glaubt sich nur selbst sein Gutes nicht, traut kaum sogar der That. Die Aussage eines Fremden, den ein Deutscher Mann abgehört hat, wird hoffentlich Selbstvertrauen und Selbst¬ zuversicht stärken.
"Ja schon vor einigen Jahren wunderte "sich ein Welscher Tonkünstler über das Vor¬ "urtheil der Deutschen gegen die Geschicktheit "ihrer Sprache zum hohen lyrischen Gesang, "und zur musikalischen Deklamation. Dieser "Welsche Mann hatte in seinen dramatischen "Compositionen, Genie, Geschmack, und Einsicht "in die Geheimnisse der Tonkunst gezeigt. Er "behauptete, der Vorzug der Welschen Sprache "vor der unsrigen in Absicht auf die Singbar¬ "keit sei lange nicht so groß, als man sich ein¬ "zubilden pflege. Denn damit eine Sprache "musikalisch sei, käme es weniger darauf an, "daß sie sich wegen häufiger A, E und O leicht "aussprechen und singen lasse, als darauf, daß "sie alle Arten von Bildern, Bewegungen, Em¬ "pfindungen und Leidenschaften durch Worte "(die dem Ohre etwas mit dem Gegenstand "Übereinstimmendes eindrücken) zu bezeichnen ge¬
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glaubt ſich nur ſelbſt ſein Gutes nicht, traut kaum ſogar der That. Die Ausſage eines Fremden, den ein Deutſcher Mann abgehört hat, wird hoffentlich Selbſtvertrauen und Selbſt¬ zuverſicht ſtärken.
„Ja ſchon vor einigen Jahren wunderte „ſich ein Welſcher Tonkünſtler über das Vor¬ „urtheil der Deutſchen gegen die Geſchicktheit „ihrer Sprache zum hohen lyriſchen Geſang, „und zur muſikaliſchen Deklamation. Dieſer „Welſche Mann hatte in ſeinen dramatiſchen „Compoſitionen, Genie, Geſchmack, und Einſicht „in die Geheimniſſe der Tonkunſt gezeigt. Er „behauptete, der Vorzug der Welſchen Sprache „vor der unſrigen in Abſicht auf die Singbar¬ „keit ſei lange nicht ſo groß, als man ſich ein¬ „zubilden pflege. Denn damit eine Sprache „muſikaliſch ſei, käme es weniger darauf an, „daß ſie ſich wegen häufiger A, E und O leicht „ausſprechen und ſingen laſſe, als darauf, daß „ſie alle Arten von Bildern, Bewegungen, Em¬ „pfindungen und Leidenſchaften durch Worte „(die dem Ohre etwas mit dem Gegenſtand „Übereinſtimmendes eindrücken) zu bezeichnen ge¬
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glaubt ſich nur ſelbſt ſein Gutes nicht, traut
kaum ſogar der That. Die Ausſage eines
Fremden, den ein Deutſcher Mann abgehört
hat, wird hoffentlich Selbſtvertrauen und Selbſt¬
zuverſicht ſtärken.
„Ja ſchon vor einigen Jahren wunderte
„ſich ein Welſcher Tonkünſtler über das Vor¬
„urtheil der Deutſchen gegen die Geſchicktheit
„ihrer Sprache zum hohen lyriſchen Geſang,
„und zur muſikaliſchen Deklamation. Dieſer
„Welſche Mann hatte in ſeinen dramatiſchen
„Compoſitionen, Genie, Geſchmack, und Einſicht
„in die Geheimniſſe der Tonkunſt gezeigt. Er
„behauptete, der Vorzug der Welſchen Sprache
„vor der unſrigen in Abſicht auf die Singbar¬
„keit ſei lange nicht ſo groß, als man ſich ein¬
„zubilden pflege. Denn damit eine Sprache
„muſikaliſch ſei, käme es weniger darauf an,
„daß ſie ſich wegen häufiger A, E und O leicht
„ausſprechen und ſingen laſſe, als darauf, daß
„ſie alle Arten von Bildern, Bewegungen, Em¬
„pfindungen und Leidenſchaften durch Worte
„(die dem Ohre etwas mit dem Gegenſtand
„Übereinſtimmendes eindrücken) zu bezeichnen ge¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/225>, abgerufen am 23.11.2024.
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