrang gönn’ ich Ihnen weniger als ieden andern.10
Wahrſcheinlich haben Sie — ſonſt hätten Sie mir es geſchrieben — die Rezenſion Ihrer Raffin[erien] in der Litteraturzeitung noch nicht geleſen: auch ich nicht, aber gehört hab’ ich, daß ſie ihren Tadel, dem kein Buch entläuft, doch durch ein gröſſeres Lob rechtfertigte, das ſie [238]vorzüglich den Aufſäzen des zweiten Theiles zuwog. Mich ſucht der15 Rezenſent einigemale beim Barte anzufaſſen und dadurch meinen unfriſirten Kopf zu erſchüttern: allein Sie wiſſen recht wol, daß ich wie die Griechen eben darum keinen Bart trage, um daran nicht vom Feinde gepakt zu werden.
Ich ſende Ihnen hier auſſer einem Bücherverzeichnis, das ich mir20 von Ihnen nebſt den herausgezeichneten Büchern um es weiter zu geben, heute zurükerbitte, auch Ihre eignen nach Hauſe. Ich hoffe, nach und nach in der Jurisprudenz, (zumal da ich iezt neben einem ganzen Repoſitorium iuriſtiſcher Bücher ſize) ſo weit zu kommen, daß ich beweiſen kan, ich habe von Ihnen ſo oft Bücher erhalten, daß es25 offenbar ein Recht und keine Gefälligkeit ſein könne und daß eine servitus librorum mittendorum mit Grunde zu vermuthen ſtehe. Ich bitte Sie um folgende:
1. English Miscellanies.
2. Derhams Phyſikotheologie.30
3. Einen Band von der neuern griechiſchen Geſchichte aus dem Franzöſiſchen — oder wenn Sie’s nicht zu Hauſe haben, den 1 Band von Plato.
4. Niemeiers Karakteriſtik; den Theil worin Jeſus Leben iſt oder irgend einen; nicht ſo wol für mich als — wenn Sie ihn ſich35 verbindlich machen wollen — für den Kammerrath Oertel.
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aus den Scholaſtikern wüſte, daß Got ſelbſt auſſer der voluntas
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gehäuſe vorbeifährſt: ſo ꝛc. Schreibe mir einen Brief, der ſo lang iſt
wie dein Freund ꝛc.
192. An Pfarrer Vogel in Rehau. 5
Töpen den 15 März 87.
Lieber Herr Pfarrer,
Ich mag noch ſo ſehr mit Ihnen im Stilſchweigen um die Wette
ſtreiten, ſo werd’ ich doch von Ihnen überholet. Und dieſen Vorrang
gönn’ ich Ihnen weniger als ieden andern. 10
Wahrſcheinlich haben Sie — ſonſt hätten Sie mir es geſchrieben —
die Rezenſion Ihrer Raffin[erien] in der Litteraturzeitung noch nicht
geleſen: auch ich nicht, aber gehört hab’ ich, daß ſie ihren Tadel, dem
kein Buch entläuft, doch durch ein gröſſeres Lob rechtfertigte, das ſie
vorzüglich den Aufſäzen des zweiten Theiles zuwog. Mich ſucht der 15
Rezenſent einigemale beim Barte anzufaſſen und dadurch meinen
unfriſirten Kopf zu erſchüttern: allein Sie wiſſen recht wol, daß ich
wie die Griechen eben darum keinen Bart trage, um daran nicht vom
Feinde gepakt zu werden.
[238]
Ich ſende Ihnen hier auſſer einem Bücherverzeichnis, das ich mir 20
von Ihnen nebſt den herausgezeichneten Büchern um es weiter zu
geben, heute zurükerbitte, auch Ihre eignen nach Hauſe. Ich hoffe,
nach und nach in der Jurisprudenz, (zumal da ich iezt neben einem
ganzen Repoſitorium iuriſtiſcher Bücher ſize) ſo weit zu kommen, daß
ich beweiſen kan, ich habe von Ihnen ſo oft Bücher erhalten, daß es 25
offenbar ein Recht und keine Gefälligkeit ſein könne und daß eine
servitus librorum mittendorum mit Grunde zu vermuthen ſtehe.
Ich bitte Sie um folgende:
1. English Miscellanies.
2. Derhams Phyſikotheologie. 30
3. Einen Band von der neuern griechiſchen Geſchichte aus dem
Franzöſiſchen — oder wenn Sie’s nicht zu Hauſe haben, den
1 Band von Plato.
4. Niemeiers Karakteriſtik; den Theil worin Jeſus Leben iſt oder
irgend einen; nicht ſo wol für mich als — wenn Sie ihn ſich 35
verbindlich machen wollen — für den Kammerrath Oertel.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/249>, abgerufen am 25.07.2024.
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