rühren gesucht; aber es fiel niemand darauf. -- Und nur das Ver- trauen auf Ihre Verschwiegenheit konte mich ein wenig von meiner ab- lenken. -- Dabei führet es noch den unbeschreiblichen Vortheil für mich und meine Erbnehmer mit sich, daß es sie völlig überredet [?] man vergienge und versündigte sich unglaublich an mir, wenn man mich5 aufhienge oder doch bis zum dritten Grade folterte. Vorher aber muste[n] sie das Gegentheil beschwören, da sie sahen, daß ich 2 Monate in S. fras, welches in der hiesigen Gegend noch von keinem Insekt [?] gebilligt worden ist....Was die humores peccantes anlangt, so steh' ich für keine andern als die meinigen und bitte Sie, daß Sie mich nicht10 für fremde, sondern blos für meine Sünden ans Kreuz heften. -- Auch ist es nur für Leute geschmiedet, deren Ideen noch im Gängelwagen sich herumschieben; wessen seine schon auf einem Karren, oder gar auf einem Sonnen-, Staats- und Eliaswagen fahren: der seze diese Allegorie gar fort.. Ich hätte dieses alles nicht gesagt, käme ganz und15 gar nichts juristisches darin vor... Lieber Himmel, der Himmel [?] passet sich schon halb tod auf ein Buch im Alphabet, in dem ich die heftigsten Beweise beibringe, daß ich närrisch? Und dennoch kan man nicht sagen, daß ich mehr noch geliefert als eines von 5 bis 6 Bogen. Indessen dürft' ich mich mit den übrigen minder säumen. Es ist möglich,20 daß ich diese Seite vollends überschreite, es ist aber auch das Gegentheil möglich. Ja es ist sogar gewis. Denn ich [bin] sogleich Ihr Freund etc.
178. An Stadtsyndikus Ruß in Wunsiedel.
[Konzept für die Mutter][Hof, vor 25. Juli 1786]
Hoch Edelgebohrner,25 Insonders Hochzuehrender Herr Stadt Syndicus. Werthgeschäztester Herr Schwager,
Dieselben werden es nicht ungütig nehmen, daß ich so frey bin und an Dieselben schreibe und mich nach Dero Wohlseyn erkundige. Ich würde Ihnen mit diesem Briefe nicht beschwerlich fallen, wenn ich nicht30 [228]in so grosser Noth wäre. Es ist hier so theuer zu leben und ich habe für meinen Mann so viel zu bezahlen gehabt; auch kosteten mich die Processe viel Geld und noch die fünf Kinder, die ich zu erziehen habe. Nun muß ich zu Jacobi, künftigen Montag aus meinem Logis aus- ziehen und da ich noch das vorige Vierteljahr schuldig bin, so muß ich35 auch 15 fl. fränk. zahlen, sonst lassen mir die Leute, die hier ohnehin so
rühren geſucht; aber es fiel niemand darauf. — Und nur das Ver- trauen auf Ihre Verſchwiegenheit konte mich ein wenig von meiner ab- lenken. — Dabei führet es noch den unbeſchreiblichen Vortheil für mich und meine Erbnehmer mit ſich, daß es ſie völlig überredet [?] man vergienge und verſündigte ſich unglaublich an mir, wenn man mich5 aufhienge oder doch bis zum dritten Grade folterte. Vorher aber muſte[n] ſie das Gegentheil beſchwören, da ſie ſahen, daß ich 2 Monate in S. fras, welches in der hieſigen Gegend noch von keinem Inſekt [?] gebilligt worden iſt....Was die humores peccantes anlangt, ſo ſteh’ ich für keine andern als die meinigen und bitte Sie, daß Sie mich nicht10 für fremde, ſondern blos für meine Sünden ans Kreuz heften. — Auch iſt es nur für Leute geſchmiedet, deren Ideen noch im Gängelwagen ſich herumſchieben; weſſen ſeine ſchon auf einem Karren, oder gar auf einem Sonnen-, Staats- und Eliaswagen fahren: der ſeze dieſe Allegorie gar fort.. Ich hätte dieſes alles nicht geſagt, käme ganz und15 gar nichts juriſtiſches darin vor... Lieber Himmel, der Himmel [?] paſſet ſich ſchon halb tod auf ein Buch im Alphabet, in dem ich die heftigſten Beweiſe beibringe, daß ich närriſch? Und dennoch kan man nicht ſagen, daß ich mehr noch geliefert als eines von 5 bis 6 Bogen. Indeſſen dürft’ ich mich mit den übrigen minder ſäumen. Es iſt möglich,20 daß ich dieſe Seite vollends überſchreite, es iſt aber auch das Gegentheil möglich. Ja es iſt ſogar gewis. Denn ich [bin] ſogleich Ihr Freund ꝛc.
