sein Einfluß unberechenbar werden muß, und daß er recht eigentlich dazu bestimmt ist, künftig eine große Rolle im Herzogthume zu spielen. Ich habe mir daher auch schon ein Heft weißen Pa- pieres einbinden lassen und den Titel darauf ge- setzt: Münchhausen am Hofe; denn meine Feder soll seinen Schritten auch in dieser hohen Sphäre mit der Zeit folgen.
Sie sagten aber, wenn ich nicht irre, daß auch seine Anstellung bei dem regierenden Herrn keinen offiziellen Charakter haben werde?
Ja, das ist eben das Schönste. Der Umstand, den ich nun zu berichten habe, bot die zweite in- teressante Schwierigkeit dar. Der alte Herr hängt nämlich an dem Obersanitätsrath, nicht aus Liebe, sondern aus Gewohnheit, wie an einem alten Stück Meuble, weil der Mann denn doch seine vier und zwanzig Jahre hindurch das Amt versehen hat. Er befahl daher ausdrücklich, daß der Obersani- tätsrath von dem Substituten und dessen Mittel nichts erfahren dürfe. Dieses Geheiß war nun in der That schwer auszuführen. Endlich fanden wir dennoch Rath, der Oberkammerherr und ich. Der Obersanitätsrath bekommt nämlich alle Sonnabende,
ſein Einfluß unberechenbar werden muß, und daß er recht eigentlich dazu beſtimmt iſt, künftig eine große Rolle im Herzogthume zu ſpielen. Ich habe mir daher auch ſchon ein Heft weißen Pa- pieres einbinden laſſen und den Titel darauf ge- ſetzt: Münchhauſen am Hofe; denn meine Feder ſoll ſeinen Schritten auch in dieſer hohen Sphäre mit der Zeit folgen.
Sie ſagten aber, wenn ich nicht irre, daß auch ſeine Anſtellung bei dem regierenden Herrn keinen offiziellen Charakter haben werde?
Ja, das iſt eben das Schönſte. Der Umſtand, den ich nun zu berichten habe, bot die zweite in- tereſſante Schwierigkeit dar. Der alte Herr hängt nämlich an dem Oberſanitätsrath, nicht aus Liebe, ſondern aus Gewohnheit, wie an einem alten Stück Meuble, weil der Mann denn doch ſeine vier und zwanzig Jahre hindurch das Amt verſehen hat. Er befahl daher ausdrücklich, daß der Oberſani- tätsrath von dem Subſtituten und deſſen Mittel nichts erfahren dürfe. Dieſes Geheiß war nun in der That ſchwer auszuführen. Endlich fanden wir dennoch Rath, der Oberkammerherr und ich. Der Oberſanitätsrath bekommt nämlich alle Sonnabende,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0362"n="348"/>ſein Einfluß unberechenbar werden muß, und daß<lb/>
er recht eigentlich dazu beſtimmt iſt, künftig eine<lb/>
große Rolle im Herzogthume zu ſpielen. Ich<lb/>
habe mir daher auch ſchon ein Heft weißen Pa-<lb/>
pieres einbinden laſſen und den Titel darauf ge-<lb/>ſetzt: <hirendition="#g">Münchhauſen am Hofe</hi>; denn meine<lb/>
Feder ſoll ſeinen Schritten auch in dieſer hohen<lb/>
Sphäre mit der Zeit folgen.</p><lb/><p>Sie ſagten aber, wenn ich nicht irre, daß<lb/>
auch ſeine Anſtellung bei dem regierenden Herrn<lb/>
keinen offiziellen Charakter haben werde?</p><lb/><p>Ja, das iſt eben das Schönſte. Der Umſtand,<lb/>
den ich nun zu berichten habe, bot die zweite in-<lb/>
tereſſante Schwierigkeit dar. Der alte Herr hängt<lb/>
nämlich an dem Oberſanitätsrath, nicht aus Liebe,<lb/>ſondern aus Gewohnheit, wie an einem alten<lb/>
Stück Meuble, weil der Mann denn doch ſeine vier<lb/>
und zwanzig Jahre hindurch das Amt verſehen hat.<lb/>
Er befahl daher ausdrücklich, daß der Oberſani-<lb/>
tätsrath von dem Subſtituten und deſſen Mittel<lb/>
nichts erfahren dürfe. Dieſes Geheiß war nun in<lb/>
der That ſchwer auszuführen. Endlich fanden wir<lb/>
dennoch Rath, der Oberkammerherr und ich. Der<lb/>
Oberſanitätsrath bekommt nämlich alle Sonnabende,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[348/0362]
ſein Einfluß unberechenbar werden muß, und daß
er recht eigentlich dazu beſtimmt iſt, künftig eine
große Rolle im Herzogthume zu ſpielen. Ich
habe mir daher auch ſchon ein Heft weißen Pa-
pieres einbinden laſſen und den Titel darauf ge-
ſetzt: Münchhauſen am Hofe; denn meine
Feder ſoll ſeinen Schritten auch in dieſer hohen
Sphäre mit der Zeit folgen.
Sie ſagten aber, wenn ich nicht irre, daß
auch ſeine Anſtellung bei dem regierenden Herrn
keinen offiziellen Charakter haben werde?
Ja, das iſt eben das Schönſte. Der Umſtand,
den ich nun zu berichten habe, bot die zweite in-
tereſſante Schwierigkeit dar. Der alte Herr hängt
nämlich an dem Oberſanitätsrath, nicht aus Liebe,
ſondern aus Gewohnheit, wie an einem alten
Stück Meuble, weil der Mann denn doch ſeine vier
und zwanzig Jahre hindurch das Amt verſehen hat.
Er befahl daher ausdrücklich, daß der Oberſani-
tätsrath von dem Subſtituten und deſſen Mittel
nichts erfahren dürfe. Dieſes Geheiß war nun in
der That ſchwer auszuführen. Endlich fanden wir
dennoch Rath, der Oberkammerherr und ich. Der
Oberſanitätsrath bekommt nämlich alle Sonnabende,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/362>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.