Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.theil am Tage liegt. Jst es aber unmög- lich, daß ein jedes Ding den höchsten oder wenigstens einen sehr hohen Grad gewis- ser Vollkommenheiten erreiche, so ha[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt] GOt[t] einer Seele und Geiste nicht eben so ver-
hält, wie mit einem Cörper. Ein Cörpe[r] ist aus vielen Substantzen und also aus vielen Kräften zusammen gesetzt, dere[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt] eine der andern hilft, und in demselbe[n] kan dahero die Kraft durch einen Zusatz vermehret werden, eben wie die Kraft de[r] ziehenden Pferde vor einem Wagen ver- grössert wird, wenn man mehr Pferde da- vor spannet. Mit den Seelen und Gei- stern aber hat es eine gantz andere Be- wandniß. Selbige sind nicht aus Theilen zusammen gesetzt, sondern sind einfache oder immaterielle Dinge, und können da- hero durch keinen Zusatz anderer Theile er- höhet werden. Soll also ihre Kraft ver- ändert werden und ein besser Vermögen zu würcken erhalten, so muß es mit ihnen eben so zugehen, als wenn man eine höl- tzerne Bauerhütte in einen steinern Pallast verwandeln will. Es muß nemlich die er- ste Substantz vernichtet und eine andere an deren Stelle gesetzt werden. Aber wie? kan denn nicht die niedere Kraft aus der Substantz hinweg genommen und eine neue und bessere gleichsam hinein gegossen werden? Diesen Einwurf kan niemand machen, als derjenige, welcher in den Ge- dancken stehet, es wären die Substantzen und ihre Kräfte in der Natur eben so von einander unterschieden wie das Glaß und der theil am Tage liegt. Jſt es aber unmoͤg- lich, daß ein jedes Ding den hoͤchſten oder wenigſtens einen ſehr hohen Grad gewiſ- ſer Vollkommenheiten erreiche, ſo ha[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt] GOt[t] einer Seele und Geiſte nicht eben ſo ver-
haͤlt, wie mit einem Coͤrper. Ein Coͤrpe[r] iſt aus vielen Subſtantzen und alſo aus vielen Kraͤften zuſammen geſetzt, dere[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt] eine der andern hilft, und in demſelbe[n] kan dahero die Kraft durch einen Zuſatz vermehret werden, eben wie die Kraft de[r] ziehenden Pferde vor einem Wagen ver- groͤſſert wird, wenn man mehr Pferde da- vor ſpannet. Mit den Seelen und Gei- ſtern aber hat es eine gantz andere Be- wandniß. Selbige ſind nicht aus Theilen zuſammen geſetzt, ſondern ſind einfache oder immaterielle Dinge, und koͤnnen da- hero durch keinen Zuſatz anderer Theile er- hoͤhet werden. Soll alſo ihre Kraft ver- aͤndert werden und ein beſſer Vermoͤgen zu wuͤrcken erhalten, ſo muß es mit ihnen eben ſo zugehen, als wenn man eine hoͤl- tzerne Bauerhuͤtte in einen ſteineꝛn Pallaſt verwandeln will. Es muß nemlich die er- ſte Subſtantz vernichtet und eine andere an deren Stelle geſetzt werden. Aber wie? kan denn nicht die niedere Kraft aus der Subſtantz hinweg genommen und eine neue und beſſere gleichſam hinein gegoſſen werden? Dieſen Einwurf kan niemand machen, als derjenige, welcher in den Ge- dancken ſtehet, es waͤren die Subſtantzen und ihre Kraͤfte in der Natur eben ſo von einander unterſchieden wie das Glaß und der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0340" n="308[304]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> theil am Tage liegt. Jſt es aber unmoͤg-<lb/> lich, daß ein jedes Ding den hoͤchſten oder<lb/> wenigſtens einen ſehr hohen Grad gewiſ-<lb/> ſer