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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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kannt und verehret werden, und weil nichts
könnte gemacht werden, so ihm ähnlich
wäre, so sollte aller Bilderdienst gänzlich
abgestellet seyn, und ausser ihm solle nichts
als eine Gottheit angebetet werden. Jn
der ganzen Geschichte finden wir kein eini-
ges Exempel, daß die blosse Vernunft je-
manden auf dieses Gesetz geführet. Kein
einziger Philosoph unter den Heiden hat den
Satz durch philosophische Beweise festge-
setzet, daß nur ein einiger Gott sey. Es sind
zwar einige, besonders nach den Zeiten des
Christenthums, dahin gekommen, daß sie nur
einen einzigen allerhöchsten Gott geglaubet;
die Gründe aber, womit sie diese Wahr-
heit zu beweisen gesuchet, sind so schlecht,
daß sie uns heutiges Tages nicht überzeu-

gen
setze diesem Schlusse folgendes entgegen. Die
Erfahrung lehret, daß zu unserer Ueberzeu-
gung und Neigung des Willens mehr, als
Gründe nöthig sind, nämlich ein Zustand der
Seele, bey welchem Gründe einen Eindruck
in selbige machen können. Sehen wir nicht
bey milzsüchtigen Personen, wie die Seele so
gar durch den Leib gehindert werden kann, die
Kraft der stärksten Trostgründe zu empfinden?
Müssen diesen Gründen nicht je zu Zeiten
Arzeneyen und mineralische Wasser zu Hülfe
kommen, ehe sie überzeugen und beruhigen?
Kennen wir alle Hindernisse, die bey einer
Seele zu haben sind, wenn sie überzeuget und
gerührt werden soll? Können nicht einige
seyn, die selbst der Geist Gottes zu heben hat?

kannt und verehret werden, und weil nichts
koͤnnte gemacht werden, ſo ihm aͤhnlich
waͤre, ſo ſollte aller Bilderdienſt gaͤnzlich
abgeſtellet ſeyn, und auſſer ihm ſolle nichts
als eine Gottheit angebetet werden. Jn
der ganzen Geſchichte finden wir kein eini-
ges Exempel, daß die bloſſe Vernunft je-
manden auf dieſes Geſetz gefuͤhret. Kein
einziger Philoſoph unter den Heiden hat den
Satz durch philoſophiſche Beweiſe feſtge-
ſetzet, daß nur ein einiger Gott ſey. Es ſind
zwar einige, beſonders nach den Zeiten des
Chriſtenthums, dahin gekommen, daß ſie nur
einen einzigen allerhoͤchſten Gott geglaubet;
die Gruͤnde aber, womit ſie dieſe Wahr-
heit zu beweiſen geſuchet, ſind ſo ſchlecht,
daß ſie uns heutiges Tages nicht uͤberzeu-

gen
ſetze dieſem Schluſſe folgendes entgegen. Die
Erfahrung lehret, daß zu unſerer Ueberzeu-
gung und Neigung des Willens mehr, als
Gruͤnde noͤthig ſind, naͤmlich ein Zuſtand der
Seele, bey welchem Gruͤnde einen Eindruck
in ſelbige machen koͤnnen. Sehen wir nicht
bey milzſuͤchtigen Perſonen, wie die Seele ſo
gar durch den Leib gehindert werden kann, die
Kraft der ſtaͤrkſten Troſtgruͤnde zu empfinden?
Muͤſſen dieſen Gruͤnden nicht je zu Zeiten
Arzeneyen und mineraliſche Waſſer zu Huͤlfe
kommen, ehe ſie uͤberzeugen und beruhigen?
Kennen wir alle Hinderniſſe, die bey einer
Seele zu haben ſind, wenn ſie uͤberzeuget und
geruͤhrt werden ſoll? Koͤnnen nicht einige
ſeyn, die ſelbſt der Geiſt Gottes zu heben hat?
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[62/0082] kannt und verehret werden, und weil nichts koͤnnte gemacht werden, ſo ihm aͤhnlich waͤre, ſo ſollte aller Bilderdienſt gaͤnzlich abgeſtellet ſeyn, und auſſer ihm ſolle nichts als eine Gottheit angebetet werden. Jn der ganzen Geſchichte finden wir kein eini- ges Exempel, daß die bloſſe Vernunft je- manden auf dieſes Geſetz gefuͤhret. Kein einziger Philoſoph unter den Heiden hat den Satz durch philoſophiſche Beweiſe feſtge- ſetzet, daß nur ein einiger Gott ſey. Es ſind zwar einige, beſonders nach den Zeiten des Chriſtenthums, dahin gekommen, daß ſie nur einen einzigen allerhoͤchſten Gott geglaubet; die Gruͤnde aber, womit ſie dieſe Wahr- heit zu beweiſen geſuchet, ſind ſo ſchlecht, daß ſie uns heutiges Tages nicht uͤberzeu- gen *) *) ſetze dieſem Schluſſe folgendes entgegen. Die Erfahrung lehret, daß zu unſerer Ueberzeu- gung und Neigung des Willens mehr, als Gruͤnde noͤthig ſind, naͤmlich ein Zuſtand der Seele, bey welchem Gruͤnde einen Eindruck in ſelbige machen koͤnnen. Sehen wir nicht bey milzſuͤchtigen Perſonen, wie die Seele ſo gar durch den Leib gehindert werden kann, die Kraft der ſtaͤrkſten Troſtgruͤnde zu empfinden? Muͤſſen dieſen Gruͤnden nicht je zu Zeiten Arzeneyen und mineraliſche Waſſer zu Huͤlfe kommen, ehe ſie uͤberzeugen und beruhigen? Kennen wir alle Hinderniſſe, die bey einer Seele zu haben ſind, wenn ſie uͤberzeuget und geruͤhrt werden ſoll? Koͤnnen nicht einige ſeyn, die ſelbſt der Geiſt Gottes zu heben hat?

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/82>, abgerufen am 26.11.2024.