einen Boden unter die Füße geben, nicht den Bo- den unter den Füßen wegziehen. Ein Geschäft muß ein Object haben, Liebe ist aber kein Object. Liebe gehört zur Ehe, wie der fröhliche Trunk zum Abschluß eines guten Kaufes; aber über das Glas Wein schließt man den Handel nicht. Er braucht noch gar nicht zu heirathen, denn er ist noch sehr jung, will er es aber thun, so giebt es unter unseren Gräfinnen und Fürstinnen und unter denen nebenan in Baden und Bayern auch schöne, blü- hende, gute Mädchen; darunter soll er sich aus- lesen, die Bettlerin aber soll er lassen.
Ich weiß wohl, daß jedes mißgefügte Liebes- paar von seiner Thorheit einen neuen Himmel und eine neue Erde datirt und die erste probehaltige Ausnahme. Wenn man aber nach wenigen Jahren die sogenannten Ausnahmen wieder sieht mit han- genden Flügeln, den Schmetterlingsstaub jämmer- lich von den Schwingen gerieben, vernützt, abge- blaßt, so wendet sich Einem das Herz im Leibe bei dem Anblicke von so trübseligen Bestätigungen der allgemeinen Regel um.
Der Diaconus, dessen Verstand unwillig Man- ches zugeben mußte, was der Andere vorbrachte,
einen Boden unter die Füße geben, nicht den Bo- den unter den Füßen wegziehen. Ein Geſchäft muß ein Object haben, Liebe iſt aber kein Object. Liebe gehört zur Ehe, wie der fröhliche Trunk zum Abſchluß eines guten Kaufes; aber über das Glas Wein ſchließt man den Handel nicht. Er braucht noch gar nicht zu heirathen, denn er iſt noch ſehr jung, will er es aber thun, ſo giebt es unter unſeren Gräfinnen und Fürſtinnen und unter denen nebenan in Baden und Bayern auch ſchöne, blü- hende, gute Mädchen; darunter ſoll er ſich aus- leſen, die Bettlerin aber ſoll er laſſen.
Ich weiß wohl, daß jedes mißgefügte Liebes- paar von ſeiner Thorheit einen neuen Himmel und eine neue Erde datirt und die erſte probehaltige Ausnahme. Wenn man aber nach wenigen Jahren die ſogenannten Ausnahmen wieder ſieht mit han- genden Flügeln, den Schmetterlingsſtaub jämmer- lich von den Schwingen gerieben, vernützt, abge- blaßt, ſo wendet ſich Einem das Herz im Leibe bei dem Anblicke von ſo trübſeligen Beſtätigungen der allgemeinen Regel um.
Der Diaconus, deſſen Verſtand unwillig Man- ches zugeben mußte, was der Andere vorbrachte,
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einen Boden unter die Füße geben, nicht den Bo-
den unter den Füßen wegziehen. Ein Geſchäft
muß ein Object haben, Liebe iſt aber kein Object.
Liebe gehört zur Ehe, wie der fröhliche Trunk zum
Abſchluß eines guten Kaufes; aber über das Glas
Wein ſchließt man den Handel nicht. Er braucht
noch gar nicht zu heirathen, denn er iſt noch ſehr
jung, will er es aber thun, ſo giebt es unter
unſeren Gräfinnen und Fürſtinnen und unter denen
nebenan in Baden und Bayern auch ſchöne, blü-
hende, gute Mädchen; darunter ſoll er ſich aus-
leſen, die Bettlerin aber ſoll er laſſen.
Ich weiß wohl, daß jedes mißgefügte Liebes-
paar von ſeiner Thorheit einen neuen Himmel und
eine neue Erde datirt und die erſte probehaltige
Ausnahme. Wenn man aber nach wenigen Jahren
die ſogenannten Ausnahmen wieder ſieht mit han-
genden Flügeln, den Schmetterlingsſtaub jämmer-
lich von den Schwingen gerieben, vernützt, abge-
blaßt, ſo wendet ſich Einem das Herz im Leibe
bei dem Anblicke von ſo trübſeligen Beſtätigungen
der allgemeinen Regel um.
Der Diaconus, deſſen Verſtand unwillig Man-
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/211>, abgerufen am 27.11.2024.
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