Possen und seinen Ernst mit diesem letzten Theile. Darüber reden kann ich nicht; es wirke auf Sie, wie es eben die Kraft und Fähigkeit in sich besitzt. Aber einen offenen Brief schreibe ich Ihnen dazu vor dem Ange- sichte auch anderer Leser, denn Manches wollte ich Ihnen sagen, was sich in einem solchen doch noch besser ausnimmt, als unter einem Siegel, welches nur Ihre Hand erbräche.
Immer habe ich mich am glücklichsten gefühlt, wenn mein freies Gemüth sich zum Schuldner für empfangene Wohlthat bekennen durfte. Die- ses reine Glück empfinde ich auch jetzt, indem ich an Sie schreibe. -- Man hat mich oft einen Nachahmer genannt, und der Tadel, der in dieser Bezeichnung liegt, mag meine frühesten Versuche nicht ohne Grund getroffen haben, obgleich mich nie ein äffischer Trieb kitzelte, son- dern stäts ein innerer Drang bewegte. Später, als mich Leben und Bildung gereift hatten, meine ich jederzeit ein Eigenes gebracht zu haben, wenn ich mich fremden Mustern anlehnte. Ich vermied keine Reminiscenzen, weil ich wußte, daß diese doch immer ein nur mir gehöriges
Poſſen und ſeinen Ernſt mit dieſem letzten Theile. Daruͤber reden kann ich nicht; es wirke auf Sie, wie es eben die Kraft und Faͤhigkeit in ſich beſitzt. Aber einen offenen Brief ſchreibe ich Ihnen dazu vor dem Ange- ſichte auch anderer Leſer, denn Manches wollte ich Ihnen ſagen, was ſich in einem ſolchen doch noch beſſer ausnimmt, als unter einem Siegel, welches nur Ihre Hand erbraͤche.
Immer habe ich mich am gluͤcklichſten gefuͤhlt, wenn mein freies Gemuͤth ſich zum Schuldner fuͤr empfangene Wohlthat bekennen durfte. Die- ſes reine Gluͤck empfinde ich auch jetzt, indem ich an Sie ſchreibe. — Man hat mich oft einen Nachahmer genannt, und der Tadel, der in dieſer Bezeichnung liegt, mag meine fruͤheſten Verſuche nicht ohne Grund getroffen haben, obgleich mich nie ein aͤffiſcher Trieb kitzelte, ſon- dern ſtaͤts ein innerer Drang bewegte. Spaͤter, als mich Leben und Bildung gereift hatten, meine ich jederzeit ein Eigenes gebracht zu haben, wenn ich mich fremden Muſtern anlehnte. Ich vermied keine Reminiſcenzen, weil ich wußte, daß dieſe doch immer ein nur mir gehoͤriges
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0016"n="IV"/>
Poſſen und ſeinen Ernſt mit dieſem letzten<lb/>
Theile. Daruͤber reden kann ich nicht; es<lb/>
wirke auf Sie, wie es eben die Kraft und<lb/>
Faͤhigkeit in ſich beſitzt. Aber einen offenen<lb/>
Brief ſchreibe ich Ihnen dazu vor dem Ange-<lb/>ſichte auch anderer Leſer, denn Manches wollte<lb/>
ich Ihnen ſagen, was ſich in einem ſolchen<lb/>
doch noch beſſer ausnimmt, als unter einem<lb/>
Siegel, welches nur Ihre Hand erbraͤche.</p><lb/><p>Immer habe ich mich am gluͤcklichſten gefuͤhlt,<lb/>
wenn mein freies Gemuͤth ſich zum Schuldner<lb/>
fuͤr empfangene Wohlthat bekennen durfte. Die-<lb/>ſes reine Gluͤck empfinde ich auch jetzt, indem<lb/>
ich an Sie ſchreibe. — Man hat mich oft einen<lb/>
Nachahmer genannt, und der Tadel, der in<lb/>
dieſer Bezeichnung liegt, mag meine fruͤheſten<lb/>
Verſuche nicht ohne Grund getroffen haben,<lb/>
obgleich mich nie ein aͤffiſcher Trieb kitzelte, ſon-<lb/>
dern ſtaͤts ein innerer Drang bewegte. Spaͤter,<lb/>
als mich Leben und Bildung gereift hatten, meine<lb/>
ich jederzeit ein Eigenes gebracht zu haben,<lb/>
wenn ich mich fremden Muſtern anlehnte. Ich<lb/>
vermied keine Reminiſcenzen, weil ich wußte,<lb/>
daß dieſe doch immer ein nur mir gehoͤriges<lb/></p></div></body></text></TEI>
[IV/0016]
Poſſen und ſeinen Ernſt mit dieſem letzten
Theile. Daruͤber reden kann ich nicht; es
wirke auf Sie, wie es eben die Kraft und
Faͤhigkeit in ſich beſitzt. Aber einen offenen
Brief ſchreibe ich Ihnen dazu vor dem Ange-
ſichte auch anderer Leſer, denn Manches wollte
ich Ihnen ſagen, was ſich in einem ſolchen
doch noch beſſer ausnimmt, als unter einem
Siegel, welches nur Ihre Hand erbraͤche.
Immer habe ich mich am gluͤcklichſten gefuͤhlt,
wenn mein freies Gemuͤth ſich zum Schuldner
fuͤr empfangene Wohlthat bekennen durfte. Die-
ſes reine Gluͤck empfinde ich auch jetzt, indem
ich an Sie ſchreibe. — Man hat mich oft einen
Nachahmer genannt, und der Tadel, der in
dieſer Bezeichnung liegt, mag meine fruͤheſten
Verſuche nicht ohne Grund getroffen haben,
obgleich mich nie ein aͤffiſcher Trieb kitzelte, ſon-
dern ſtaͤts ein innerer Drang bewegte. Spaͤter,
als mich Leben und Bildung gereift hatten, meine
ich jederzeit ein Eigenes gebracht zu haben,
wenn ich mich fremden Muſtern anlehnte. Ich
vermied keine Reminiſcenzen, weil ich wußte,
daß dieſe doch immer ein nur mir gehoͤriges
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/16>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.