und Ihrer Wolthat etwan würdig wäre. Aber ich habe doch etwas, was ich mir nicht erst zu wünschen brauche, nämlich ein Herz, das dankbar ist und sich freuet, daß es gute Menschen giebt... Möchten Sie soviel Vergnügen geniessen als Sie überal ausbreiten! Möchten Sie diesen späten Dank verzeihen! Möcht' ich noch einmal in der5 Zukunft das Glük geniessen, Sie versichern zu können, daß etc.
141. An Pfarrer Völkel in Schwarzenbach.
[Kopie][Hof, 21. Jan. 1786. Sonnabend]
Ich denke oft an Sie; ich mus aber auch einmal an Sie schreiben. Vielleicht ahmen Sie mich in Beidem nicht nach; Sie müsten denn10 zuweilen an Ihr Buch gedacht haben, das ich solange bei mir wohnen lies. .. Es kan daher meine Absicht gar nicht sein, Sie etwan gar so weit zu bringen, daß Sie mir einen Brief schreiben: denn das ist in der That unmöglich; sondern ich wil Sie nur ersuchen, daß Sie einen andern einen zu schreiben bewegen. ... Vielleicht wissen Sie von dem15 Deserzionsprozes, in den uns wider einander eine misverstandene Metapher verwikkelte... Es verwundet mir das Herz, von dem Manne eine erkältete Liebe erwarten zu müssen, dem ich die wärmste schuldig bin..... Zuweilen denk' ich: "du soltest öfter an H. [Pfarrer] schreiben und zwar etwas philosophisches; ich wolte wetten, du führest[204]20 dabei aufs Beste: denn der H. P[farrer] ist ein -- Engländer." Allein dan denk' ich auch, daß Sie nicht mögen.
142. An Oerthel in Töpen.
Lieber Oerthel,
Du kanst es selber nicht verlangen, daß der Rabbi Abraham Recht25 behält: dieser sonst grosse Man fiel einmal auf die ganze Sache und behauptete ernsthaft genug, daß Got gern die Sukkuben und unter andern auch die Satyrs ganz ausgeschaffen hätte; aber der Sabbath kam dazwischen; der nöthigte ihn, sie unvolendet stehen zu lassen. Meine Ruhetage sezen sich zwar auch der Volendung meiner Satyrs30 entgegen; aber du must es nicht zulassen, sondern nach dem Sabbath in der That so wenig fragen, daß du munter an dem Geschöpfe fort- arbeitest: denn nicht ieder invalide Rumpf ist darum gleich ein Torso und nur die Schönheit der Glieder entschuldigt die Unvolständigkeit derselben.35
13 Jean Paul Briefe. I.
und Ihrer Wolthat etwan würdig wäre. Aber ich habe doch etwas, was ich mir nicht erſt zu wünſchen brauche, nämlich ein Herz, das dankbar iſt und ſich freuet, daß es gute Menſchen giebt... Möchten Sie ſoviel Vergnügen genieſſen als Sie überal ausbreiten! Möchten Sie dieſen ſpäten Dank verzeihen! Möcht’ ich noch einmal in der5 Zukunft das Glük genieſſen, Sie verſichern zu können, daß ꝛc.
141. An Pfarrer Völkel in Schwarzenbach.
[Kopie][Hof, 21. Jan. 1786. Sonnabend]
Ich denke oft an Sie; ich mus aber auch einmal an Sie ſchreiben. Vielleicht ahmen Sie mich in Beidem nicht nach; Sie müſten denn10 zuweilen an Ihr Buch gedacht haben, das ich ſolange bei mir wohnen lies. .. Es kan daher meine Abſicht gar nicht ſein, Sie etwan gar ſo weit zu bringen, daß Sie mir einen Brief ſchreiben: denn das iſt in der That unmöglich; ſondern ich wil Sie nur erſuchen, daß Sie einen andern einen zu ſchreiben bewegen. … Vielleicht wiſſen Sie von dem15 Deſerzionsprozes, in den uns wider einander eine misverſtandene Metapher verwikkelte... Es verwundet mir das Herz, von dem Manne eine erkältete Liebe erwarten zu müſſen, dem ich die wärmſte ſchuldig bin..... Zuweilen denk’ ich: „du ſolteſt öfter an H. [Pfarrer] ſchreiben und zwar etwas philoſophiſches; ich wolte wetten, du führeſt[204]20 dabei aufs Beſte: denn der H. P[farrer] iſt ein — Engländer.“ Allein dan denk’ ich auch, daß Sie nicht mögen.
