Ich schikke dir nämlich hier ein Stük meines Mskpts -- die übrigen droh' ich dir erst -- nicht zum Zensiren, sondern zum Rezensiren, das iezt bei dem Anwachse der Zensoren ganz ausser Mode komt. Welchen Gefallen köntest du mir nicht thun, wenn du selbiges mit deinen Rand- glossen versähest! Ich wolte dich anfangs mit Gewalt dazu nöthigen5 und durch eine starke Schluskette zum Glossatoramte ziehen; aber da du iede Art von Ketten so sehr hassest, so lass' ich sie fahren und stell' es ganz in deine Wilkühr, was du mit dem Mskpte machen wilst. Ich möchte es gern noch einmal durchstimmen und es wäre daher freilich gut, wenn du deine Stimpfeife hervorbrächtest und zuweilen einen10 geschikten Pfif darein zu meinem Besten thätest. Was ich dir schikke hab' ich zu Anfange des Sommers gemacht; das Ernsthafte und Bessere ist noch ungeschaffen oder doch bei mir.
Lebe wol, lieber Oerthel, und denke einigermassen auf ein Mittel, die Veranstaltung geschikt zu vereiteln, die ich iezt getroffen, daß du mir15 etwas schreiben must.
[Spaltenumbruch]Am Mitwoche den 26 [vielmehr 25.] J[enner] 86.[Spaltenumbruch] R.
Du köntest mir Feders Untersuchungen bald schikken; denn in 4 Tagen soltest du sie wieder haben; oder doch Mendelsohns Buch über20 das Dasein Gottes.
[205]143. An Oerthel in Töpen.
[Hof, 28. Jan. 1786]
Lieber Oerthel,
Wenn in Griechenland einer tod gesaget wurde, ders nicht war: so25 blieb es immer doch eine so schlimme Vorbedeutung, daß er ohne Gnade hernach starb. -- Vielleicht ist auch dein Misverständnis eine Weissagung; aber bis iezt hat mir der Buchhändler nichts geschrieben. -- Endlich hab' ich dem niemals fertigen Briefsteller einen Brief ab- gewonnen und zwar einen, wie ihn die alzeit fertigen Briefsteller nicht30 zu machen vermögen. -- Du hast ia schon einmal in Leipzig An- merkungen zu einer Satire von mir gemacht. -- In Straussens Hause wird ein herliches Zimmer leer, das du zum Absteigequartier erwählen köntest; in Wolframs Hause auf dem Markt oben ist schon eines leer,
Ich ſchikke dir nämlich hier ein Stük meines Mſkpts — die übrigen droh’ ich dir erſt — nicht zum Zenſiren, ſondern zum Rezenſiren, das iezt bei dem Anwachſe der Zenſoren ganz auſſer Mode komt. Welchen Gefallen könteſt du mir nicht thun, wenn du ſelbiges mit deinen Rand- gloſſen verſäheſt! Ich wolte dich anfangs mit Gewalt dazu nöthigen5 und durch eine ſtarke Schluskette zum Gloſſatoramte ziehen; aber da du iede Art von Ketten ſo ſehr haſſeſt, ſo laſſ’ ich ſie fahren und ſtell’ es ganz in deine Wilkühr, was du mit dem Mſkpte machen wilſt. Ich möchte es gern noch einmal durchſtimmen und es wäre daher freilich gut, wenn du deine Stimpfeife hervorbrächteſt und zuweilen einen10 geſchikten Pfif darein zu meinem Beſten thäteſt. Was ich dir ſchikke hab’ ich zu Anfange des Sommers gemacht; das Ernſthafte und Beſſere iſt noch ungeſchaffen oder doch bei mir.
Lebe wol, lieber Oerthel, und denke einigermaſſen auf ein Mittel, die Veranſtaltung geſchikt zu vereiteln, die ich iezt getroffen, daß du mir15 etwas ſchreiben muſt.
