Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Gut, versetzte der Eingeweihte. Stock, Stein,
Gras, Grain, das ist wohl zu behalten. Aber
was bedeutet: Stock, Stein, Gras, Grain?

Neige dein Ohr zu meinem Munde, versetzte
der Freigraf, du sollst den heimlichen Sinn er-
fahren, den außer dir nicht einmal die Lüfte
hören dürfen.

Indem der Eidam sich zu den Lippen des
Schwiegervaters hinüberbeugte, rief aber der alte
Frohnbote überlaut: Halt! Das Ding ist geschän-
det, wir haben einen Lauscher in der Nähe, ich
hörte ein Geräusch ganz deutlich.

Nun ja, sagte Oswald, der hinter der alten
Linde hervortrat, gezwungen lachend, ich habe
Euch belauscht. Ich stand in dem hohlen Baume
da. Das Horchen, welches ich noch nie gethau,
wollte mir aber so schlecht behagen, daß ich mich
rührte, um fortzugehen, wo möglich da in den
Forst, Euch unbemerkt. Nehmt mir's nicht übel,
ich werde nichts von Euren Sachen verrathen, es
ist, als ob ich sie nicht gehört hätte. -- Er trat in
den Forst zurück und verlor sich unter den Bäumen.

Wie wenn bei einem fröhlichen Mahle plötzlich
ein fremder Eindringling durch eine ungeheure Be-

Gut, verſetzte der Eingeweihte. Stock, Stein,
Gras, Grain, das iſt wohl zu behalten. Aber
was bedeutet: Stock, Stein, Gras, Grain?

Neige dein Ohr zu meinem Munde, verſetzte
der Freigraf, du ſollſt den heimlichen Sinn er-
fahren, den außer dir nicht einmal die Lüfte
hören dürfen.

Indem der Eidam ſich zu den Lippen des
Schwiegervaters hinüberbeugte, rief aber der alte
Frohnbote überlaut: Halt! Das Ding iſt geſchän-
det, wir haben einen Lauſcher in der Nähe, ich
hörte ein Geräuſch ganz deutlich.

Nun ja, ſagte Oswald, der hinter der alten
Linde hervortrat, gezwungen lachend, ich habe
Euch belauſcht. Ich ſtand in dem hohlen Baume
da. Das Horchen, welches ich noch nie gethau,
wollte mir aber ſo ſchlecht behagen, daß ich mich
rührte, um fortzugehen, wo möglich da in den
Forſt, Euch unbemerkt. Nehmt mir’s nicht übel,
ich werde nichts von Euren Sachen verrathen, es
iſt, als ob ich ſie nicht gehört hätte. — Er trat in
den Forſt zurück und verlor ſich unter den Bäumen.

Wie wenn bei einem fröhlichen Mahle plötzlich
ein fremder Eindringling durch eine ungeheure Be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0134" n="122"/>
          <p>Gut, ver&#x017F;etzte der Eingeweihte. Stock, Stein,<lb/>
Gras, Grain, das i&#x017F;t wohl zu behalten. Aber<lb/>
was bedeutet: Stock, Stein, Gras, Grain?</p><lb/>
          <p>Neige dein Ohr zu meinem Munde, ver&#x017F;etzte<lb/>
der Freigraf, du &#x017F;oll&#x017F;t den heimlichen Sinn er-<lb/>
fahren, den außer dir nicht einmal die Lüfte<lb/>
hören dürfen.</p><lb/>
          <p>Indem der Eidam &#x017F;ich zu den Lippen des<lb/>
Schwiegervaters hinüberbeugte, rief aber der alte<lb/>
Frohnbote überlaut: Halt! Das Ding i&#x017F;t ge&#x017F;chän-<lb/>
det, wir haben einen Lau&#x017F;cher in der Nähe, ich<lb/>
hörte ein Geräu&#x017F;ch ganz deutlich.</p><lb/>
          <p>Nun ja, &#x017F;agte Oswald, der hinter der alten<lb/>
Linde hervortrat, gezwungen lachend, ich habe<lb/>
Euch belau&#x017F;cht. Ich &#x017F;tand in dem hohlen Baume<lb/>
da. Das Horchen, welches ich noch nie gethau,<lb/>
wollte mir aber &#x017F;o &#x017F;chlecht behagen, daß ich mich<lb/>
rührte, um fortzugehen, wo möglich da in den<lb/>
For&#x017F;t, Euch unbemerkt. Nehmt mir&#x2019;s nicht übel,<lb/>
ich werde nichts von Euren Sachen verrathen, es<lb/>
i&#x017F;t, als ob ich &#x017F;ie nicht gehört hätte. &#x2014; Er trat in<lb/>
den For&#x017F;t zurück und verlor &#x017F;ich unter den Bäumen.</p><lb/>
          <p>Wie wenn bei einem fröhlichen Mahle plötzlich<lb/>
ein fremder Eindringling durch eine ungeheure Be-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0134] Gut, verſetzte der Eingeweihte. Stock, Stein, Gras, Grain, das iſt wohl zu behalten. Aber was bedeutet: Stock, Stein, Gras, Grain? Neige dein Ohr zu meinem Munde, verſetzte der Freigraf, du ſollſt den heimlichen Sinn er- fahren, den außer dir nicht einmal die Lüfte hören dürfen. Indem der Eidam ſich zu den Lippen des Schwiegervaters hinüberbeugte, rief aber der alte Frohnbote überlaut: Halt! Das Ding iſt geſchän- det, wir haben einen Lauſcher in der Nähe, ich hörte ein Geräuſch ganz deutlich. Nun ja, ſagte Oswald, der hinter der alten Linde hervortrat, gezwungen lachend, ich habe Euch belauſcht. Ich ſtand in dem hohlen Baume da. Das Horchen, welches ich noch nie gethau, wollte mir aber ſo ſchlecht behagen, daß ich mich rührte, um fortzugehen, wo möglich da in den Forſt, Euch unbemerkt. Nehmt mir’s nicht übel, ich werde nichts von Euren Sachen verrathen, es iſt, als ob ich ſie nicht gehört hätte. — Er trat in den Forſt zurück und verlor ſich unter den Bäumen. Wie wenn bei einem fröhlichen Mahle plötzlich ein fremder Eindringling durch eine ungeheure Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/134
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/134>, abgerufen am 06.05.2024.