Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Augenblicke meinte er, daß Diebe sich zum Ein-
steigen rüsteten; halb schlaftrunken fuhr er aus den
Federn und an das Fenster, sah aber, nun durch
den kühlen Nachtwind völlig geweckt, unten im
Hofe eine dunkle Gestalt, mit einer überlangen
Stange in der Hand. Wer ist da? Und was soll
das? rief Münchhausen die Gestalt an.

Dieser erwiederte: Ich bin es, der Schul-
meister, auch Agesilaus geheißen, und diese aus
mehreren Bohnenstiefeln zusammengefügte große
Stange klopfte an Ihr Fenster, um Ihre Auf-
merksamkeit mir zuzuwenden, Herr von Münchhau-
sen, da mein leises und bescheidenes Rufen Ihres
werthen Namens nicht verfangen wollte. Noch Licht
in Ihrem Zimmer sehend, hielt ich es nicht für
unhöflich, eine Zwiesprach mit Ihnen zu begehren,
welche ich denn hiemit begehrt haben will. Mich
verlangt sehnlichst nach einer Unterredung über einen
mir hochwichtigen Gegenstand. Wollen Sie mir
wohl leise, auf daß die Hausbewohner nicht er-
wachen, die Thüre öffnen und den Zutritt in Ihr
Gemach verstatten?

Zum Teufel, Herr, das werde ich bleiben las-
sen! rief Münchhausen ärgerlich. Wer erlaubt Ihnen,

Augenblicke meinte er, daß Diebe ſich zum Ein-
ſteigen rüſteten; halb ſchlaftrunken fuhr er aus den
Federn und an das Fenſter, ſah aber, nun durch
den kühlen Nachtwind völlig geweckt, unten im
Hofe eine dunkle Geſtalt, mit einer überlangen
Stange in der Hand. Wer iſt da? Und was ſoll
das? rief Münchhauſen die Geſtalt an.

Dieſer erwiederte: Ich bin es, der Schul-
meiſter, auch Ageſilaus geheißen, und dieſe aus
mehreren Bohnenſtiefeln zuſammengefügte große
Stange klopfte an Ihr Fenſter, um Ihre Auf-
merkſamkeit mir zuzuwenden, Herr von Münchhau-
ſen, da mein leiſes und beſcheidenes Rufen Ihres
werthen Namens nicht verfangen wollte. Noch Licht
in Ihrem Zimmer ſehend, hielt ich es nicht für
unhöflich, eine Zwieſprach mit Ihnen zu begehren,
welche ich denn hiemit begehrt haben will. Mich
verlangt ſehnlichſt nach einer Unterredung über einen
mir hochwichtigen Gegenſtand. Wollen Sie mir
wohl leiſe, auf daß die Hausbewohner nicht er-
wachen, die Thüre öffnen und den Zutritt in Ihr
Gemach verſtatten?

Zum Teufel, Herr, das werde ich bleiben laſ-
ſen! rief Münchhauſen ärgerlich. Wer erlaubt Ihnen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="72"/>
Augenblicke meinte er, daß Diebe &#x017F;ich zum Ein-<lb/>
&#x017F;teigen rü&#x017F;teten; halb &#x017F;chlaftrunken fuhr er aus den<lb/>
Federn und an das Fen&#x017F;ter, &#x017F;ah aber, nun durch<lb/>
den kühlen Nachtwind völlig geweckt, unten im<lb/>
Hofe eine dunkle Ge&#x017F;talt, mit einer überlangen<lb/>
Stange in der Hand. Wer i&#x017F;t da? Und was &#x017F;oll<lb/>
das? rief Münchhau&#x017F;en die Ge&#x017F;talt an.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er erwiederte: Ich bin es, der Schul-<lb/>
mei&#x017F;ter, auch Age&#x017F;ilaus geheißen, und die&#x017F;e aus<lb/>
mehreren Bohnen&#x017F;tiefeln zu&#x017F;ammengefügte große<lb/>
Stange klopfte an Ihr Fen&#x017F;ter, um Ihre Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit mir zuzuwenden, Herr von Münchhau-<lb/>
&#x017F;en, da mein lei&#x017F;es und be&#x017F;cheidenes Rufen Ihres<lb/>
werthen Namens nicht verfangen wollte. Noch Licht<lb/>
in Ihrem Zimmer &#x017F;ehend, hielt ich es nicht für<lb/>
unhöflich, eine Zwie&#x017F;prach mit Ihnen zu begehren,<lb/>
welche ich denn hiemit begehrt haben will. Mich<lb/>
verlangt &#x017F;ehnlich&#x017F;t nach einer Unterredung über einen<lb/>
mir hochwichtigen Gegen&#x017F;tand. Wollen Sie mir<lb/>
wohl lei&#x017F;e, auf daß die Hausbewohner nicht er-<lb/>
wachen, die Thüre öffnen und den Zutritt in Ihr<lb/>
Gemach ver&#x017F;tatten?</p><lb/>
          <p>Zum Teufel, Herr, das werde ich bleiben la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en! rief Münchhau&#x017F;en ärgerlich. Wer erlaubt Ihnen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0090] Augenblicke meinte er, daß Diebe ſich zum Ein- ſteigen rüſteten; halb ſchlaftrunken fuhr er aus den Federn und an das Fenſter, ſah aber, nun durch den kühlen Nachtwind völlig geweckt, unten im Hofe eine dunkle Geſtalt, mit einer überlangen Stange in der Hand. Wer iſt da? Und was ſoll das? rief Münchhauſen die Geſtalt an. Dieſer erwiederte: Ich bin es, der Schul- meiſter, auch Ageſilaus geheißen, und dieſe aus mehreren Bohnenſtiefeln zuſammengefügte große Stange klopfte an Ihr Fenſter, um Ihre Auf- merkſamkeit mir zuzuwenden, Herr von Münchhau- ſen, da mein leiſes und beſcheidenes Rufen Ihres werthen Namens nicht verfangen wollte. Noch Licht in Ihrem Zimmer ſehend, hielt ich es nicht für unhöflich, eine Zwieſprach mit Ihnen zu begehren, welche ich denn hiemit begehrt haben will. Mich verlangt ſehnlichſt nach einer Unterredung über einen mir hochwichtigen Gegenſtand. Wollen Sie mir wohl leiſe, auf daß die Hausbewohner nicht er- wachen, die Thüre öffnen und den Zutritt in Ihr Gemach verſtatten? Zum Teufel, Herr, das werde ich bleiben laſ- ſen! rief Münchhauſen ärgerlich. Wer erlaubt Ihnen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/90
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/90>, abgerufen am 23.12.2024.