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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Tage zärter und peinlicher. -- Gnädiger Herr,
erwacht denn nicht Ihr Mitleid mit einem armen
Mädchen, dessen Lebenshoffnung Sie sind? setzte
sie weicher werdend hinzu, und einige Thränen
liefen über ihre Wangen. Karl aß schon die Wurst,
die ihm Emerentia gebracht hatte, und da sein
Herz der Rührung immer am offensten war, wenn
er Wurst aß, so that ihm die Weinende leid, er
trat daher, das letzte Stück in der Hand, zu ihr
und sagte: Ich bin ja, weiß Gott, kein schlechter
Kerl und Frauenspersonen muß man Alles zu
Gefallen thun, was nur menschenmöglich ist. Wenn
ich also nur wüßt', wie ich's anfangen sollte, so
geschäh's ja alsobald. Wofern aber mit meinem
Herrn Rücksprach' genommen würde, so könnt' es
seyn, daß ich's würde, denn er weiß für Alles
Rath und hat mehr Grütz' im kleinen Finger als
wir Beide im ganzen Leib, sonst wär' er nicht
vermöglich, so schreckbar zu lügen, wie er lügen
thut. -- Ich verstehe Ihren Wink, versetzte das Fräu-
lein, wischte sich die Thränen ab und ging getrö-
stet vom Taygetus.

Dieser Vorfall ereignete sich an dem Tage, an
welchem der alte Baron gegen den Freiherrn klar

Immermann's Münchhausen. 3. Th. 15

Tage zärter und peinlicher. — Gnädiger Herr,
erwacht denn nicht Ihr Mitleid mit einem armen
Mädchen, deſſen Lebenshoffnung Sie ſind? ſetzte
ſie weicher werdend hinzu, und einige Thränen
liefen über ihre Wangen. Karl aß ſchon die Wurſt,
die ihm Emerentia gebracht hatte, und da ſein
Herz der Rührung immer am offenſten war, wenn
er Wurſt aß, ſo that ihm die Weinende leid, er
trat daher, das letzte Stück in der Hand, zu ihr
und ſagte: Ich bin ja, weiß Gott, kein ſchlechter
Kerl und Frauensperſonen muß man Alles zu
Gefallen thun, was nur menſchenmöglich iſt. Wenn
ich alſo nur wüßt’, wie ich’s anfangen ſollte, ſo
geſchäh’s ja alſobald. Wofern aber mit meinem
Herrn Rückſprach’ genommen würde, ſo könnt’ es
ſeyn, daß ich’s würde, denn er weiß für Alles
Rath und hat mehr Grütz’ im kleinen Finger als
wir Beide im ganzen Leib, ſonſt wär’ er nicht
vermöglich, ſo ſchreckbar zu lügen, wie er lügen
thut. — Ich verſtehe Ihren Wink, verſetzte das Fräu-
lein, wiſchte ſich die Thränen ab und ging getrö-
ſtet vom Taygetus.

Dieſer Vorfall ereignete ſich an dem Tage, an
welchem der alte Baron gegen den Freiherrn klar

Immermann’s Münchhauſen. 3. Th. 15
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[225/0239] Tage zärter und peinlicher. — Gnädiger Herr, erwacht denn nicht Ihr Mitleid mit einem armen Mädchen, deſſen Lebenshoffnung Sie ſind? ſetzte ſie weicher werdend hinzu, und einige Thränen liefen über ihre Wangen. Karl aß ſchon die Wurſt, die ihm Emerentia gebracht hatte, und da ſein Herz der Rührung immer am offenſten war, wenn er Wurſt aß, ſo that ihm die Weinende leid, er trat daher, das letzte Stück in der Hand, zu ihr und ſagte: Ich bin ja, weiß Gott, kein ſchlechter Kerl und Frauensperſonen muß man Alles zu Gefallen thun, was nur menſchenmöglich iſt. Wenn ich alſo nur wüßt’, wie ich’s anfangen ſollte, ſo geſchäh’s ja alſobald. Wofern aber mit meinem Herrn Rückſprach’ genommen würde, ſo könnt’ es ſeyn, daß ich’s würde, denn er weiß für Alles Rath und hat mehr Grütz’ im kleinen Finger als wir Beide im ganzen Leib, ſonſt wär’ er nicht vermöglich, ſo ſchreckbar zu lügen, wie er lügen thut. — Ich verſtehe Ihren Wink, verſetzte das Fräu- lein, wiſchte ſich die Thränen ab und ging getrö- ſtet vom Taygetus. Dieſer Vorfall ereignete ſich an dem Tage, an welchem der alte Baron gegen den Freiherrn klar Immermann’s Münchhauſen. 3. Th. 15

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/239>, abgerufen am 22.11.2024.