ehlichen Bräutlichkeit. (Vergl. Demme' s Päch¬ ter Martin und sein Vater.) Psyche selbst ver¬ lor den Amor durch Neugier. Die Nacht ist die Mutter vom ersten Tage, im Geheimen schafft die Natur alle Werke, ihre Schöpfun¬ gen werden offenbar, ihr Schaffen nie. Unsere Alten waren keuscher. Da machte wohl die Mutter der mannbaren Jungfrau das Braut¬ bett; jetzt lassen sich es Mütter und Töchter umgehn, und kommen bald diese, bald jene wett¬ eifernd in die Wochen. Was würde jener Rö¬ mische Sittenrichter dazu sagen? der jemanden bestrafte, weil er seine Frau in Gegenwart der erwachsenen Tochter geküßt hatte? War er zu strenge, so sind unsere Ehleute zu leichtfertig, die bis zur ekelhaften Widerlichkeit in öffentlichen Gesellschaften sich nicht entsehn. Doch sollen nach der Bemerkung eines scharfsichtigen Eh¬ kenners, solche das Spiel am Weitesten treiben, die am Wenigsten von einander halten.
"Das sind die wahren Katzen Die vorne lecken, hinten kratzen."
Der Spruch ist alt!
ehlichen Bräutlichkeit. (Vergl. Demme’ s Päch¬ ter Martin und ſein Vater.) Pſyche ſelbſt ver¬ lor den Amor durch Neugier. Die Nacht iſt die Mutter vom erſten Tage, im Geheimen ſchafft die Natur alle Werke, ihre Schöpfun¬ gen werden offenbar, ihr Schaffen nie. Unſere Alten waren keuſcher. Da machte wohl die Mutter der mannbaren Jungfrau das Braut¬ bett; jetzt laſſen ſich es Mütter und Töchter umgehn, und kommen bald dieſe, bald jene wett¬ eifernd in die Wochen. Was würde jener Rö¬ miſche Sittenrichter dazu ſagen? der jemanden beſtrafte, weil er ſeine Frau in Gegenwart der erwachſenen Tochter geküßt hatte? War er zu ſtrenge, ſo ſind unſere Ehleute zu leichtfertig, die bis zur ekelhaften Widerlichkeit in öffentlichen Geſellſchaften ſich nicht entſehn. Doch ſollen nach der Bemerkung eines ſcharfſichtigen Eh¬ kenners, ſolche das Spiel am Weiteſten treiben, die am Wenigſten von einander halten.
„Das ſind die wahren Katzen Die vorne lecken, hinten kratzen.“
Der Spruch iſt alt!
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ehlichen Bräutlichkeit. (Vergl. Demme’ s Päch¬
ter Martin und ſein Vater.) Pſyche ſelbſt ver¬
lor den Amor durch Neugier. Die Nacht iſt
die Mutter vom erſten Tage, im Geheimen
ſchafft die Natur alle Werke, ihre Schöpfun¬
gen werden offenbar, ihr Schaffen nie. Unſere
Alten waren keuſcher. Da machte wohl die
Mutter der mannbaren Jungfrau das Braut¬
bett; jetzt laſſen ſich es Mütter und Töchter
umgehn, und kommen bald dieſe, bald jene wett¬
eifernd in die Wochen. Was würde jener Rö¬
miſche Sittenrichter dazu ſagen? der jemanden
beſtrafte, weil er ſeine Frau in Gegenwart der
erwachſenen Tochter geküßt hatte? War er zu
ſtrenge, ſo ſind unſere Ehleute zu leichtfertig, die
bis zur ekelhaften Widerlichkeit in öffentlichen
Geſellſchaften ſich nicht entſehn. Doch ſollen
nach der Bemerkung eines ſcharfſichtigen Eh¬
kenners, ſolche das Spiel am Weiteſten treiben,
die am Wenigſten von einander halten.
„Das ſind die wahren Katzen
Die vorne lecken, hinten kratzen.“
Der Spruch iſt alt!
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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