Vollkommenheiten erreiche, ſo ha<gap reason="lost" unit="chars" quantity="1"/><lb/> <fw place="bottom" type="catch">GOt<supplied>t</supplied></fw><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><note next="#a34" xml:id="a33" prev="#a32" place="foot" n="(*)">einer Seele und Geiſte nicht eben ſo ver-<lb/> haͤlt, wie mit einem Coͤrper. Ein Coͤrpe<supplied>r</supplied><lb/> iſt aus vielen Subſtantzen und alſo aus<lb/> vielen Kraͤften zuſammen geſetzt, dere<gap reason="lost" unit="chars" quantity="1"/><lb/> eine der andern hilft, und in demſelbe<supplied>n</supplied><lb/> kan dahero die Kraft durch einen Zuſatz<lb/> vermehret werden, eben wie die Kraft de<supplied>r</supplied><lb/> ziehenden Pferde vor einem Wagen ver-<lb/> groͤſſert wird, wenn man mehr Pferde da-<lb/> vor ſpannet. Mit den Seelen und Gei-<lb/> ſtern aber hat es eine gantz andere Be-<lb/> wandniß. Selbige ſind nicht aus Theilen<lb/> zuſammen geſetzt, ſondern ſind einfache<lb/> oder immaterielle Dinge, und koͤnnen da-<lb/> hero durch keinen Zuſatz anderer Theile er-<lb/> hoͤhet werden. Soll alſo ihre Kraft ver-<lb/> aͤndert werden und ein beſſer Vermoͤgen<lb/> zu wuͤrcken erhalten, ſo muß es mit ihnen<lb/> eben ſo zugehen, als wenn man eine hoͤl-<lb/> tzerne Bauerhuͤtte in einen ſteineꝛn Pallaſt<lb/> verwandeln will. Es muß nemlich die er-<lb/> ſte Subſtantz vernichtet und eine andere an<lb/> deren Stelle geſetzt werden. Aber wie?<lb/> kan denn nicht die niedere Kraft aus der<lb/> Subſtantz hinweg genommen und eine<lb/> neue und beſſere gleichſam hinein gegoſſen<lb/> werden? Dieſen Einwurf kan niemand<lb/> machen, als derjenige, welcher in den Ge-<lb/> dancken ſtehet, es waͤren die Subſtantzen<lb/> und ihre Kraͤfte in der Natur eben ſo von<lb/> einander unterſchieden wie das Glaß und<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308[304]/0340]
theil am Tage liegt. Jſt es aber unmoͤg-
lich, daß ein jedes Ding den hoͤchſten oder
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ſer Vollkommenheiten erreiche, ſo ha_
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(*) einer Seele und Geiſte nicht eben ſo ver-
haͤlt, wie mit einem Coͤrper. Ein Coͤrper
iſt aus vielen Subſtantzen und alſo aus
vielen Kraͤften zuſammen geſetzt, dere_
eine der andern hilft, und in demſelben
kan dahero die Kraft durch einen Zuſatz
vermehret werden, eben wie die Kraft der
ziehenden Pferde vor einem Wagen ver-
groͤſſert wird, wenn man mehr Pferde da-
vor ſpannet. Mit den Seelen und Gei-
ſtern aber hat es eine gantz andere Be-
wandniß. Selbige ſind nicht aus Theilen
zuſammen geſetzt, ſondern ſind einfache
oder immaterielle Dinge, und koͤnnen da-
hero durch keinen Zuſatz anderer Theile er-
hoͤhet werden. Soll alſo ihre Kraft ver-
aͤndert werden und ein beſſer Vermoͤgen
zu wuͤrcken erhalten, ſo muß es mit ihnen
eben ſo zugehen, als wenn man eine hoͤl-
tzerne Bauerhuͤtte in einen ſteineꝛn Pallaſt
verwandeln will. Es muß nemlich die er-
ſte Subſtantz vernichtet und eine andere an
deren Stelle geſetzt werden. Aber wie?
kan denn nicht die niedere Kraft aus der
Subſtantz hinweg genommen und eine
neue und beſſere gleichſam hinein gegoſſen
werden? Dieſen Einwurf kan niemand
machen, als derjenige, welcher in den Ge-
dancken ſtehet, es waͤren die Subſtantzen
und ihre Kraͤfte in der Natur eben ſo von
einander unterſchieden wie das Glaß und
der
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