mein wurden, daß Seneca bezeuget, wie zu seiner Zeit die Frauen die Jahre nicht mehr nach den Burgemeistern, als sonsten gewöhnlich war, sondern nach der Anzahl ihrer Männer zähleten, die sie nach einan- der nähmen. Sie heiratheten um sich schei- den zu können, und scheideten sich um wie- der heirathen zu können *).
§. 10.
Ob sich un- verträgliche Ehegatten scheiden dürfen.
Wie aber, wenn Ehegatten sich zu- sammen gefügt, deren Gemüther sich nicht zusammen schicken, und welche daher in beständiger Uneinigkeit leben? Die Ant- wort ist leicht. Sie befleissigen sich beyder- seits der Tugend, so werden sich ihre Ge- müther zusammen schicken, und es wird Einigkeit unter ihnen seyn. Gefället ihnen solches nicht, so ist es gar billig, daß sie die Folgen der Laster empfinden. Sähe man sowol bey der Wahl eines Ehegatten, als auch in der Ehe selber, vor allen Din- gen auf wahre Tugend, so würden nicht so viele unglückliche Ehen gefunden werden. Da aber viele die Tugend als das gering- ste Heirathsgut ansehen, so geschiehet ih- nen gar recht, wenn sie hier schon die Höl- le fühlen. Vielleicht wird mancher noch dadurch bewegt, darnach zu trachten, daß
er
*)Seneca Tractat. de Beneficiis. Lib. III. C. XVI.
mein wurden, daß Seneca bezeuget, wie zu ſeiner Zeit die Frauen die Jahre nicht mehr nach den Burgemeiſtern, als ſonſten gewoͤhnlich war, ſondern nach der Anzahl ihrer Maͤnner zaͤhleten, die ſie nach einan- der naͤhmen. Sie heiratheten um ſich ſchei- den zu koͤnnen, und ſcheideten ſich um wie- der heirathen zu koͤnnen *).
§. 10.
Ob ſich un- vertraͤgliche Ehegatten ſcheiden duͤrfen.
Wie aber, wenn Ehegatten ſich zu- ſammen gefuͤgt, deren Gemuͤther ſich nicht zuſammen ſchicken, und welche daher in beſtaͤndiger Uneinigkeit leben? Die Ant- wort iſt leicht. Sie befleiſſigen ſich beyder- ſeits der Tugend, ſo werden ſich ihre Ge- muͤther zuſammen ſchicken, und es wird Einigkeit unter ihnen ſeyn. Gefaͤllet ihnen ſolches nicht, ſo iſt es gar billig, daß ſie die Folgen der Laſter empfinden. Saͤhe man ſowol bey der Wahl eines Ehegatten, als auch in der Ehe ſelber, vor allen Din- gen auf wahre Tugend, ſo wuͤrden nicht ſo viele ungluͤckliche Ehen gefunden werden. Da aber viele die Tugend als das gering- ſte Heirathsgut anſehen, ſo geſchiehet ih- nen gar recht, wenn ſie hier ſchon die Hoͤl- le fuͤhlen. Vielleicht wird mancher noch dadurch bewegt, darnach zu trachten, daß
er
*)Seneca Tractat. de Beneficiis. Lib. III. C. XVI.
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mein wurden, daß Seneca bezeuget, wie
zu ſeiner Zeit die Frauen die Jahre nicht
mehr nach den Burgemeiſtern, als ſonſten
gewoͤhnlich war, ſondern nach der Anzahl
ihrer Maͤnner zaͤhleten, die ſie nach einan-
der naͤhmen. Sie heiratheten um ſich ſchei-
den zu koͤnnen, und ſcheideten ſich um wie-
der heirathen zu koͤnnen *).
§. 10.
Wie aber, wenn Ehegatten ſich zu-
ſammen gefuͤgt, deren Gemuͤther ſich nicht
zuſammen ſchicken, und welche daher in
beſtaͤndiger Uneinigkeit leben? Die Ant-
wort iſt leicht. Sie befleiſſigen ſich beyder-
ſeits der Tugend, ſo werden ſich ihre Ge-
muͤther zuſammen ſchicken, und es wird
Einigkeit unter ihnen ſeyn. Gefaͤllet ihnen
ſolches nicht, ſo iſt es gar billig, daß ſie
die Folgen der Laſter empfinden. Saͤhe
man ſowol bey der Wahl eines Ehegatten,
als auch in der Ehe ſelber, vor allen Din-
gen auf wahre Tugend, ſo wuͤrden nicht
ſo viele ungluͤckliche Ehen gefunden werden.
Da aber viele die Tugend als das gering-
ſte Heirathsgut anſehen, ſo geſchiehet ih-
nen gar recht, wenn ſie hier ſchon die Hoͤl-
le fuͤhlen. Vielleicht wird mancher noch
dadurch bewegt, darnach zu trachten, daß
er
*) Seneca Tractat. de Beneficiis. Lib. III.
C. XVI.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/286>, abgerufen am 23.11.2024.
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