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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Augen wird, und man gar nicht weiß, wo man
vor Angst und Herzeleid bleiben soll, und Einem
Sauerbraten dazu aufzusetzen und noch dazu mit
Zwiebeln, und dann das Zurückweisen und Fächer-
geschlage ist nicht auszuhalten. Denn entweder,
oder. Alle Geschichten und Siebensachen in der
Welt haben ihren Grund, oder sie haben ihren
Grund nicht. Und also entweder soll ich den Sauer-
braten fressen oder ich soll ihn nicht fressen. Und
entweder wollen das gnädige Fräulein nunmehr
recht liebreich gegen mich seyn, oder Sie wollen
es bleiben lassen. Und für die Langeweile stehe
ich hier nicht mit meinem Herzeleid und mit dem
erbärmlichen Hunger im Leibe, sondern wissen muß
der Mensch, woran er ist, und was er thun soll,
und das will ich auch thun, wie ein rechtschaffener
Kerl, wenn ich nur erst weiß, was.

Emerentia warf auf die Maske dieser Gemein-
heit einen ihrer leidendsten und zugleich verächt-
lichsten Blicke. Dann beschrieb sie mit dem Fächer
eine stolze schwungvolle Linie in der Luft, hierauf
deutete sie mit demselben nach dem Schlosse und
endlich gab sie das Zeichen, womit eine Dame an-
deutet, daß Jemand sich entfernen könne.


Augen wird, und man gar nicht weiß, wo man
vor Angſt und Herzeleid bleiben ſoll, und Einem
Sauerbraten dazu aufzuſetzen und noch dazu mit
Zwiebeln, und dann das Zurückweiſen und Fächer-
geſchlage iſt nicht auszuhalten. Denn entweder,
oder. Alle Geſchichten und Siebenſachen in der
Welt haben ihren Grund, oder ſie haben ihren
Grund nicht. Und alſo entweder ſoll ich den Sauer-
braten freſſen oder ich ſoll ihn nicht freſſen. Und
entweder wollen das gnädige Fräulein nunmehr
recht liebreich gegen mich ſeyn, oder Sie wollen
es bleiben laſſen. Und für die Langeweile ſtehe
ich hier nicht mit meinem Herzeleid und mit dem
erbärmlichen Hunger im Leibe, ſondern wiſſen muß
der Menſch, woran er iſt, und was er thun ſoll,
und das will ich auch thun, wie ein rechtſchaffener
Kerl, wenn ich nur erſt weiß, was.

Emerentia warf auf die Maske dieſer Gemein-
heit einen ihrer leidendſten und zugleich verächt-
lichſten Blicke. Dann beſchrieb ſie mit dem Fächer
eine ſtolze ſchwungvolle Linie in der Luft, hierauf
deutete ſie mit demſelben nach dem Schloſſe und
endlich gab ſie das Zeichen, womit eine Dame an-
deutet, daß Jemand ſich entfernen könne.


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[288/0302] Augen wird, und man gar nicht weiß, wo man vor Angſt und Herzeleid bleiben ſoll, und Einem Sauerbraten dazu aufzuſetzen und noch dazu mit Zwiebeln, und dann das Zurückweiſen und Fächer- geſchlage iſt nicht auszuhalten. Denn entweder, oder. Alle Geſchichten und Siebenſachen in der Welt haben ihren Grund, oder ſie haben ihren Grund nicht. Und alſo entweder ſoll ich den Sauer- braten freſſen oder ich ſoll ihn nicht freſſen. Und entweder wollen das gnädige Fräulein nunmehr recht liebreich gegen mich ſeyn, oder Sie wollen es bleiben laſſen. Und für die Langeweile ſtehe ich hier nicht mit meinem Herzeleid und mit dem erbärmlichen Hunger im Leibe, ſondern wiſſen muß der Menſch, woran er iſt, und was er thun ſoll, und das will ich auch thun, wie ein rechtſchaffener Kerl, wenn ich nur erſt weiß, was. Emerentia warf auf die Maske dieſer Gemein- heit einen ihrer leidendſten und zugleich verächt- lichſten Blicke. Dann beſchrieb ſie mit dem Fächer eine ſtolze ſchwungvolle Linie in der Luft, hierauf deutete ſie mit demſelben nach dem Schloſſe und endlich gab ſie das Zeichen, womit eine Dame an- deutet, daß Jemand ſich entfernen könne.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/302>, abgerufen am 17.05.2024.