er nicht ewig in der Gesellschaft der Laster- haften seyn möge. Man wird sagen, es könne sich aber auch begeben, daß ein Tu- gendhafter bey aller angewandten Klugheit einen bösen Ehegatten bekommen, und von selbigen auf das härteste gehalten werde. Ein solcher würde denn doch unschuldiger Weise bey der Unzertrennlichkeit der Ehen leiden. Daß sich dergleichen Fälle bege- ben, stehet ganz und gar nicht zu leugnen. Sollen aber alle Gesetze aufgehoben wer- den, bey welchen zu Zeiten ein Tugendhaf- ter unschuldiger Weise leiden muß, wird auch ein einiges Gesetz bleiben? Es ist bey den Gesetzen vor allen Dingen auf die Wolfahrt des Ganzen zu sehen, und wo- bey die Wenigsten leiden, und da ist ja, wie bekannt, ein jeder, wenn es ihn eben trifft, verbunden, wegen des gemeinen Bestens Beschwerden über sich zu nehmen, ja Glieder und Leben zu lassen. Will sich jemand hierüber beklagen, so muß er sich einen Staat wünschen, wo keine Ordnun- gen und keine Gesetze sind, und wo ein je- der sein eigener Herr ist. Wer sich aber einen solchen verwirrten und unsichern Staat recht vorzustellen weiß, wird lieber an einem Orte wohnen, wo Gesetze und Ordnungen sind, wenn gleich bisweilen ei- nige um des gemeinen Bestens willen lei- den müssen, und manche Ordnung einem Unschuldigen zur Last gereichet.
§. 11.
er nicht ewig in der Geſellſchaft der Laſter- haften ſeyn moͤge. Man wird ſagen, es koͤnne ſich aber auch begeben, daß ein Tu- gendhafter bey aller angewandten Klugheit einen boͤſen Ehegatten bekommen, und von ſelbigen auf das haͤrteſte gehalten werde. Ein ſolcher wuͤrde denn doch unſchuldiger Weiſe bey der Unzertrennlichkeit der Ehen leiden. Daß ſich dergleichen Faͤlle bege- ben, ſtehet ganz und gar nicht zu leugnen. Sollen aber alle Geſetze aufgehoben wer- den, bey welchen zu Zeiten ein Tugendhaf- ter unſchuldiger Weiſe leiden muß, wird auch ein einiges Geſetz bleiben? Es iſt bey den Geſetzen vor allen Dingen auf die Wolfahrt des Ganzen zu ſehen, und wo- bey die Wenigſten leiden, und da iſt ja, wie bekannt, ein jeder, wenn es ihn eben trifft, verbunden, wegen des gemeinen Beſtens Beſchwerden uͤber ſich zu nehmen, ja Glieder und Leben zu laſſen. Will ſich jemand hieruͤber beklagen, ſo muß er ſich einen Staat wuͤnſchen, wo keine Ordnun- gen und keine Geſetze ſind, und wo ein je- der ſein eigener Herr iſt. Wer ſich aber einen ſolchen verwirrten und unſichern Staat recht vorzuſtellen weiß, wird lieber an einem Orte wohnen, wo Geſetze und Ordnungen ſind, wenn gleich bisweilen ei- nige um des gemeinen Beſtens willen lei- den muͤſſen, und manche Ordnung einem Unſchuldigen zur Laſt gereichet.
§. 11.
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er nicht ewig in der Geſellſchaft der Laſter-
haften ſeyn moͤge. Man wird ſagen, es
koͤnne ſich aber auch begeben, daß ein Tu-
gendhafter bey aller angewandten Klugheit
einen boͤſen Ehegatten bekommen, und von
ſelbigen auf das haͤrteſte gehalten werde.
Ein ſolcher wuͤrde denn doch unſchuldiger
Weiſe bey der Unzertrennlichkeit der Ehen
leiden. Daß ſich dergleichen Faͤlle bege-
ben, ſtehet ganz und gar nicht zu leugnen.
Sollen aber alle Geſetze aufgehoben wer-
den, bey welchen zu Zeiten ein Tugendhaf-
ter unſchuldiger Weiſe leiden muß, wird
auch ein einiges Geſetz bleiben? Es iſt bey
den Geſetzen vor allen Dingen auf die
Wolfahrt des Ganzen zu ſehen, und wo-
bey die Wenigſten leiden, und da iſt ja,
wie bekannt, ein jeder, wenn es ihn eben
trifft, verbunden, wegen des gemeinen
Beſtens Beſchwerden uͤber ſich zu nehmen,
ja Glieder und Leben zu laſſen. Will ſich
jemand hieruͤber beklagen, ſo muß er ſich
einen Staat wuͤnſchen, wo keine Ordnun-
gen und keine Geſetze ſind, und wo ein je-
der ſein eigener Herr iſt. Wer ſich aber
einen ſolchen verwirrten und unſichern
Staat recht vorzuſtellen weiß, wird lieber
an einem Orte wohnen, wo Geſetze und
Ordnungen ſind, wenn gleich bisweilen ei-
nige um des gemeinen Beſtens willen lei-
den muͤſſen, und manche Ordnung einem
Unſchuldigen zur Laſt gereichet.
§. 11.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/287>, abgerufen am 23.11.2024.
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