[Spaltenumbruch]Am Mitwoche den 26 [vielmehr 25.] J[enner] 86.[Spaltenumbruch] R.
Du könteſt mir Feders Unterſuchungen bald ſchikken; denn in 4 Tagen ſolteſt du ſie wieder haben; oder doch Mendelſohns Buch über20 das Daſein Gottes.
[205]143. An Oerthel in Töpen.
[Hof, 28. Jan. 1786]
Lieber Oerthel,
Wenn in Griechenland einer tod geſaget wurde, ders nicht war: ſo25 blieb es immer doch eine ſo ſchlimme Vorbedeutung, daß er ohne Gnade hernach ſtarb. — Vielleicht iſt auch dein Misverſtändnis eine Weiſſagung; aber bis iezt hat mir der Buchhändler nichts geſchrieben. — Endlich hab’ ich dem niemals fertigen Briefſteller einen Brief ab- gewonnen und zwar einen, wie ihn die alzeit fertigen Briefſteller nicht30 zu machen vermögen. — Du haſt ia ſchon einmal in Leipzig An- merkungen zu einer Satire von mir gemacht. — In Strauſſens Hauſe wird ein herliches Zimmer leer, das du zum Abſteigequartier erwählen könteſt; in Wolframs Hauſe auf dem Markt oben iſt ſchon eines leer,
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Ich ſchikke dir nämlich hier ein Stük meines Mſkpts — die übrigen
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iezt bei dem Anwachſe der Zenſoren ganz auſſer Mode komt. Welchen
Gefallen könteſt du mir nicht thun, wenn du ſelbiges mit deinen Rand-
gloſſen verſäheſt! Ich wolte dich anfangs mit Gewalt dazu nöthigen 5
und durch eine ſtarke Schluskette zum Gloſſatoramte ziehen; aber
da du iede Art von Ketten ſo ſehr haſſeſt, ſo laſſ’ ich ſie fahren und ſtell’
es ganz in deine Wilkühr, was du mit dem Mſkpte machen wilſt. Ich
möchte es gern noch einmal durchſtimmen und es wäre daher freilich
gut, wenn du deine Stimpfeife hervorbrächteſt und zuweilen einen 10
geſchikten Pfif darein zu meinem Beſten thäteſt. Was ich dir ſchikke
hab’ ich zu Anfange des Sommers gemacht; das Ernſthafte und
Beſſere iſt noch ungeſchaffen oder doch bei mir.
Lebe wol, lieber Oerthel, und denke einigermaſſen auf ein Mittel, die
Veranſtaltung geſchikt zu vereiteln, die ich iezt getroffen, daß du mir 15
etwas ſchreiben muſt.
Am Mitwoche den 26 [vielmehr 25.] J[enner] 86.
R.
Du könteſt mir Feders Unterſuchungen bald ſchikken; denn in
4 Tagen ſolteſt du ſie wieder haben; oder doch Mendelſohns Buch über 20
das Daſein Gottes.
143. An Oerthel in Töpen.
[Hof, 28. Jan. 1786]
Lieber Oerthel,
Wenn in Griechenland einer tod geſaget wurde, ders nicht war: ſo 25
blieb es immer doch eine ſo ſchlimme Vorbedeutung, daß er ohne
Gnade hernach ſtarb. — Vielleicht iſt auch dein Misverſtändnis eine
Weiſſagung; aber bis iezt hat mir der Buchhändler nichts geſchrieben. —
Endlich hab’ ich dem niemals fertigen Briefſteller einen Brief ab-
gewonnen und zwar einen, wie ihn die alzeit fertigen Briefſteller nicht 30
zu machen vermögen. — Du haſt ia ſchon einmal in Leipzig An-
merkungen zu einer Satire von mir gemacht. — In Strauſſens Hauſe
wird ein herliches Zimmer leer, das du zum Abſteigequartier erwählen
könteſt; in Wolframs Hauſe auf dem Markt oben iſt ſchon eines leer,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/219>, abgerufen am 04.07.2024.
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