142. An Oerthel in Töpen.
Lieber Oerthel,
Du kanſt es ſelber nicht verlangen, daß der Rabbi Abraham Recht25 behält: dieſer ſonſt groſſe Man fiel einmal auf die ganze Sache und behauptete ernſthaft genug, daß Got gern die Sukkuben und unter andern auch die Satyrs ganz ausgeſchaffen hätte; aber der Sabbath kam dazwiſchen; der nöthigte ihn, ſie unvolendet ſtehen zu laſſen. Meine Ruhetage ſezen ſich zwar auch der Volendung meiner Satyrs30 entgegen; aber du muſt es nicht zulaſſen, ſondern nach dem Sabbath in der That ſo wenig fragen, daß du munter an dem Geſchöpfe fort- arbeiteſt: denn nicht ieder invalide Rumpf iſt darum gleich ein Torſo und nur die Schönheit der Glieder entſchuldigt die Unvolſtändigkeit derſelben.35
13 Jean Paul Briefe. I.
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und Ihrer Wolthat etwan würdig wäre. Aber ich habe doch etwas,
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dankbar iſt und ſich freuet, daß es gute Menſchen giebt... Möchten
Sie ſoviel Vergnügen genieſſen als Sie überal ausbreiten! Möchten
Sie dieſen ſpäten Dank verzeihen! Möcht’ ich noch einmal in der 5
Zukunft das Glük genieſſen, Sie verſichern zu können, daß ꝛc.
141. An Pfarrer Völkel in Schwarzenbach.
[Hof, 21. Jan. 1786. Sonnabend]
Ich denke oft an Sie; ich mus aber auch einmal an Sie ſchreiben.
Vielleicht ahmen Sie mich in Beidem nicht nach; Sie müſten denn 10
zuweilen an Ihr Buch gedacht haben, das ich ſolange bei mir wohnen
lies. .. Es kan daher meine Abſicht gar nicht ſein, Sie etwan gar
ſo weit zu bringen, daß Sie mir einen Brief ſchreiben: denn das iſt in
der That unmöglich; ſondern ich wil Sie nur erſuchen, daß Sie einen
andern einen zu ſchreiben bewegen. … Vielleicht wiſſen Sie von dem 15
Deſerzionsprozes, in den uns wider einander eine misverſtandene
Metapher verwikkelte... Es verwundet mir das Herz, von dem
Manne eine erkältete Liebe erwarten zu müſſen, dem ich die wärmſte
ſchuldig bin..... Zuweilen denk’ ich: „du ſolteſt öfter an H. [Pfarrer]
ſchreiben und zwar etwas philoſophiſches; ich wolte wetten, du führeſt 20
dabei aufs Beſte: denn der H. P[farrer] iſt ein — Engländer.“ Allein
dan denk’ ich auch, daß Sie nicht mögen.
[204]
142. An Oerthel in Töpen.
Lieber Oerthel,
Du kanſt es ſelber nicht verlangen, daß der Rabbi Abraham Recht 25
behält: dieſer ſonſt groſſe Man fiel einmal auf die ganze Sache und
behauptete ernſthaft genug, daß Got gern die Sukkuben und unter
andern auch die Satyrs ganz ausgeſchaffen hätte; aber der Sabbath
kam dazwiſchen; der nöthigte ihn, ſie unvolendet ſtehen zu laſſen.
Meine Ruhetage ſezen ſich zwar auch der Volendung meiner Satyrs 30
entgegen; aber du muſt es nicht zulaſſen, ſondern nach dem Sabbath
in der That ſo wenig fragen, daß du munter an dem Geſchöpfe fort-
arbeiteſt: denn nicht ieder invalide Rumpf iſt darum gleich ein Torſo
und nur die Schönheit der Glieder entſchuldigt die Unvolſtändigkeit
derſelben. 35
13 Jean Paul Briefe. I.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/218>, abgerufen am 04.07.2024.
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