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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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verwunderlich sei, daß eine so alte Person hinter
einem Manne her durch die Welt laufe. -- Sie
sah aber auch heute im Gesicht ganz anders und
jünger aus, bemerkte Einer. Das kam von der
kalten Luft, versetzte ein Anderer. Nein, vom
Gegenchoc, sprach der Chirurgus mit Ansehen und
schloß durch dieses Wort die Debatte.

Während der Gespräche, deren Inhalt so eben
nothdürftig angeführt worden ist, fütterten vier
Pferde vor dem Eingange zur Schenke aus Krip-
pen, die ihnen untergestellt worden waren und in
welche der Postillion Brot einschnitt, in der Wirths-
stube aber saß ein ernster Mann hinter dem Tische
in der Ecke. Die Pferde gehörten zu einer glän-
zenden Reiseequipage, welche an den Schlägen ein
adeliches Wappen zeigte, unten und oben Maga-
zine und hinten einen Sitz hatte, in welchem eine
schlafende Kammerjungfer saß, während der Kam-
merdiener, der mit ihr sonst den Sitz theilte, neben
dem Schlage stand und in dieser vom Dienst freien
Pause eine Cigarre rauchte. Denn die Herrschaft
war ungeachtet des dichten Nebels nach einer nahen
romantisch gelegenen Klippe gehüpft, um so viel
zu sehen, als eben zu sehen war. Gehüpft --

verwunderlich ſei, daß eine ſo alte Perſon hinter
einem Manne her durch die Welt laufe. — Sie
ſah aber auch heute im Geſicht ganz anders und
jünger aus, bemerkte Einer. Das kam von der
kalten Luft, verſetzte ein Anderer. Nein, vom
Gegenchoc, ſprach der Chirurgus mit Anſehen und
ſchloß durch dieſes Wort die Debatte.

Während der Geſpräche, deren Inhalt ſo eben
nothdürftig angeführt worden iſt, fütterten vier
Pferde vor dem Eingange zur Schenke aus Krip-
pen, die ihnen untergeſtellt worden waren und in
welche der Poſtillion Brot einſchnitt, in der Wirths-
ſtube aber ſaß ein ernſter Mann hinter dem Tiſche
in der Ecke. Die Pferde gehörten zu einer glän-
zenden Reiſeequipage, welche an den Schlägen ein
adeliches Wappen zeigte, unten und oben Maga-
zine und hinten einen Sitz hatte, in welchem eine
ſchlafende Kammerjungfer ſaß, während der Kam-
merdiener, der mit ihr ſonſt den Sitz theilte, neben
dem Schlage ſtand und in dieſer vom Dienſt freien
Pauſe eine Cigarre rauchte. Denn die Herrſchaft
war ungeachtet des dichten Nebels nach einer nahen
romantiſch gelegenen Klippe gehüpft, um ſo viel
zu ſehen, als eben zu ſehen war. Gehüpft —

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[407/0421] verwunderlich ſei, daß eine ſo alte Perſon hinter einem Manne her durch die Welt laufe. — Sie ſah aber auch heute im Geſicht ganz anders und jünger aus, bemerkte Einer. Das kam von der kalten Luft, verſetzte ein Anderer. Nein, vom Gegenchoc, ſprach der Chirurgus mit Anſehen und ſchloß durch dieſes Wort die Debatte. Während der Geſpräche, deren Inhalt ſo eben nothdürftig angeführt worden iſt, fütterten vier Pferde vor dem Eingange zur Schenke aus Krip- pen, die ihnen untergeſtellt worden waren und in welche der Poſtillion Brot einſchnitt, in der Wirths- ſtube aber ſaß ein ernſter Mann hinter dem Tiſche in der Ecke. Die Pferde gehörten zu einer glän- zenden Reiſeequipage, welche an den Schlägen ein adeliches Wappen zeigte, unten und oben Maga- zine und hinten einen Sitz hatte, in welchem eine ſchlafende Kammerjungfer ſaß, während der Kam- merdiener, der mit ihr ſonſt den Sitz theilte, neben dem Schlage ſtand und in dieſer vom Dienſt freien Pauſe eine Cigarre rauchte. Denn die Herrſchaft war ungeachtet des dichten Nebels nach einer nahen romantiſch gelegenen Klippe gehüpft, um ſo viel zu ſehen, als eben zu ſehen war. Gehüpft —

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/421>, abgerufen am 17.05.2024.