Mann hört uns und deßhalb darf ich wohl dreister reden, als sich sonst für mich ziemte. Ich weiß nicht, wie mir wird, mein Auge schwimmt, und meine Lippe fühl' ich zittern; zum Aeußersten haben Sie mich gebracht, hören Sie denn das Aeußerste, was ein Mädchen sprechen kann. Bin ich's noch selbst? Wie kommen mir solche Ge- danken? Aber Sie sollen sie hören. -- Sie sind Frau, und Sie waren Mädchen. Bebten und er- rötheten Sie nicht, wenn Sie nur dachten, daß eine andere Hand als die Ihrige Ihre Schulter berühre? Und nun haben Sie Ihrem Gemahle Seele und Leib ergeben, Ihre Person haben Sie ihm hingegeben und Ihre jungfräuliche Ehre! Sind wir darin nicht gleich? Hat die Braut eines Kaisers etwas Höheres als die Majestät ihrer jungfräulichen Ehre? Ich bin eine Jungfrau, meine gnädige Ba- ronesse. In der Ehre der Jungfrau fühle ich mich geadelt und der Braut des Kaisers gleich. Demü- thig nehme ich Alles an von Oswald, aber nicht gedemüthiget, mit freudigem Stolze kann auch ich Mitgift nennen und Eingebrachtes, denn was Ihr Vetter mir geben mag, ich gebe ihm stäts doch mehr, als er zu geben jemals im Stande seyn wird.
Mann hört uns und deßhalb darf ich wohl dreiſter reden, als ſich ſonſt für mich ziemte. Ich weiß nicht, wie mir wird, mein Auge ſchwimmt, und meine Lippe fühl’ ich zittern; zum Aeußerſten haben Sie mich gebracht, hören Sie denn das Aeußerſte, was ein Mädchen ſprechen kann. Bin ich’s noch ſelbſt? Wie kommen mir ſolche Ge- danken? Aber Sie ſollen ſie hören. — Sie ſind Frau, und Sie waren Mädchen. Bebten und er- rötheten Sie nicht, wenn Sie nur dachten, daß eine andere Hand als die Ihrige Ihre Schulter berühre? Und nun haben Sie Ihrem Gemahle Seele und Leib ergeben, Ihre Perſon haben Sie ihm hingegeben und Ihre jungfräuliche Ehre! Sind wir darin nicht gleich? Hat die Braut eines Kaiſers etwas Höheres als die Majeſtät ihrer jungfräulichen Ehre? Ich bin eine Jungfrau, meine gnädige Ba- roneſſe. In der Ehre der Jungfrau fühle ich mich geadelt und der Braut des Kaiſers gleich. Demü- thig nehme ich Alles an von Oswald, aber nicht gedemüthiget, mit freudigem Stolze kann auch ich Mitgift nennen und Eingebrachtes, denn was Ihr Vetter mir geben mag, ich gebe ihm ſtäts doch mehr, als er zu geben jemals im Stande ſeyn wird.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0288"n="276"/>
Mann hört uns und deßhalb darf ich wohl dreiſter<lb/>
reden, als ſich ſonſt für mich ziemte. Ich weiß<lb/>
nicht, wie mir wird, mein Auge ſchwimmt, und<lb/>
meine Lippe fühl’ ich zittern; zum Aeußerſten<lb/>
haben Sie mich gebracht, hören Sie denn das<lb/>
Aeußerſte, was ein Mädchen ſprechen kann. Bin<lb/>
ich’s noch ſelbſt? Wie kommen mir ſolche Ge-<lb/>
danken? Aber Sie ſollen ſie hören. — Sie ſind<lb/>
Frau, und Sie waren Mädchen. Bebten und er-<lb/>
rötheten Sie nicht, wenn Sie nur dachten, daß<lb/>
eine andere Hand als die Ihrige Ihre Schulter<lb/>
berühre? Und nun haben Sie Ihrem Gemahle<lb/>
Seele und Leib ergeben, Ihre Perſon haben Sie<lb/>
ihm hingegeben und Ihre jungfräuliche Ehre! Sind<lb/>
wir darin nicht gleich? Hat die Braut eines Kaiſers<lb/>
etwas Höheres als die Majeſtät ihrer jungfräulichen<lb/>
Ehre? Ich bin eine Jungfrau, meine gnädige Ba-<lb/>
roneſſe. In der Ehre der Jungfrau fühle ich mich<lb/>
geadelt und der Braut des Kaiſers gleich. Demü-<lb/>
thig nehme ich Alles an von Oswald, aber nicht<lb/>
gedemüthiget, mit freudigem Stolze kann auch ich<lb/>
Mitgift nennen und Eingebrachtes, denn was Ihr<lb/>
Vetter mir geben mag, ich gebe ihm ſtäts doch mehr,<lb/>
als er zu geben jemals im Stande ſeyn wird.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[276/0288]
Mann hört uns und deßhalb darf ich wohl dreiſter
reden, als ſich ſonſt für mich ziemte. Ich weiß
nicht, wie mir wird, mein Auge ſchwimmt, und
meine Lippe fühl’ ich zittern; zum Aeußerſten
haben Sie mich gebracht, hören Sie denn das
Aeußerſte, was ein Mädchen ſprechen kann. Bin
ich’s noch ſelbſt? Wie kommen mir ſolche Ge-
danken? Aber Sie ſollen ſie hören. — Sie ſind
Frau, und Sie waren Mädchen. Bebten und er-
rötheten Sie nicht, wenn Sie nur dachten, daß
eine andere Hand als die Ihrige Ihre Schulter
berühre? Und nun haben Sie Ihrem Gemahle
Seele und Leib ergeben, Ihre Perſon haben Sie
ihm hingegeben und Ihre jungfräuliche Ehre! Sind
wir darin nicht gleich? Hat die Braut eines Kaiſers
etwas Höheres als die Majeſtät ihrer jungfräulichen
Ehre? Ich bin eine Jungfrau, meine gnädige Ba-
roneſſe. In der Ehre der Jungfrau fühle ich mich
geadelt und der Braut des Kaiſers gleich. Demü-
thig nehme ich Alles an von Oswald, aber nicht
gedemüthiget, mit freudigem Stolze kann auch ich
Mitgift nennen und Eingebrachtes, denn was Ihr
Vetter mir geben mag, ich gebe ihm ſtäts doch mehr,
als er zu geben jemals im Stande ſeyn wird.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/288>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.