Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs Schöne, begeisterter fürs Große -- auflebt, ent¬ brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬ gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzschule künftiger Thaten. Festlichkeiten, Feierlichkeiten, Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe, geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte; und es entsteht eine nachwürkende Jmmergegen¬ wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit festet, den Leichtsinn ernstet, und die Zerstreuungssucht in enge Schranken drängt.
b) Vom Wesen der Volksfeste.
Alle alten Völker, und unsere Vorfahren auch, feierten Volksfeste. Die weisesten Völker¬ schöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬ rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.
Michaelis Mosaisches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.
Wir Neudeutschen Völklein feierten ehmahls Dorf- und Stadtfeste. Das schien kleinlich und spießbürgerlich, wider guten Ton und Welt. Da ließen wir die altfränkischen Dinger ein¬ gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden. Unsere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem Menschen das tägliche Brot, und kein Krüm¬
Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs Schöne, begeiſterter fürs Große — auflebt, ent¬ brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬ gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzſchule künftiger Thaten. Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten, Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe, geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte; und es entſteht eine nachwürkende Jmmergegen¬ wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit feſtet, den Leichtſinn ernſtet, und die Zerſtreuungsſucht in enge Schranken drängt.
b) Vom Weſen der Volksfeſte.
Alle alten Völker, und unſere Vorfahren auch, feierten Volksfeſte. Die weiſeſten Völker¬ ſchöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬ rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.
Michaelis Moſaiſches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.
Wir Neudeutſchen Völklein feierten ehmahls Dorf- und Stadtfeſte. Das ſchien kleinlich und ſpießbürgerlich, wider guten Ton und Welt. Da ließen wir die altfränkiſchen Dinger ein¬ gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden. Unſere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem Menſchen das tägliche Brot, und kein Krüm¬
<TEI><text><body><divn="1"><div><p><pbfacs="#f0372"n="342"/><fwtype="pageNum"place="top">342<lb/></fw>Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs<lb/>
Schöne, begeiſterter fürs Große — auflebt, ent¬<lb/>
brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬<lb/>
gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzſchule<lb/>
künftiger Thaten. Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten,<lb/>
Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe,<lb/>
geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte;<lb/>
und es entſteht eine nachwürkende Jmmergegen¬<lb/>
wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit feſtet, den<lb/>
Leichtſinn ernſtet, und die Zerſtreuungsſucht in<lb/>
enge Schranken drängt.</p><lb/><prendition="#c"><hirendition="#aq">b</hi>) <hirendition="#g">Vom Weſen der Volksfeſte.</hi></p><lb/><p>Alle alten Völker, und unſere Vorfahren<lb/>
auch, feierten Volksfeſte. Die weiſeſten Völker¬<lb/>ſchöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬<lb/>
rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.</p><lb/><listBibl><bibl>Michaelis Moſaiſches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.</bibl></listBibl><lb/><p>Wir Neudeutſchen Völklein feierten ehmahls<lb/>
Dorf- und Stadtfeſte. Das ſchien kleinlich<lb/>
und ſpießbürgerlich, wider guten Ton und Welt.<lb/>
Da ließen wir die altfränkiſchen Dinger ein¬<lb/>
gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden.<lb/>
Unſere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem<lb/>
Menſchen das tägliche Brot, und kein Krüm¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[342/0372]
342
Rechte, empfänglicher fürs Gute, lebendiger fürs
Schöne, begeiſterter fürs Große — auflebt, ent¬
brennt, entglüht; wo der That die Fortzeu¬
gungskraft mitgeboren wird eine Pflanzſchule
künftiger Thaten. Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten,
Gebräuche, kommen dem Gedächtniß zu Hülfe,
geben der Erinnerungskraft vortheilhafte Halte;
und es entſteht eine nachwürkende Jmmergegen¬
wärtigung, welche die Flatterhaftigkeit feſtet, den
Leichtſinn ernſtet, und die Zerſtreuungsſucht in
enge Schranken drängt.
b) Vom Weſen der Volksfeſte.
Alle alten Völker, und unſere Vorfahren
auch, feierten Volksfeſte. Die weiſeſten Völker¬
ſchöpfer fanden in ihrer Anordnung Beförde¬
rungsmittel wichtiger volksthümlichen Endzwecke.
Michaelis Moſaiſches Recht. 4r. Th. §. 197. 198.
Wir Neudeutſchen Völklein feierten ehmahls
Dorf- und Stadtfeſte. Das ſchien kleinlich
und ſpießbürgerlich, wider guten Ton und Welt.
Da ließen wir die altfränkiſchen Dinger ein¬
gehn, um weltbürgerliche Knechte zu werden.
Unſere Mehrmacher und Rechenhexer, die jedem
Menſchen das tägliche Brot, und kein Krüm¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/372>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.