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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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keine irdische Speise zu sich, ich zweifle selbst, daß
dieses Geschrei um Kleien und Schrot anders als
symbolisch gemeint ist, wenigstens würde, wenn
Pochhammer dergleichen hinunterwürgte, nur der
Geist, so zu sagen, des Schweinfutters an den
Dämon in ihm gelangen.

Inzwischen hatte Kernbeißer dem magischen
Schneider zärtliche Vorwürfe gemacht. O Dürr,
sagte er, was für ein wüster Kerl bist du außer-
ordentlicher Mensch! In welche Tiefe warst du
wieder heute verfallen! -- Ich weiß nicht, ob es
ein Graben, oder eine Lehmgrube war, worein ich
verfallen gewesen, rief der Magische. -- Ein Gra-
ben, verehrtester Meister, sagte ich. Ich freue mich
außerordentlich, Ihre Bekanntschaft zu machen, und
daß ich so glücklich gewesen bin, Ihnen gleich eine
kleine Gefälligkeit haben erweisen zu dürfen.

Ihr Narren denkt immer, Unser Einer könne
halt stäts nüchtern und leer seyn, und dabei doch
die großen Ding' verrichten, sprach der magische
Schneider. Das geht so nicht. Die Teufelsban-
nungen und Beschwörereien ziehen Einem gräulich
den Nervengeist ab, und wenn man nicht nachgießt,
würde man bald fertig seyn. Ich hatt' im Dorf

keine irdiſche Speiſe zu ſich, ich zweifle ſelbſt, daß
dieſes Geſchrei um Kleien und Schrot anders als
ſymboliſch gemeint iſt, wenigſtens würde, wenn
Pochhammer dergleichen hinunterwürgte, nur der
Geiſt, ſo zu ſagen, des Schweinfutters an den
Dämon in ihm gelangen.

Inzwiſchen hatte Kernbeißer dem magiſchen
Schneider zärtliche Vorwürfe gemacht. O Dürr,
ſagte er, was für ein wüſter Kerl biſt du außer-
ordentlicher Menſch! In welche Tiefe warſt du
wieder heute verfallen! — Ich weiß nicht, ob es
ein Graben, oder eine Lehmgrube war, worein ich
verfallen geweſen, rief der Magiſche. — Ein Gra-
ben, verehrteſter Meiſter, ſagte ich. Ich freue mich
außerordentlich, Ihre Bekanntſchaft zu machen, und
daß ich ſo glücklich geweſen bin, Ihnen gleich eine
kleine Gefälligkeit haben erweiſen zu dürfen.

Ihr Narren denkt immer, Unſer Einer könne
halt ſtäts nüchtern und leer ſeyn, und dabei doch
die großen Ding’ verrichten, ſprach der magiſche
Schneider. Das geht ſo nicht. Die Teufelsban-
nungen und Beſchwörereien ziehen Einem gräulich
den Nervengeiſt ab, und wenn man nicht nachgießt,
würde man bald fertig ſeyn. Ich hatt’ im Dorf

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[258/0276] keine irdiſche Speiſe zu ſich, ich zweifle ſelbſt, daß dieſes Geſchrei um Kleien und Schrot anders als ſymboliſch gemeint iſt, wenigſtens würde, wenn Pochhammer dergleichen hinunterwürgte, nur der Geiſt, ſo zu ſagen, des Schweinfutters an den Dämon in ihm gelangen. Inzwiſchen hatte Kernbeißer dem magiſchen Schneider zärtliche Vorwürfe gemacht. O Dürr, ſagte er, was für ein wüſter Kerl biſt du außer- ordentlicher Menſch! In welche Tiefe warſt du wieder heute verfallen! — Ich weiß nicht, ob es ein Graben, oder eine Lehmgrube war, worein ich verfallen geweſen, rief der Magiſche. — Ein Gra- ben, verehrteſter Meiſter, ſagte ich. Ich freue mich außerordentlich, Ihre Bekanntſchaft zu machen, und daß ich ſo glücklich geweſen bin, Ihnen gleich eine kleine Gefälligkeit haben erweiſen zu dürfen. Ihr Narren denkt immer, Unſer Einer könne halt ſtäts nüchtern und leer ſeyn, und dabei doch die großen Ding’ verrichten, ſprach der magiſche Schneider. Das geht ſo nicht. Die Teufelsban- nungen und Beſchwörereien ziehen Einem gräulich den Nervengeiſt ab, und wenn man nicht nachgießt, würde man bald fertig ſeyn. Ich hatt’ im Dorf

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/276>, abgerufen am 11.05.2024.