178. An Stadtſyndikus Ruß in Wunſiedel.
[Konzept für die Mutter][Hof, vor 25. Juli 1786]
Hoch Edelgebohrner,25 Inſonders Hochzuehrender Herr Stadt Syndicus. Werthgeſchäzteſter Herr Schwager,
Dieſelben werden es nicht ungütig nehmen, daß ich ſo frey bin und an Dieſelben ſchreibe und mich nach Dero Wohlſeyn erkundige. Ich würde Ihnen mit dieſem Briefe nicht beſchwerlich fallen, wenn ich nicht30 [228]in ſo groſſer Noth wäre. Es iſt hier ſo theuer zu leben und ich habe für meinen Mann ſo viel zu bezahlen gehabt; auch koſteten mich die Proceſſe viel Geld und noch die fünf Kinder, die ich zu erziehen habe. Nun muß ich zu Jacobi, künftigen Montag aus meinem Logis aus- ziehen und da ich noch das vorige Vierteljahr ſchuldig bin, ſo muß ich35 auch 15 fl. fränk. zahlen, ſonſt laſſen mir die Leute, die hier ohnehin ſo
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mich und meine Erbnehmer mit ſich, daß es ſie völlig überredet [?] man
vergienge und verſündigte ſich unglaublich an mir, wenn man mich 5
aufhienge oder doch bis zum dritten Grade folterte. Vorher aber
muſte[n] ſie das Gegentheil beſchwören, da ſie ſahen, daß ich 2 Monate
in S. fras, welches in der hieſigen Gegend noch von keinem Inſekt [?]
gebilligt worden iſt....Was die humores peccantes anlangt, ſo ſteh’
ich für keine andern als die meinigen und bitte Sie, daß Sie mich nicht 10
für fremde, ſondern blos für meine Sünden ans Kreuz heften. — Auch
iſt es nur für Leute geſchmiedet, deren Ideen noch im Gängelwagen
ſich herumſchieben; weſſen ſeine ſchon auf einem Karren, oder gar
auf einem Sonnen-, Staats- und Eliaswagen fahren: der ſeze dieſe
Allegorie gar fort.. Ich hätte dieſes alles nicht geſagt, käme ganz und 15
gar nichts juriſtiſches darin vor... Lieber Himmel, der Himmel [?]
paſſet ſich ſchon halb tod auf ein Buch im Alphabet, in dem ich die
heftigſten Beweiſe beibringe, daß ich närriſch? Und dennoch kan man
nicht ſagen, daß ich mehr noch geliefert als eines von 5 bis 6 Bogen.
Indeſſen dürft’ ich mich mit den übrigen minder ſäumen. Es iſt möglich, 20
daß ich dieſe Seite vollends überſchreite, es iſt aber auch das Gegentheil
möglich. Ja es iſt ſogar gewis. Denn ich [bin] ſogleich Ihr Freund ꝛc.
178. An Stadtſyndikus Ruß in Wunſiedel.
[Hof, vor 25. Juli 1786]
Hoch Edelgebohrner, 25
Inſonders Hochzuehrender Herr Stadt Syndicus.
Werthgeſchäzteſter Herr Schwager,
Dieſelben werden es nicht ungütig nehmen, daß ich ſo frey bin und
an Dieſelben ſchreibe und mich nach Dero Wohlſeyn erkundige. Ich
würde Ihnen mit dieſem Briefe nicht beſchwerlich fallen, wenn ich nicht 30
in ſo groſſer Noth wäre. Es iſt hier ſo theuer zu leben und ich habe für
meinen Mann ſo viel zu bezahlen gehabt; auch koſteten mich die
Proceſſe viel Geld und noch die fünf Kinder, die ich zu erziehen habe.
Nun muß ich zu Jacobi, künftigen Montag aus meinem Logis aus-
ziehen und da ich noch das vorige Vierteljahr ſchuldig bin, ſo muß ich 35
auch 15 fl. fränk. zahlen, ſonſt laſſen mir die Leute, die hier ohnehin ſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/241>, abgerufen am 04.07.2024.
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