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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Korbe zu erheben. Er that es und nun ereignete
sich etwas, was erfunden in einem Gedichte zu
den größten Fehlern gezählt werden würde; zwei
Motive wurden nämlich für die Handlung gleich-
zeitig in Bewegung gesetzt. -- Sauerbraten! rief
Karl Buttervogel und ließ die Serviette fallen. --
Sauerbraten! wiederholte er jubelnd. In der That
lag ein lecker zubereiteter Sauerbraten, Karl's
Lieblingsessen, auf der Schüssel in dem Korbe.
Seine Augen gingen wie trunkene Wanderer zwi-
schen dem Fräulein und dem Sauerbraten hin und
her, seine Seele spaltete sich in zwei Hälften und
in jeder schlug sein Herz, endlich überwog die eine
Hälfte, er riß ein Messer aus der Tasche und
wollte damit dem Sauerbraten eins versetzen.
Da schlug ihm aber Emerentia mit dem Fächer
auf die Hand und zwar nicht sanft, sondern empfind-
lich, ihm zugleich mit dem Zeigefinger der anderen
Hand drohend.

Der zurückgeschreckte Prätendent gerieth in eine
Art von Wuth. Alle Hagel! schrie er, erbost
mit dem Messer nach dem Braten stechend, was
soll das bedeuten? Denn sich so aufzudonnern,
daß es Einem roth und grün und gelb vor den

Korbe zu erheben. Er that es und nun ereignete
ſich etwas, was erfunden in einem Gedichte zu
den größten Fehlern gezählt werden würde; zwei
Motive wurden nämlich für die Handlung gleich-
zeitig in Bewegung geſetzt. — Sauerbraten! rief
Karl Buttervogel und ließ die Serviette fallen. —
Sauerbraten! wiederholte er jubelnd. In der That
lag ein lecker zubereiteter Sauerbraten, Karl’s
Lieblingseſſen, auf der Schüſſel in dem Korbe.
Seine Augen gingen wie trunkene Wanderer zwi-
ſchen dem Fräulein und dem Sauerbraten hin und
her, ſeine Seele ſpaltete ſich in zwei Hälften und
in jeder ſchlug ſein Herz, endlich überwog die eine
Hälfte, er riß ein Meſſer aus der Taſche und
wollte damit dem Sauerbraten eins verſetzen.
Da ſchlug ihm aber Emerentia mit dem Fächer
auf die Hand und zwar nicht ſanft, ſondern empfind-
lich, ihm zugleich mit dem Zeigefinger der anderen
Hand drohend.

Der zurückgeſchreckte Prätendent gerieth in eine
Art von Wuth. Alle Hagel! ſchrie er, erboſt
mit dem Meſſer nach dem Braten ſtechend, was
ſoll das bedeuten? Denn ſich ſo aufzudonnern,
daß es Einem roth und grün und gelb vor den

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[287/0301] Korbe zu erheben. Er that es und nun ereignete ſich etwas, was erfunden in einem Gedichte zu den größten Fehlern gezählt werden würde; zwei Motive wurden nämlich für die Handlung gleich- zeitig in Bewegung geſetzt. — Sauerbraten! rief Karl Buttervogel und ließ die Serviette fallen. — Sauerbraten! wiederholte er jubelnd. In der That lag ein lecker zubereiteter Sauerbraten, Karl’s Lieblingseſſen, auf der Schüſſel in dem Korbe. Seine Augen gingen wie trunkene Wanderer zwi- ſchen dem Fräulein und dem Sauerbraten hin und her, ſeine Seele ſpaltete ſich in zwei Hälften und in jeder ſchlug ſein Herz, endlich überwog die eine Hälfte, er riß ein Meſſer aus der Taſche und wollte damit dem Sauerbraten eins verſetzen. Da ſchlug ihm aber Emerentia mit dem Fächer auf die Hand und zwar nicht ſanft, ſondern empfind- lich, ihm zugleich mit dem Zeigefinger der anderen Hand drohend. Der zurückgeſchreckte Prätendent gerieth in eine Art von Wuth. Alle Hagel! ſchrie er, erboſt mit dem Meſſer nach dem Braten ſtechend, was ſoll das bedeuten? Denn ſich ſo aufzudonnern, daß es Einem roth und grün und gelb vor den

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/301>, abgerufen am 23.11.2024.