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Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

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die Wahl der Stadt-Verordneten nach Zünften und Cor-
porationen ausdrücklich verboten wurde (§. 73.), ordnet
das neue Gesetz eine derartige Wahl förmlich an (§. 51.
u. 52.). Während die ältere Städte-Ordnung jeden stimm-
berechtigten Bürger für wählbar erklärt (§. 84.), verlangt
die revidirte in kleineren Städten ein Einkommen von
200 Thlr., in größeren von 1200 Thlr. (§. 56. u. f.)
Während die Veräußerung städtischer Grundstücke früher
von den Stadtverordneten allein abhing (§. 189.), macht
die Städte-Ordnung von 1831 selbst hierzu die Erlaub-
niß der Regierung nothwendig (§. 117.); der Magistrat,
nach dem älteren Gesetze eine allein städtische Behörde, ist
nach dem neuen vorwaltend ein von der Regierung durch-
aus abhängiges "Organ der Staatsgewalt" (§. 84,
104 u. 105); die Regierung d. h. die Minister können,
durch kein Gesetz beschränkt, die Wahlen der Bürger an-
nulliren und bei "Unangemessenheit" (!) oder "Verzögerung"
der Wahl die Stellen auf Stadt-Kosten commissarisch
verwalten lassen (§. 93.). Die Regierung d. h. die Mi-
nister können die Magistrats-Mitglieder wegen "mangel-
hafter Dienstführung" (!) absetzen und alsdann die Größe
ihrer Pension bestimmen (§. 99. 100.); -- der Bürger-
meister, dessen Stelle im Falle "unangemessener" Wahl
von der Regierung besetzt wird (§. 93.), ist befugt die
Beschlüsse des Magistrats zu suspendiren und darüber nur
der Regierung d. h. den Ministern Verantwortlichkeit schul-
dig (§. 108.); endlich steht es gar den Ministern (das
Gesetz sagt: dem Könige) frei die Stadtverordneten-Ver-

die Wahl der Stadt-Verordneten nach Zuͤnften und Cor-
porationen ausdruͤcklich verboten wurde (§. 73.), ordnet
das neue Geſetz eine derartige Wahl foͤrmlich an (§. 51.
u. 52.). Waͤhrend die aͤltere Staͤdte-Ordnung jeden ſtimm-
berechtigten Buͤrger fuͤr waͤhlbar erklaͤrt (§. 84.), verlangt
die revidirte in kleineren Staͤdten ein Einkommen von
200 Thlr., in groͤßeren von 1200 Thlr. (§. 56. u. f.)
Waͤhrend die Veraͤußerung ſtaͤdtiſcher Grundſtuͤcke fruͤher
von den Stadtverordneten allein abhing (§. 189.), macht
die Staͤdte-Ordnung von 1831 ſelbſt hierzu die Erlaub-
niß der Regierung nothwendig (§. 117.); der Magiſtrat,
nach dem aͤlteren Geſetze eine allein ſtaͤdtiſche Behoͤrde, iſt
nach dem neuen vorwaltend ein von der Regierung durch-
aus abhaͤngiges „Organ der Staatsgewalt“ (§. 84,
104 u. 105); die Regierung d. h. die Miniſter koͤnnen,
durch kein Geſetz beſchraͤnkt, die Wahlen der Buͤrger an-
nulliren und bei „Unangemeſſenheit“ (!) oder „Verzoͤgerung“
der Wahl die Stellen auf Stadt-Koſten commiſſariſch
verwalten laſſen (§. 93.). Die Regierung d. h. die Mi-
niſter koͤnnen die Magiſtrats-Mitglieder wegen „mangel-
hafter Dienſtfuͤhrung“ (!) abſetzen und alsdann die Groͤße
ihrer Penſion beſtimmen (§. 99. 100.); — der Buͤrger-
meiſter, deſſen Stelle im Falle „unangemeſſener“ Wahl
von der Regierung beſetzt wird (§. 93.), iſt befugt die
Beſchluͤſſe des Magiſtrats zu ſuspendiren und daruͤber nur
der Regierung d. h. den Miniſtern Verantwortlichkeit ſchul-
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Geſetz ſagt: dem Koͤnige) frei die Stadtverordneten-Ver-

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[12/0018] die Wahl der Stadt-Verordneten nach Zuͤnften und Cor- porationen ausdruͤcklich verboten wurde (§. 73.), ordnet das neue Geſetz eine derartige Wahl foͤrmlich an (§. 51. u. 52.). Waͤhrend die aͤltere Staͤdte-Ordnung jeden ſtimm- berechtigten Buͤrger fuͤr waͤhlbar erklaͤrt (§. 84.), verlangt die revidirte in kleineren Staͤdten ein Einkommen von 200 Thlr., in groͤßeren von 1200 Thlr. (§. 56. u. f.) Waͤhrend die Veraͤußerung ſtaͤdtiſcher Grundſtuͤcke fruͤher von den Stadtverordneten allein abhing (§. 189.), macht die Staͤdte-Ordnung von 1831 ſelbſt hierzu die Erlaub- niß der Regierung nothwendig (§. 117.); der Magiſtrat, nach dem aͤlteren Geſetze eine allein ſtaͤdtiſche Behoͤrde, iſt nach dem neuen vorwaltend ein von der Regierung durch- aus abhaͤngiges „Organ der Staatsgewalt“ (§. 84, 104 u. 105); die Regierung d. h. die Miniſter koͤnnen, durch kein Geſetz beſchraͤnkt, die Wahlen der Buͤrger an- nulliren und bei „Unangemeſſenheit“ (!) oder „Verzoͤgerung“ der Wahl die Stellen auf Stadt-Koſten commiſſariſch verwalten laſſen (§. 93.). Die Regierung d. h. die Mi- niſter koͤnnen die Magiſtrats-Mitglieder wegen „mangel- hafter Dienſtfuͤhrung“ (!) abſetzen und alsdann die Groͤße ihrer Penſion beſtimmen (§. 99. 100.); — der Buͤrger- meiſter, deſſen Stelle im Falle „unangemeſſener“ Wahl von der Regierung beſetzt wird (§. 93.), iſt befugt die Beſchluͤſſe des Magiſtrats zu ſuspendiren und daruͤber nur der Regierung d. h. den Miniſtern Verantwortlichkeit ſchul- dig (§. 108.); endlich ſteht es gar den Miniſtern (das Geſetz ſagt: dem Koͤnige) frei die Stadtverordneten-Ver-

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Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/18>, abgerufen am 27.11.2024.