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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792.

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haben sie nie; darum kann ihnen nie genügen;
darum sind sie -- ohnmächtig zur Liebe.
Wir Arme merken das nicht gleich; wir
glauben wohl gar eine Zeitlang stärker geliebt
zu seyn, als wir selbst lieben. Aber, o wie
bald offenbart sich das anders! -- Da stehen
wir dann dem Geliebten gegen über, und
fühlen durch unser ganzes Wesen: -- Dein!
-- fühlen durch unser ganzes Wesen: --
nicht Mein! ... Wenn Du das Gräß-
liche -- die unaussprechliche Schmach des
Gefühls ahnden könntest: -- ich -- Dein!
Du
-- nicht Mein
! -- -- Verloren zu
seyn, ganz verloren an einen andern ...
Unser eigenes Selbst entflohen aus uns --
entflohen aus Ihm ... Gar kein Daseyn
mehr! Man ist verschwunden unter den Le-
bendigen; getilget mit Schande aus ihrer
Zahl -- Elend ohne Maaß, ohne Namen! ...


haben ſie nie; darum kann ihnen nie genuͤgen;
darum ſind ſie — ohnmaͤchtig zur Liebe.
Wir Arme merken das nicht gleich; wir
glauben wohl gar eine Zeitlang ſtaͤrker geliebt
zu ſeyn, als wir ſelbſt lieben. Aber, o wie
bald offenbart ſich das anders! — Da ſtehen
wir dann dem Geliebten gegen uͤber, und
fuͤhlen durch unſer ganzes Weſen: — Dein!
— fuͤhlen durch unſer ganzes Weſen: —
nicht Mein! … Wenn Du das Graͤß-
liche — die unausſprechliche Schmach des
Gefuͤhls ahnden koͤnnteſt: — ich — Dein!
Du
— nicht Mein
! — — Verloren zu
ſeyn, ganz verloren an einen andern …
Unſer eigenes Selbſt entflohen aus uns
entflohen aus Ihm … Gar kein Daſeyn
mehr! Man iſt verſchwunden unter den Le-
bendigen; getilget mit Schande aus ihrer
Zahl — Elend ohne Maaß, ohne Namen! …


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[118/0156] haben ſie nie; darum kann ihnen nie genuͤgen; darum ſind ſie — ohnmaͤchtig zur Liebe. Wir Arme merken das nicht gleich; wir glauben wohl gar eine Zeitlang ſtaͤrker geliebt zu ſeyn, als wir ſelbſt lieben. Aber, o wie bald offenbart ſich das anders! — Da ſtehen wir dann dem Geliebten gegen uͤber, und fuͤhlen durch unſer ganzes Weſen: — Dein! — fuͤhlen durch unſer ganzes Weſen: — nicht Mein! … Wenn Du das Graͤß- liche — die unausſprechliche Schmach des Gefuͤhls ahnden koͤnnteſt: — ich — Dein! Du — nicht Mein! — — Verloren zu ſeyn, ganz verloren an einen andern … Unſer eigenes Selbſt entflohen aus uns — entflohen aus Ihm … Gar kein Daſeyn mehr! Man iſt verſchwunden unter den Le- bendigen; getilget mit Schande aus ihrer Zahl — Elend ohne Maaß, ohne Namen! …

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Zitationshilfe: Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/156>, abgerufen am 21.11.2024.