Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

die Leute aus dem Schlafe zu stören? Was Sie
mir zu sagen haben, können Sie mir von da
unten sagen.

Auch dieses, versetzte ruhig Der unten mit der
Stange. Die Unterredung aber muß vor sich ge-
hen, damit ich heute noch meinen Entschluß fassen
kann. Kürze, die körnige Kürze der Sparter sei
mein Muster, denn es zieht hier etwas stark an
der Ecke. -- Herr von Münchhausen, der Mensch,
welcher überhaupt diesen Namen verdient, hat Ge-
danken. Diese Gedanken haben einen Inhalt und
dieser Inhalt kann wahr oder falsch seyn. Falsch
ist er, wenn er der Wirklichkeit wider-wahr, wenn
er ihr entspricht. Was nun die Wirklichkeit sei,
ist zwar schwer zu sagen, indessen, bis dieses große
Geheimniß entdeckt wird, müssen wir mit dem,
was andere Menschen über unsere Gedanken denken,
uns behelfen. Deßhalb ist es so überaus wichtig,
Letzteres zu erfahren, weil wir dadurch zwar noch
nicht die Wirklichkeit selbst, aber doch gleichsam
eine Anweisung auf sie in die Hände bekommen.
Eine solche Anweisung wünschte ich gegenwärtig
von Ihnen zu empfangen, Herr von Münch-
hausen.


die Leute aus dem Schlafe zu ſtören? Was Sie
mir zu ſagen haben, können Sie mir von da
unten ſagen.

Auch dieſes, verſetzte ruhig Der unten mit der
Stange. Die Unterredung aber muß vor ſich ge-
hen, damit ich heute noch meinen Entſchluß faſſen
kann. Kürze, die körnige Kürze der Sparter ſei
mein Muſter, denn es zieht hier etwas ſtark an
der Ecke. — Herr von Münchhauſen, der Menſch,
welcher überhaupt dieſen Namen verdient, hat Ge-
danken. Dieſe Gedanken haben einen Inhalt und
dieſer Inhalt kann wahr oder falſch ſeyn. Falſch
iſt er, wenn er der Wirklichkeit wider-wahr, wenn
er ihr entſpricht. Was nun die Wirklichkeit ſei,
iſt zwar ſchwer zu ſagen, indeſſen, bis dieſes große
Geheimniß entdeckt wird, müſſen wir mit dem,
was andere Menſchen über unſere Gedanken denken,
uns behelfen. Deßhalb iſt es ſo überaus wichtig,
Letzteres zu erfahren, weil wir dadurch zwar noch
nicht die Wirklichkeit ſelbſt, aber doch gleichſam
eine Anweiſung auf ſie in die Hände bekommen.
Eine ſolche Anweiſung wünſchte ich gegenwärtig
von Ihnen zu empfangen, Herr von Münch-
hauſen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="73"/>
die Leute aus dem Schlafe zu &#x017F;tören? Was Sie<lb/>
mir zu &#x017F;agen haben, können Sie mir von da<lb/>
unten &#x017F;agen.</p><lb/>
          <p>Auch die&#x017F;es, ver&#x017F;etzte ruhig Der unten mit der<lb/>
Stange. Die Unterredung aber muß vor &#x017F;ich ge-<lb/>
hen, damit ich heute noch meinen Ent&#x017F;chluß fa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kann. Kürze, die körnige Kürze der Sparter &#x017F;ei<lb/>
mein Mu&#x017F;ter, denn es zieht hier etwas &#x017F;tark an<lb/>
der Ecke. &#x2014; Herr von Münchhau&#x017F;en, der Men&#x017F;ch,<lb/>
welcher überhaupt die&#x017F;en Namen verdient, hat Ge-<lb/>
danken. Die&#x017F;e Gedanken haben einen Inhalt und<lb/>
die&#x017F;er Inhalt kann wahr oder fal&#x017F;ch &#x017F;eyn. Fal&#x017F;ch<lb/>
i&#x017F;t er, wenn er der Wirklichkeit wider-wahr, wenn<lb/>
er ihr ent&#x017F;pricht. Was nun die Wirklichkeit &#x017F;ei,<lb/>
i&#x017F;t zwar &#x017F;chwer zu &#x017F;agen, inde&#x017F;&#x017F;en, bis die&#x017F;es große<lb/>
Geheimniß entdeckt wird, mü&#x017F;&#x017F;en wir mit dem,<lb/>
was andere Men&#x017F;chen über un&#x017F;ere Gedanken denken,<lb/>
uns behelfen. Deßhalb i&#x017F;t es &#x017F;o überaus wichtig,<lb/>
Letzteres zu erfahren, weil wir dadurch zwar noch<lb/>
nicht die Wirklichkeit &#x017F;elb&#x017F;t, aber doch gleich&#x017F;am<lb/>
eine Anwei&#x017F;ung auf &#x017F;ie in die Hände bekommen.<lb/>
Eine &#x017F;olche Anwei&#x017F;ung wün&#x017F;chte ich gegenwärtig<lb/>
von Ihnen zu empfangen, Herr von Münch-<lb/>
hau&#x017F;en.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0091] die Leute aus dem Schlafe zu ſtören? Was Sie mir zu ſagen haben, können Sie mir von da unten ſagen. Auch dieſes, verſetzte ruhig Der unten mit der Stange. Die Unterredung aber muß vor ſich ge- hen, damit ich heute noch meinen Entſchluß faſſen kann. Kürze, die körnige Kürze der Sparter ſei mein Muſter, denn es zieht hier etwas ſtark an der Ecke. — Herr von Münchhauſen, der Menſch, welcher überhaupt dieſen Namen verdient, hat Ge- danken. Dieſe Gedanken haben einen Inhalt und dieſer Inhalt kann wahr oder falſch ſeyn. Falſch iſt er, wenn er der Wirklichkeit wider-wahr, wenn er ihr entſpricht. Was nun die Wirklichkeit ſei, iſt zwar ſchwer zu ſagen, indeſſen, bis dieſes große Geheimniß entdeckt wird, müſſen wir mit dem, was andere Menſchen über unſere Gedanken denken, uns behelfen. Deßhalb iſt es ſo überaus wichtig, Letzteres zu erfahren, weil wir dadurch zwar noch nicht die Wirklichkeit ſelbſt, aber doch gleichſam eine Anweiſung auf ſie in die Hände bekommen. Eine ſolche Anweiſung wünſchte ich gegenwärtig von Ihnen zu empfangen, Herr von Münch- hauſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/91
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/91>, abgerufen am 04.05.2024.