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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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bediente sich jetzt der Wendung, welche bei einem
Streite so ziemlich klar die Niederlage anzeigt.
Er sagte nämlich, daß diese Drohungen wohl nicht
ganz der Ernst des Oberamtmanns seyn möchten,
daß er gewiß Bedenken tragen werde, sie in ihrem
vollen Umfange auszuführen.

Darauf versetzte der Amtmann sehr kalt und
fest: Sie würden im Irrthume seyn, wenn Sie
diese Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl,
daß die Scherze, welche die junge Baronesse in
ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich
macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und
es mag auch wahr seyn, daß ich eine ziemlich son-
derbare und graue Actenfigur bin. -- Ich habe
neulich den sogenannten Patriotencaspar verhört,
darüber den Grafen vergessen, kam zu spät auf
den Oberhof und fand meinen Freund, der viel-
leicht gesund mit mir gefahren wäre, erst wieder,
als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa-
benstreich. -- Indessen kann man solche begehen
und doch bei manchem Puncte unbesieglich seyn. --
Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem
Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet,
wie von einem Felsen und daß ich dann fest zu

bediente ſich jetzt der Wendung, welche bei einem
Streite ſo ziemlich klar die Niederlage anzeigt.
Er ſagte nämlich, daß dieſe Drohungen wohl nicht
ganz der Ernſt des Oberamtmanns ſeyn möchten,
daß er gewiß Bedenken tragen werde, ſie in ihrem
vollen Umfange auszuführen.

Darauf verſetzte der Amtmann ſehr kalt und
feſt: Sie würden im Irrthume ſeyn, wenn Sie
dieſe Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl,
daß die Scherze, welche die junge Baroneſſe in
ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich
macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und
es mag auch wahr ſeyn, daß ich eine ziemlich ſon-
derbare und graue Actenfigur bin. — Ich habe
neulich den ſogenannten Patriotencaspar verhört,
darüber den Grafen vergeſſen, kam zu ſpät auf
den Oberhof und fand meinen Freund, der viel-
leicht geſund mit mir gefahren wäre, erſt wieder,
als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa-
benſtreich. — Indeſſen kann man ſolche begehen
und doch bei manchem Puncte unbeſieglich ſeyn. —
Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem
Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet,
wie von einem Felſen und daß ich dann feſt zu

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[200/0212] bediente ſich jetzt der Wendung, welche bei einem Streite ſo ziemlich klar die Niederlage anzeigt. Er ſagte nämlich, daß dieſe Drohungen wohl nicht ganz der Ernſt des Oberamtmanns ſeyn möchten, daß er gewiß Bedenken tragen werde, ſie in ihrem vollen Umfange auszuführen. Darauf verſetzte der Amtmann ſehr kalt und feſt: Sie würden im Irrthume ſeyn, wenn Sie dieſe Meinung wirklich hegten. Ich bemerke wohl, daß die Scherze, welche die junge Baroneſſe in ihrer liebenswürdigen Laune zuweilen über mich macht, Sie zum Lachen über mich anreizen, und es mag auch wahr ſeyn, daß ich eine ziemlich ſon- derbare und graue Actenfigur bin. — Ich habe neulich den ſogenannten Patriotencaspar verhört, darüber den Grafen vergeſſen, kam zu ſpät auf den Oberhof und fand meinen Freund, der viel- leicht geſund mit mir gefahren wäre, erſt wieder, als er blutend am Wege lag. Das war ein Schwa- benſtreich. — Indeſſen kann man ſolche begehen und doch bei manchem Puncte unbeſieglich ſeyn. — Glauben Sie mir, daß, wo ich mich in meinem Amte und Rechte fühle, Alles von mir abgleitet, wie von einem Felſen und daß ich dann feſt zu

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/212>, abgerufen am 02.05.2024.