muß es heißen, denn sie gingen nicht, sondern sie hüpften, wann sie aus dem Wagen stiegen. Es waren junge vornehme Gatten, die unmittel- bar nach der Vermählung ihr frisches Glück durch die Welt spazieren führten.
Der Mann in der Stube saß dagegen sehr ernsthaft hinter einem Buche und las. Er war ein alter Bekannter, sogar ein Stück von einem ehe- maligen Nebenvormunde der jungen Dame. Zufällig hatte sie ihn einen Tag nach ihrer Vermählung mit dem Cavalier aus den österreichischen Erblan- den getroffen, von ihm erfahren, daß auch er eine Rheinreise anzustellen im Begriff stehe und ihm sogleich einen Platz in ihrem Wagen angeboten. Der junge Ehemann machte zwar über diesen Zeu- gen seiner Flitterwochen ein etwas verdrießliches Gesicht, die junge Dame spürte einen Augenblick später aus gleichem Grunde eine leichte Reue, aber Verdrießlichkeit und Reue kamen zu spät, denn der ernste Mann hatte das liebenswürdige Erbie- ten schon angenommen. Man mußte sich also zu- sammen auf den Weg begeben und in einander zu schicken suchen, wie es gehen wollte. Nicht wenig lachte die junge Dame, als sie erfuhr, welches
muß es heißen, denn ſie gingen nicht, ſondern ſie hüpften, wann ſie aus dem Wagen ſtiegen. Es waren junge vornehme Gatten, die unmittel- bar nach der Vermählung ihr friſches Glück durch die Welt ſpazieren führten.
Der Mann in der Stube ſaß dagegen ſehr ernſthaft hinter einem Buche und las. Er war ein alter Bekannter, ſogar ein Stück von einem ehe- maligen Nebenvormunde der jungen Dame. Zufällig hatte ſie ihn einen Tag nach ihrer Vermählung mit dem Cavalier aus den öſterreichiſchen Erblan- den getroffen, von ihm erfahren, daß auch er eine Rheinreiſe anzuſtellen im Begriff ſtehe und ihm ſogleich einen Platz in ihrem Wagen angeboten. Der junge Ehemann machte zwar über dieſen Zeu- gen ſeiner Flitterwochen ein etwas verdrießliches Geſicht, die junge Dame ſpürte einen Augenblick ſpäter aus gleichem Grunde eine leichte Reue, aber Verdrießlichkeit und Reue kamen zu ſpät, denn der ernſte Mann hatte das liebenswürdige Erbie- ten ſchon angenommen. Man mußte ſich alſo zu- ſammen auf den Weg begeben und in einander zu ſchicken ſuchen, wie es gehen wollte. Nicht wenig lachte die junge Dame, als ſie erfuhr, welches
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[408/0422]
muß es heißen, denn ſie gingen nicht, ſondern
ſie hüpften, wann ſie aus dem Wagen ſtiegen.
Es waren junge vornehme Gatten, die unmittel-
bar nach der Vermählung ihr friſches Glück durch
die Welt ſpazieren führten.
Der Mann in der Stube ſaß dagegen ſehr
ernſthaft hinter einem Buche und las. Er war
ein alter Bekannter, ſogar ein Stück von einem ehe-
maligen Nebenvormunde der jungen Dame. Zufällig
hatte ſie ihn einen Tag nach ihrer Vermählung
mit dem Cavalier aus den öſterreichiſchen Erblan-
den getroffen, von ihm erfahren, daß auch er eine
Rheinreiſe anzuſtellen im Begriff ſtehe und ihm
ſogleich einen Platz in ihrem Wagen angeboten.
Der junge Ehemann machte zwar über dieſen Zeu-
gen ſeiner Flitterwochen ein etwas verdrießliches
Geſicht, die junge Dame ſpürte einen Augenblick
ſpäter aus gleichem Grunde eine leichte Reue,
aber Verdrießlichkeit und Reue kamen zu ſpät, denn
der ernſte Mann hatte das liebenswürdige Erbie-
ten ſchon angenommen. Man mußte ſich alſo zu-
ſammen auf den Weg begeben und in einander zu
ſchicken ſuchen, wie es gehen wollte. Nicht wenig
lachte die junge Dame, als ſie erfuhr, welches
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/422>, abgerufen am 24.11.2024.
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