kommen, wie groß auch der äusserliche Auf- wand dazu sey. Darum bestehe ich darauf, es muß doch anders seyn, als die Herren, um ja nur zu bleiben wie sie sind, es ha- ben wollen.
Zwischen Clerdon und mir ist es dahin ge- kommen, daß wir über diesen Punkt in offen- barer Feindschaft leben; denn ich gebe für jenseits der Erde meine ganze Sinnlichkeit auf, und streite für meine ganze Sinnlichkeit diesseits, daß man sie bey Ehren lasse; Clerdon hingegen will die Sinnlichkeit hier um alle Ehre bringen, und dann doch zuletzt mit ihr gen Himmel fahren. Ich bin schon einige mal recht böse geworden, und Clerdon ist auch böse geworden. Er hat ein Buch von einem Engländer, Berkeley, vorn mit einem Kupferstiche, worauf ein Kind vorge- stellt ist, das nach seiner Erscheinung in einem Spiegel greift, und diese für ein wirkliches Wesen hält. Daneben sitzt ein ehrwürdiger Philosoph, der über den Irrthum des Kindes
kommen, wie groß auch der aͤuſſerliche Auf- wand dazu ſey. Darum beſtehe ich darauf, es muß doch anders ſeyn, als die Herren, um ja nur zu bleiben wie ſie ſind, es ha- ben wollen.
Zwiſchen Clerdon und mir iſt es dahin ge- kommen, daß wir uͤber dieſen Punkt in offen- barer Feindſchaft leben; denn ich gebe fuͤr jenſeits der Erde meine ganze Sinnlichkeit auf, und ſtreite fuͤr meine ganze Sinnlichkeit dieſſeits, daß man ſie bey Ehren laſſe; Clerdon hingegen will die Sinnlichkeit hier um alle Ehre bringen, und dann doch zuletzt mit ihr gen Himmel fahren. Ich bin ſchon einige mal recht boͤſe geworden, und Clerdon iſt auch boͤſe geworden. Er hat ein Buch von einem Englaͤnder, Berkeley, vorn mit einem Kupferſtiche, worauf ein Kind vorge- ſtellt iſt, das nach ſeiner Erſcheinung in einem Spiegel greift, und dieſe fuͤr ein wirkliches Weſen haͤlt. Daneben ſitzt ein ehrwuͤrdiger Philoſoph, der uͤber den Irrthum des Kindes
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kommen, wie groß auch der aͤuſſerliche Auf-
wand dazu ſey. Darum beſtehe ich darauf,
es muß doch anders ſeyn, als die Herren,
um ja nur zu bleiben wie ſie ſind, es ha-
ben wollen.
Zwiſchen Clerdon und mir iſt es dahin ge-
kommen, daß wir uͤber dieſen Punkt in offen-
barer Feindſchaft leben; denn ich gebe fuͤr
jenſeits der Erde meine ganze Sinnlichkeit
auf, und ſtreite fuͤr meine ganze Sinnlichkeit
dieſſeits, daß man ſie bey Ehren laſſe;
Clerdon hingegen will die Sinnlichkeit hier um
alle Ehre bringen, und dann doch zuletzt mit
ihr gen Himmel fahren. Ich bin ſchon
einige mal recht boͤſe geworden, und Clerdon
iſt auch boͤſe geworden. Er hat ein Buch
von einem Englaͤnder, Berkeley, vorn mit
einem Kupferſtiche, worauf ein Kind vorge-
ſtellt iſt, das nach ſeiner Erſcheinung in einem
Spiegel greift, und dieſe fuͤr ein wirkliches
Weſen haͤlt. Daneben ſitzt ein ehrwuͤrdiger
Philoſoph, der uͤber den Irrthum des Kindes
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/178>, abgerufen am 21.11.2024.
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