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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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rung des Johannes dergleichen Regierun-
gen sollen abgebildet werden: hätte dieses
auf eine ganz deutliche Art geschehen dür-
fen? Wäre es der Weisheit Gottes ge-
mäß gewesen, kund zu machen, es würde
ein Domitianus, ein Commodus, ein
Caracalla aufstehen, die größten Grau-
samkeiten unter ihren eigenen Unterthanen
ausüben, und von selbigen wieder ermor-
det werden? Würde dieses dem Christen-
thume nicht zum größten Nachtheile gerei-
chet haben? Sollte von solchen Begeben-
heiten, um die Hoffnung und den Muth
der verfolgeten Christen zu stärken, etwas
entdecket werden; so mußte solches auf ei-
ne so verdeckte Art, und unter solchen Ein-
kleidungen und entfernten Bildern gesche-
hen, daß niemand von den Heiden mit
völliger Gewißheit sagen können: hier ist
dieser und jener Kaiser abgebildet. Ja die
Geschichte dieses Buches enthält Gründe,
woraus man muthmassen kann, daß das-
selbe in den ersten Zeiten nicht muß seyn
so gemein gemacht worden, als andere
Schriften des neuen Bundes. Vermuth-
lich ist dieses aus eben der Ursach gesche-
hen, daß es von der Römischen Regie-
rung nicht als ein aufrührisch Buch möch-
te angesehen werden, und Gelegenheit ge-
ben, die Christen zu verfolgen. Man er-
kenne also, wie viele Vorsichtigkeit bey ei-

nem
Jac. Betr. 4. Band. C c

rung des Johannes dergleichen Regierun-
gen ſollen abgebildet werden: haͤtte dieſes
auf eine ganz deutliche Art geſchehen duͤr-
fen? Waͤre es der Weisheit Gottes ge-
maͤß geweſen, kund zu machen, es wuͤrde
ein Domitianus, ein Commodus, ein
Caracalla aufſtehen, die groͤßten Grau-
ſamkeiten unter ihren eigenen Unterthanen
ausuͤben, und von ſelbigen wieder ermor-
det werden? Wuͤrde dieſes dem Chriſten-
thume nicht zum groͤßten Nachtheile gerei-
chet haben? Sollte von ſolchen Begeben-
heiten, um die Hoffnung und den Muth
der verfolgeten Chriſten zu ſtaͤrken, etwas
entdecket werden; ſo mußte ſolches auf ei-
ne ſo verdeckte Art, und unter ſolchen Ein-
kleidungen und entfernten Bildern geſche-
hen, daß niemand von den Heiden mit
voͤlliger Gewißheit ſagen koͤnnen: hier iſt
dieſer und jener Kaiſer abgebildet. Ja die
Geſchichte dieſes Buches enthaͤlt Gruͤnde,
woraus man muthmaſſen kann, daß daſ-
ſelbe in den erſten Zeiten nicht muß ſeyn
ſo gemein gemacht worden, als andere
Schriften des neuen Bundes. Vermuth-
lich iſt dieſes aus eben der Urſach geſche-
hen, daß es von der Roͤmiſchen Regie-
rung nicht als ein aufruͤhriſch Buch moͤch-
te angeſehen werden, und Gelegenheit ge-
ben, die Chriſten zu verfolgen. Man er-
kenne alſo, wie viele Vorſichtigkeit bey ei-

nem
Jac. Betr. 4. Band. C c
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[401/0421] rung des Johannes dergleichen Regierun- gen ſollen abgebildet werden: haͤtte dieſes auf eine ganz deutliche Art geſchehen duͤr- fen? Waͤre es der Weisheit Gottes ge- maͤß geweſen, kund zu machen, es wuͤrde ein Domitianus, ein Commodus, ein Caracalla aufſtehen, die groͤßten Grau- ſamkeiten unter ihren eigenen Unterthanen ausuͤben, und von ſelbigen wieder ermor- det werden? Wuͤrde dieſes dem Chriſten- thume nicht zum groͤßten Nachtheile gerei- chet haben? Sollte von ſolchen Begeben- heiten, um die Hoffnung und den Muth der verfolgeten Chriſten zu ſtaͤrken, etwas entdecket werden; ſo mußte ſolches auf ei- ne ſo verdeckte Art, und unter ſolchen Ein- kleidungen und entfernten Bildern geſche- hen, daß niemand von den Heiden mit voͤlliger Gewißheit ſagen koͤnnen: hier iſt dieſer und jener Kaiſer abgebildet. Ja die Geſchichte dieſes Buches enthaͤlt Gruͤnde, woraus man muthmaſſen kann, daß daſ- ſelbe in den erſten Zeiten nicht muß ſeyn ſo gemein gemacht worden, als andere Schriften des neuen Bundes. Vermuth- lich iſt dieſes aus eben der Urſach geſche- hen, daß es von der Roͤmiſchen Regie- rung nicht als ein aufruͤhriſch Buch moͤch- te angeſehen werden, und Gelegenheit ge- ben, die Chriſten zu verfolgen. Man er- kenne alſo, wie viele Vorſichtigkeit bey ei- nem Jac. Betr. 4. Band. C c

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/421>, abgerufen am 17.05.2024.