Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

müssen alle und jede Örtlichkeit beachten: Berg
und Thal, Wald und Feld, Wiese und Weide,
Flur und Fluß, Acker und Aue, Land und See,
und tausend andere. So bilden sie Einzelnhei-
ten in Fülle aus, und die eigensten Besonderhei-
ten auf zweckmäßige Art und Weise. Ihre
Wohlhabenheit ist der wahre Sprachreichthum.
Ihr beschränkter Bereich ist Samenbet, Gehäge
und Schonung von kräftigem Nachwuchs. Denn
in einem weit und breit durch Gauen, Marken
und Lande wohnenden Volke muß es natürlich
eine Menge höchstnothwendiger Begriffe geben,
treffliche Bezeichnungen, gehaltene Schilderun-
gen, und sprechende Gemählde, die doch niemals
in Büchern vorzukommen Gelegenheit hatten.
Aus diesen mehrt sich dann allezeit, wenn Noth
am Wort ist, die Schriftsprache, die ohne sie
nicht heil sondern unganz ist. Die Gesammt-
sprache hat hier Fundgruben und Hülfsquellen,
die wahren Sparbüchsen und Nothpfennige des
Sprachschatzes.

Mundarten zeugen immerfort den alten
Urstamm in sprachthümlicher Reinheit von Ge-
schlecht zu Geschlecht. Der könnte ohne ihren

Schirm

müſſen alle und jede Örtlichkeit beachten: Berg
und Thal, Wald und Feld, Wieſe und Weide,
Flur und Fluß, Acker und Aue, Land und See,
und tauſend andere. So bilden ſie Einzelnhei-
ten in Fülle aus, und die eigenſten Beſonderhei-
ten auf zweckmäßige Art und Weiſe. Ihre
Wohlhabenheit iſt der wahre Sprachreichthum.
Ihr beſchränkter Bereich iſt Samenbet, Gehäge
und Schonung von kräftigem Nachwuchs. Denn
in einem weit und breit durch Gauen, Marken
und Lande wohnenden Volke muß es natürlich
eine Menge höchſtnothwendiger Begriffe geben,
treffliche Bezeichnungen, gehaltene Schilderun-
gen, und ſprechende Gemählde, die doch niemals
in Büchern vorzukommen Gelegenheit hatten.
Aus dieſen mehrt ſich dann allezeit, wenn Noth
am Wort iſt, die Schriftſprache, die ohne ſie
nicht heil ſondern unganz iſt. Die Geſammt-
ſprache hat hier Fundgruben und Hülfsquellen,
die wahren Sparbüchſen und Nothpfennige des
Sprachſchatzes.

Mundarten zeugen immerfort den alten
Urſtamm in ſprachthümlicher Reinheit von Ge-
ſchlecht zu Geſchlecht. Der könnte ohne ihren

Schirm
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="XLII"/>&#x017F;&#x017F;en alle und jede Örtlichkeit beachten: Berg<lb/>
und Thal, Wald und Feld, Wie&#x017F;e und Weide,<lb/>
Flur und Fluß, Acker und Aue, Land und See,<lb/>
und tau&#x017F;end andere. So bilden &#x017F;ie Einzelnhei-<lb/>
ten in Fülle aus, und die eigen&#x017F;ten Be&#x017F;onderhei-<lb/>
ten auf zweckmäßige Art und Wei&#x017F;e. Ihre<lb/>
Wohlhabenheit i&#x017F;t der wahre Sprachreichthum.<lb/>
Ihr be&#x017F;chränkter Bereich i&#x017F;t Samenbet, Gehäge<lb/>
und Schonung von kräftigem Nachwuchs. Denn<lb/>
in einem weit und breit durch Gauen, Marken<lb/>
und Lande wohnenden Volke muß es natürlich<lb/>
eine Menge höch&#x017F;tnothwendiger Begriffe geben,<lb/>
treffliche Bezeichnungen, gehaltene Schilderun-<lb/>
gen, und &#x017F;prechende Gemählde, die doch niemals<lb/>
in Büchern vorzukommen Gelegenheit hatten.<lb/>
Aus die&#x017F;en mehrt &#x017F;ich dann allezeit, wenn Noth<lb/>
am Wort i&#x017F;t, die Schrift&#x017F;prache, die ohne &#x017F;ie<lb/>
nicht heil &#x017F;ondern unganz i&#x017F;t. Die Ge&#x017F;ammt-<lb/>
&#x017F;prache hat hier Fundgruben und Hülfsquellen,<lb/>
die wahren Sparbüch&#x017F;en und Nothpfennige des<lb/>
Sprach&#x017F;chatzes.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Mundarten</hi> zeugen immerfort den alten<lb/>
Ur&#x017F;tamm in &#x017F;prachthümlicher Reinheit von Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht zu Ge&#x017F;chlecht. Der könnte ohne ihren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Schirm</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XLII/0048] müſſen alle und jede Örtlichkeit beachten: Berg und Thal, Wald und Feld, Wieſe und Weide, Flur und Fluß, Acker und Aue, Land und See, und tauſend andere. So bilden ſie Einzelnhei- ten in Fülle aus, und die eigenſten Beſonderhei- ten auf zweckmäßige Art und Weiſe. Ihre Wohlhabenheit iſt der wahre Sprachreichthum. Ihr beſchränkter Bereich iſt Samenbet, Gehäge und Schonung von kräftigem Nachwuchs. Denn in einem weit und breit durch Gauen, Marken und Lande wohnenden Volke muß es natürlich eine Menge höchſtnothwendiger Begriffe geben, treffliche Bezeichnungen, gehaltene Schilderun- gen, und ſprechende Gemählde, die doch niemals in Büchern vorzukommen Gelegenheit hatten. Aus dieſen mehrt ſich dann allezeit, wenn Noth am Wort iſt, die Schriftſprache, die ohne ſie nicht heil ſondern unganz iſt. Die Geſammt- ſprache hat hier Fundgruben und Hülfsquellen, die wahren Sparbüchſen und Nothpfennige des Sprachſchatzes. Mundarten zeugen immerfort den alten Urſtamm in ſprachthümlicher Reinheit von Ge- ſchlecht zu Geſchlecht. Der könnte ohne ihren Schirm

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/48
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XLII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/48>, abgerufen am 22.11.2024.