Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

zum minder Schlimmen, und diese sind in der
Menschenbrust, selbst in der rohsten, oft nicht lang-
samer als die Werke jenes Teufels.

Der rothhaarige tückische Knecht, welcher noch
so eben selbst an Mordbrennerei und Raub gedacht
und sich in dem Augenblicke, wo er den Spielmann
erblickte, nur geärgert hatte, daß sein Vorhaben
durch einen Lauscher vereitelt werde, hegte schon
in der zweiten Hälfte des nämlichen Augenblicks
keinen anderen Gedanken, als daß der Spitzbube
von Spielmann seinen Herrn bestehlen wolle, und
daß er, der Knecht, das nicht leiden dürfe, son-
dern den Dieb festnehmen und dem Hofschulzen
überliefern müsse. Er stürzte also die Treppe hinauf,
fiel vor übergroßer Eile über einen Kasten, der
oben auf dem Gange stand, so, daß er sich vor
Schmerz nur langsam aufrichten konnte, ließ aber
dennoch von seinem Vorsatze nicht ab, sondern
setzte die Verfolgung fort, wenn auch langsamer,
als er sie angefangen hatte.

Oben auf dem Söller kam ihm der Spielmann
aus der Ecke, worin sich der Verschlag des Jägers
befand, entgegen. Der Knecht, dessen Arme von
dem Falle nicht gelitten hatten, packte ihn bei der

zum minder Schlimmen, und dieſe ſind in der
Menſchenbruſt, ſelbſt in der rohſten, oft nicht lang-
ſamer als die Werke jenes Teufels.

Der rothhaarige tückiſche Knecht, welcher noch
ſo eben ſelbſt an Mordbrennerei und Raub gedacht
und ſich in dem Augenblicke, wo er den Spielmann
erblickte, nur geärgert hatte, daß ſein Vorhaben
durch einen Lauſcher vereitelt werde, hegte ſchon
in der zweiten Hälfte des nämlichen Augenblicks
keinen anderen Gedanken, als daß der Spitzbube
von Spielmann ſeinen Herrn beſtehlen wolle, und
daß er, der Knecht, das nicht leiden dürfe, ſon-
dern den Dieb feſtnehmen und dem Hofſchulzen
überliefern müſſe. Er ſtürzte alſo die Treppe hinauf,
fiel vor übergroßer Eile über einen Kaſten, der
oben auf dem Gange ſtand, ſo, daß er ſich vor
Schmerz nur langſam aufrichten konnte, ließ aber
dennoch von ſeinem Vorſatze nicht ab, ſondern
ſetzte die Verfolgung fort, wenn auch langſamer,
als er ſie angefangen hatte.

Oben auf dem Söller kam ihm der Spielmann
aus der Ecke, worin ſich der Verſchlag des Jägers
befand, entgegen. Der Knecht, deſſen Arme von
dem Falle nicht gelitten hatten, packte ihn bei der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0039" n="27"/>
zum minder Schlimmen, und die&#x017F;e &#x017F;ind in der<lb/>
Men&#x017F;chenbru&#x017F;t, &#x017F;elb&#x017F;t in der roh&#x017F;ten, oft nicht lang-<lb/>
&#x017F;amer als die Werke jenes Teufels.</p><lb/>
          <p>Der rothhaarige tücki&#x017F;che Knecht, welcher noch<lb/>
&#x017F;o eben &#x017F;elb&#x017F;t an Mordbrennerei und Raub gedacht<lb/>
und &#x017F;ich in dem Augenblicke, wo er den Spielmann<lb/>
erblickte, nur geärgert hatte, daß &#x017F;ein Vorhaben<lb/>
durch einen Lau&#x017F;cher vereitelt werde, hegte &#x017F;chon<lb/>
in der zweiten Hälfte des nämlichen Augenblicks<lb/>
keinen anderen Gedanken, als daß der Spitzbube<lb/>
von Spielmann &#x017F;einen Herrn be&#x017F;tehlen wolle, und<lb/>
daß er, der Knecht, das nicht leiden dürfe, &#x017F;on-<lb/>
dern den Dieb fe&#x017F;tnehmen und dem Hof&#x017F;chulzen<lb/>
überliefern mü&#x017F;&#x017F;e. Er &#x017F;türzte al&#x017F;o die Treppe hinauf,<lb/>
fiel vor übergroßer Eile über einen Ka&#x017F;ten, der<lb/>
oben auf dem Gange &#x017F;tand, &#x017F;o, daß er &#x017F;ich vor<lb/>
Schmerz nur lang&#x017F;am aufrichten konnte, ließ aber<lb/>
dennoch von &#x017F;einem Vor&#x017F;atze nicht ab, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;etzte die Verfolgung fort, wenn auch lang&#x017F;amer,<lb/>
als er &#x017F;ie angefangen hatte.</p><lb/>
          <p>Oben auf dem Söller kam ihm der Spielmann<lb/>
aus der Ecke, worin &#x017F;ich der Ver&#x017F;chlag des Jägers<lb/>
befand, entgegen. Der Knecht, de&#x017F;&#x017F;en Arme von<lb/>
dem Falle nicht gelitten hatten, packte ihn bei der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0039] zum minder Schlimmen, und dieſe ſind in der Menſchenbruſt, ſelbſt in der rohſten, oft nicht lang- ſamer als die Werke jenes Teufels. Der rothhaarige tückiſche Knecht, welcher noch ſo eben ſelbſt an Mordbrennerei und Raub gedacht und ſich in dem Augenblicke, wo er den Spielmann erblickte, nur geärgert hatte, daß ſein Vorhaben durch einen Lauſcher vereitelt werde, hegte ſchon in der zweiten Hälfte des nämlichen Augenblicks keinen anderen Gedanken, als daß der Spitzbube von Spielmann ſeinen Herrn beſtehlen wolle, und daß er, der Knecht, das nicht leiden dürfe, ſon- dern den Dieb feſtnehmen und dem Hofſchulzen überliefern müſſe. Er ſtürzte alſo die Treppe hinauf, fiel vor übergroßer Eile über einen Kaſten, der oben auf dem Gange ſtand, ſo, daß er ſich vor Schmerz nur langſam aufrichten konnte, ließ aber dennoch von ſeinem Vorſatze nicht ab, ſondern ſetzte die Verfolgung fort, wenn auch langſamer, als er ſie angefangen hatte. Oben auf dem Söller kam ihm der Spielmann aus der Ecke, worin ſich der Verſchlag des Jägers befand, entgegen. Der Knecht, deſſen Arme von dem Falle nicht gelitten hatten, packte ihn bei der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/39
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/39>, abgerufen am 24.11.2024.