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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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einander ermordet, als man von Blut-
schande unter ihnen etwas vernimmt. Auch
kann man die Seltenheit dieser Sünden
dadurch nicht begreiflich machen, daß El-
tern und Kinder und Geschwister dadurch
einander ekelhaft werden, daß sie beständig
bey einander sind, und eines des andern
Unvollkommenheiten näher kennen lernet.
Denn man findet gar zu oft, daß Perso-
nen, die einander ganz widrig sind, den-
noch an einander hangen bleiben, wenn
sie nur viel mit einander umgehen. Jch
habe zweene angesehene Gelehrte gekannt,
welche eine sehr grosse Abneigung von dem
Ehestande hatten, und der eine blieb bis in
das funfzigste, und der andere bis in das
sechzigste Jahr unverheirathet. Ein lan-
ger Umgang aber mit Personen, die gar
nicht reizend waren, und in deren Umgan-
ge sie gegen alle Liebe sicher genug zu seyn
glaubten, machte sie dennoch endlich ver-
liebt, und brachte sie zum heirathen.

§. 10.
Ob die Ver-
hütung der
Unzucht die
Absicht des
Verboths
der Ehen
unter den
nächsten
Verwand-
ten sey.

Verschiedene sehr gelehrte Männer hal-
ten die Veranlassung einer vielfältigen Hu-
rerey unter den nächsten Verwandten für
die Ursache, welche Gott und die Völker
bewogen, die Ehen zwischen ihnen zu ver-
bieten. Sie sagen, wäre irgend eine Hoff-
nung vorhanden, daß ein Vater eine
Tochter, und ein Bruder eine Schwester

hei-

einander ermordet, als man von Blut-
ſchande unter ihnen etwas vernimmt. Auch
kann man die Seltenheit dieſer Suͤnden
dadurch nicht begreiflich machen, daß El-
tern und Kinder und Geſchwiſter dadurch
einander ekelhaft werden, daß ſie beſtaͤndig
bey einander ſind, und eines des andern
Unvollkommenheiten naͤher kennen lernet.
Denn man findet gar zu oft, daß Perſo-
nen, die einander ganz widrig ſind, den-
noch an einander hangen bleiben, wenn
ſie nur viel mit einander umgehen. Jch
habe zweene angeſehene Gelehrte gekannt,
welche eine ſehr groſſe Abneigung von dem
Eheſtande hatten, und der eine blieb bis in
das funfzigſte, und der andere bis in das
ſechzigſte Jahr unverheirathet. Ein lan-
ger Umgang aber mit Perſonen, die gar
nicht reizend waren, und in deren Umgan-
ge ſie gegen alle Liebe ſicher genug zu ſeyn
glaubten, machte ſie dennoch endlich ver-
liebt, und brachte ſie zum heirathen.

§. 10.
Ob die Ver-
huͤtung der
Unzucht die
Abſicht des
Verboths
der Ehen
unter den
naͤchſten
Verwand-
ten ſey.

Verſchiedene ſehr gelehrte Maͤnner hal-
ten die Veranlaſſung einer vielfaͤltigen Hu-
rerey unter den naͤchſten Verwandten fuͤr
die Urſache, welche Gott und die Voͤlker
bewogen, die Ehen zwiſchen ihnen zu ver-
bieten. Sie ſagen, waͤre irgend eine Hoff-
nung vorhanden, daß ein Vater eine
Tochter, und ein Bruder eine Schweſter

hei-
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[354/0374] einander ermordet, als man von Blut- ſchande unter ihnen etwas vernimmt. Auch kann man die Seltenheit dieſer Suͤnden dadurch nicht begreiflich machen, daß El- tern und Kinder und Geſchwiſter dadurch einander ekelhaft werden, daß ſie beſtaͤndig bey einander ſind, und eines des andern Unvollkommenheiten naͤher kennen lernet. Denn man findet gar zu oft, daß Perſo- nen, die einander ganz widrig ſind, den- noch an einander hangen bleiben, wenn ſie nur viel mit einander umgehen. Jch habe zweene angeſehene Gelehrte gekannt, welche eine ſehr groſſe Abneigung von dem Eheſtande hatten, und der eine blieb bis in das funfzigſte, und der andere bis in das ſechzigſte Jahr unverheirathet. Ein lan- ger Umgang aber mit Perſonen, die gar nicht reizend waren, und in deren Umgan- ge ſie gegen alle Liebe ſicher genug zu ſeyn glaubten, machte ſie dennoch endlich ver- liebt, und brachte ſie zum heirathen. §. 10. Verſchiedene ſehr gelehrte Maͤnner hal- ten die Veranlaſſung einer vielfaͤltigen Hu- rerey unter den naͤchſten Verwandten fuͤr die Urſache, welche Gott und die Voͤlker bewogen, die Ehen zwiſchen ihnen zu ver- bieten. Sie ſagen, waͤre irgend eine Hoff- nung vorhanden, daß ein Vater eine Tochter, und ein Bruder eine Schweſter hei-

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/374>, abgerufen am 22.11.2024.