send zusammen gewesen seien, worüber Jochem anfangs erstaunte und äußerte, unter dem wüsten Volk wisse man gar nicht, was Einem Alles be- gegnen könne, es sei erstaunlich, daß zwei Lands- leut' zusammen im Heu lägen und einander nicht erkennten. Ich wollt' anfangs den Menschen, der sich da in's Heu eingedrungen, bei Nacht hin- austreiben, fügte er hinzu, ließ es aber doch seyn, weil ich dacht', er möchte sich draußen er- kälten. So ist Menschenfreundlichkeit doch immer etwas Gutes und zu vielen Dingen nutz.
Jochem, sagte der Graf, hättest du mich hin- ausgetrieben, so würdest du mich früher erkannt haben.
Dieser Einwurf machte den Alten verwirrt. Er sah stutzig vor sich nieder, dann ballte er die Faust und murmelte ingrimmig: Nun sag' ich's doch! In der Fremd', unter dem wüsten Volk steht Alles windschief. Man weiß bei den Sachsen und Pollacken nicht, ob man menschenfreundlich oder menschenfeindlich seyn soll.
Er besann sich und fuhr fort: Von meiner Commission habe ich noch gar nicht geredt. Den Schrimbs oder Peppel --
ſend zuſammen geweſen ſeien, worüber Jochem anfangs erſtaunte und äußerte, unter dem wüſten Volk wiſſe man gar nicht, was Einem Alles be- gegnen könne, es ſei erſtaunlich, daß zwei Lands- leut’ zuſammen im Heu lägen und einander nicht erkennten. Ich wollt’ anfangs den Menſchen, der ſich da in’s Heu eingedrungen, bei Nacht hin- austreiben, fügte er hinzu, ließ es aber doch ſeyn, weil ich dacht’, er möchte ſich draußen er- kälten. So iſt Menſchenfreundlichkeit doch immer etwas Gutes und zu vielen Dingen nutz.
Jochem, ſagte der Graf, hätteſt du mich hin- ausgetrieben, ſo würdeſt du mich früher erkannt haben.
Dieſer Einwurf machte den Alten verwirrt. Er ſah ſtutzig vor ſich nieder, dann ballte er die Fauſt und murmelte ingrimmig: Nun ſag’ ich’s doch! In der Fremd’, unter dem wüſten Volk ſteht Alles windſchief. Man weiß bei den Sachſen und Pollacken nicht, ob man menſchenfreundlich oder menſchenfeindlich ſeyn ſoll.
Er beſann ſich und fuhr fort: Von meiner Commiſſion habe ich noch gar nicht geredt. Den Schrimbs oder Peppel —
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[431/0445]
ſend zuſammen geweſen ſeien, worüber Jochem
anfangs erſtaunte und äußerte, unter dem wüſten
Volk wiſſe man gar nicht, was Einem Alles be-
gegnen könne, es ſei erſtaunlich, daß zwei Lands-
leut’ zuſammen im Heu lägen und einander nicht
erkennten. Ich wollt’ anfangs den Menſchen,
der ſich da in’s Heu eingedrungen, bei Nacht hin-
austreiben, fügte er hinzu, ließ es aber doch
ſeyn, weil ich dacht’, er möchte ſich draußen er-
kälten. So iſt Menſchenfreundlichkeit doch immer
etwas Gutes und zu vielen Dingen nutz.
Jochem, ſagte der Graf, hätteſt du mich hin-
ausgetrieben, ſo würdeſt du mich früher erkannt
haben.
Dieſer Einwurf machte den Alten verwirrt.
Er ſah ſtutzig vor ſich nieder, dann ballte er die
Fauſt und murmelte ingrimmig: Nun ſag’ ich’s
doch! In der Fremd’, unter dem wüſten Volk
ſteht Alles windſchief. Man weiß bei den Sachſen
und Pollacken nicht, ob man menſchenfreundlich
oder menſchenfeindlich ſeyn ſoll.
Er beſann ſich und fuhr fort: Von meiner
Commiſſion habe ich noch gar nicht geredt. Den
Schrimbs oder Peppel —
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/445>, abgerufen am 23.11.2024.
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