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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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"Endzweck, den die Vestalischen Jung-
"frauen hatten? Wenn es dieses ist, so
"solltet ihr eben sowol gestrafet werden, als
"dieselben, wenn ihr eure Keuschheit nicht
"bewahret. Lasset euch meine Worte
"nicht misfallen. Jch selbst und eure
"Mitbürger haben weit mehr Ursache über
"euer Betragen ein Misfallen zu bezeugen.
"Wenn ihr euch demnach getroffen findet; so
"lasset euch rathen, und ändert euer Wesen,
"damit ich an statt euch zu bestrafen,
"Ursache haben möge, euch inskünftige
"zu loben und euch für eure Besserung zu
"danken. Vor meiner Zeit war es nicht
"erlaubt, daß jemand den Ehestand ver-
"achtete, und die Nachkommenschaft ver-
"absäumete. Es sind bey der ersten Stif-
"tung des gemeinen Wesens Gesetze dage-
"gen abgefasset worden, und so wol der
"Rath, als das Volk haben seit der Zeit
"manche Verordnung wider diejenigen ge-
"macht, die unverheyrathet bleiben. Jch
"habe die Strafen der ehelosen Personen
"vermehret, sie dadurch zum Gehorsam zu
"bewegen, und hingegen Belohnungen
"verheissen, sie aufzumuntern und anzurei-
"zen, sich gefällig gegen mich zu erweisen,
"damit diese Vortheile sie zur Vereheli-
"chung und Fortpflanzung ihres Geschlech-
"tes antreiben möchten, wenn es sonst
"nichts thun will. Allein ihr scheinet we-
"der die Belohnungen zu verlangen, noch

"die

„Endzweck, den die Veſtaliſchen Jung-
„frauen hatten? Wenn es dieſes iſt, ſo
„ſolltet ihr eben ſowol geſtrafet werden, als
„dieſelben, wenn ihr eure Keuſchheit nicht
„bewahret. Laſſet euch meine Worte
„nicht misfallen. Jch ſelbſt und eure
„Mitbuͤrger haben weit mehr Urſache uͤber
„euer Betragen ein Misfallen zu bezeugen.
„Wenn ihr euch demnach getroffen findet; ſo
„laſſet euch rathen, und aͤndert euer Weſen,
„damit ich an ſtatt euch zu beſtrafen,
„Urſache haben moͤge, euch inskuͤnftige
„zu loben und euch fuͤr eure Beſſerung zu
„danken. Vor meiner Zeit war es nicht
„erlaubt, daß jemand den Eheſtand ver-
„achtete, und die Nachkommenſchaft ver-
„abſaͤumete. Es ſind bey der erſten Stif-
„tung des gemeinen Weſens Geſetze dage-
„gen abgefaſſet worden, und ſo wol der
„Rath, als das Volk haben ſeit der Zeit
„manche Verordnung wider diejenigen ge-
„macht, die unverheyrathet bleiben. Jch
„habe die Strafen der eheloſen Perſonen
„vermehret, ſie dadurch zum Gehorſam zu
„bewegen, und hingegen Belohnungen
„verheiſſen, ſie aufzumuntern und anzurei-
„zen, ſich gefaͤllig gegen mich zu erweiſen,
„damit dieſe Vortheile ſie zur Vereheli-
„chung und Fortpflanzung ihres Geſchlech-
„tes antreiben moͤchten, wenn es ſonſt
„nichts thun will. Allein ihr ſcheinet we-
„der die Belohnungen zu verlangen, noch

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[286/0306] „Endzweck, den die Veſtaliſchen Jung- „frauen hatten? Wenn es dieſes iſt, ſo „ſolltet ihr eben ſowol geſtrafet werden, als „dieſelben, wenn ihr eure Keuſchheit nicht „bewahret. Laſſet euch meine Worte „nicht misfallen. Jch ſelbſt und eure „Mitbuͤrger haben weit mehr Urſache uͤber „euer Betragen ein Misfallen zu bezeugen. „Wenn ihr euch demnach getroffen findet; ſo „laſſet euch rathen, und aͤndert euer Weſen, „damit ich an ſtatt euch zu beſtrafen, „Urſache haben moͤge, euch inskuͤnftige „zu loben und euch fuͤr eure Beſſerung zu „danken. Vor meiner Zeit war es nicht „erlaubt, daß jemand den Eheſtand ver- „achtete, und die Nachkommenſchaft ver- „abſaͤumete. Es ſind bey der erſten Stif- „tung des gemeinen Weſens Geſetze dage- „gen abgefaſſet worden, und ſo wol der „Rath, als das Volk haben ſeit der Zeit „manche Verordnung wider diejenigen ge- „macht, die unverheyrathet bleiben. Jch „habe die Strafen der eheloſen Perſonen „vermehret, ſie dadurch zum Gehorſam zu „bewegen, und hingegen Belohnungen „verheiſſen, ſie aufzumuntern und anzurei- „zen, ſich gefaͤllig gegen mich zu erweiſen, „damit dieſe Vortheile ſie zur Vereheli- „chung und Fortpflanzung ihres Geſchlech- „tes antreiben moͤchten, wenn es ſonſt „nichts thun will. Allein ihr ſcheinet we- „der die Belohnungen zu verlangen, noch „die

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/306>, abgerufen am 21.05.2024.