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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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feln, daß solches angehe. Es wird dieses
daher sehr muthmaßlich, weil GOtt we-
der den Engeln noch auch Christo die Fer-
tigkeit in allen Tugenden anerschaffen, son-
dern sie gleichfalls eine Zeitlang im Guten
geübt und versucht, und sie dadurch im Gu-
ten befestiget. Wenigstens ist dieses aus
dem vollkommensten Willen GOttes, wel-
cher niemahls das schlechtere dem bessern
vorziehet, gewiß, daß kein ander Weg eine
endliche Creatur auf den höchsten Gipffol
der Tugend zu führen, besser sey, als derje-
nige, auf welchem man verschiedene Stei-
ne des Anstosses vorüber gehen muß, als
welche die Standhafftigkeit eines solchen
Geistes üben und unüberwindlich machen.
(Siehe §. 3. 4.) Es scheinen mir hierinnen
alle freye Creaturen, so ohne Sünde den
Schauplatz der Welt betreten, hertzhaff-
ten Soldaten gleich zu seyn, deren natür-
licher Muth nicht ehender fest und unver-
änderlich wird, bis er in einigen Schlach-
ten die Probe ausgehalten, und den Sieg
darvon getragen.

§. 8.

Noch eine Frage muß ich hierbey be-Warum
GOtt den
verbothe-
nen Baum

antworten, nemlich: Warum doch der

Schöpf-
P 2





feln, daß ſolches angehe. Es wird dieſes
daher ſehr muthmaßlich, weil GOtt we-
der den Engeln noch auch Chriſto die Fer-
tigkeit in allen Tugenden anerſchaffen, ſon-
dern ſie gleichfalls eine Zeitlang im Guten
geuͤbt und verſucht, und ſie dadurch im Gu-
ten befeſtiget. Wenigſtens iſt dieſes aus
dem vollkommenſten Willen GOttes, wel-
cher niemahls das ſchlechtere dem beſſern
vorziehet, gewiß, daß kein ander Weg eine
endliche Creatur auf den hoͤchſten Gipffol
der Tugend zu fuͤhren, beſſer ſey, als derje-
nige, auf welchem man verſchiedene Stei-
ne des Anſtoſſes voruͤber gehen muß, als
welche die Standhafftigkeit eines ſolchen
Geiſtes uͤben und unuͤberwindlich machen.
(Siehe §. 3. 4.) Es ſcheinen mir hierinnen
alle freye Creaturen, ſo ohne Suͤnde den
Schauplatz der Welt betreten, hertzhaff-
ten Soldaten gleich zu ſeyn, deren natuͤr-
licher Muth nicht ehender feſt und unver-
aͤnderlich wird, bis er in einigen Schlach-
ten die Probe ausgehalten, und den Sieg
darvon getragen.

§. 8.

Noch eine Frage muß ich hierbey be-Warum
GOtt den
verbothe-
nẽ Baum

antworten, nemlich: Warum doch der

Schoͤpf-
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[227[223]/0259] feln, daß ſolches angehe. Es wird dieſes daher ſehr muthmaßlich, weil GOtt we- der den Engeln noch auch Chriſto die Fer- tigkeit in allen Tugenden anerſchaffen, ſon- dern ſie gleichfalls eine Zeitlang im Guten geuͤbt und verſucht, und ſie dadurch im Gu- ten befeſtiget. Wenigſtens iſt dieſes aus dem vollkommenſten Willen GOttes, wel- cher niemahls das ſchlechtere dem beſſern vorziehet, gewiß, daß kein ander Weg eine endliche Creatur auf den hoͤchſten Gipffol der Tugend zu fuͤhren, beſſer ſey, als derje- nige, auf welchem man verſchiedene Stei- ne des Anſtoſſes voruͤber gehen muß, als welche die Standhafftigkeit eines ſolchen Geiſtes uͤben und unuͤberwindlich machen. (Siehe §. 3. 4.) Es ſcheinen mir hierinnen alle freye Creaturen, ſo ohne Suͤnde den Schauplatz der Welt betreten, hertzhaff- ten Soldaten gleich zu ſeyn, deren natuͤr- licher Muth nicht ehender feſt und unver- aͤnderlich wird, bis er in einigen Schlach- ten die Probe ausgehalten, und den Sieg darvon getragen. §. 8. Noch eine Frage muß ich hierbey be- antworten, nemlich: Warum doch der Schoͤpf- Warum GOtt den verbothe- nẽ Baum P 2

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 227[223]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/259>, abgerufen am 22.11.2024.