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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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werden; Myn Heer van Streef klappte gähnend
die Mappe zu, sah noch einmal nach dem Canal,
verließ hierauf das Lusthaus und zog sich in das
Haupthaus zurück. Sobald es völlig dunkel war,
schloß Sebulon die Pforte; die Lichter, welche in
den Fenstern des Hauses eine kurze Zeit lang
leuchteten, erloschen allgemach -- ein Zeichen, daß
Herr und Dienerschaft in ihren Betten von den
Anstrengungen des Tages ausruhten. Das tiefste
Schweigen und die lautloseste Stille senkten sich
auf Welgelegen herab.

Ich habe unter den Beschäftigungen des Tages
anzumerken vergessen, daß Myn Heer van Streef
auch den Ankunftsaugenblick jeder der sechs Schuiten,
welche täglich von Harlem nach Amsterdam vor-
überfuhren, auf einer schwarzen Tafel, welche im
Lusthäuschen hing, zu notiren pflegte, und aus den
Unterschieden wöchentlich eine mittlere Zeit heraus-
rechnete. Ich hörte ihn zuweilen sagen, es sei sein
großter Kummer, daß diese Mittelzeiten nie stim-
men wollten, auch wenn er sie auf Monate, ja
selbst Jahre schlüge, und daß daher die rechte
mittlere Ankunftszeit einer Treckschuite noch immer
ein unlosbares Räthsel wäre.


werden; Myn Heer van Streef klappte gähnend
die Mappe zu, ſah noch einmal nach dem Canal,
verließ hierauf das Luſthaus und zog ſich in das
Haupthaus zurück. Sobald es völlig dunkel war,
ſchloß Sebulon die Pforte; die Lichter, welche in
den Fenſtern des Hauſes eine kurze Zeit lang
leuchteten, erloſchen allgemach — ein Zeichen, daß
Herr und Dienerſchaft in ihren Betten von den
Anſtrengungen des Tages ausruhten. Das tiefſte
Schweigen und die lautloſeſte Stille ſenkten ſich
auf Welgelegen herab.

Ich habe unter den Beſchäftigungen des Tages
anzumerken vergeſſen, daß Myn Heer van Streef
auch den Ankunftsaugenblick jeder der ſechs Schuiten,
welche täglich von Harlem nach Amſterdam vor-
überfuhren, auf einer ſchwarzen Tafel, welche im
Luſthäuschen hing, zu notiren pflegte, und aus den
Unterſchieden wöchentlich eine mittlere Zeit heraus-
rechnete. Ich hörte ihn zuweilen ſagen, es ſei ſein
großter Kummer, daß dieſe Mittelzeiten nie ſtim-
men wollten, auch wenn er ſie auf Monate, ja
ſelbſt Jahre ſchlüge, und daß daher die rechte
mittlere Ankunftszeit einer Treckſchuite noch immer
ein unlosbares Räthſel wäre.


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[194/0212] werden; Myn Heer van Streef klappte gähnend die Mappe zu, ſah noch einmal nach dem Canal, verließ hierauf das Luſthaus und zog ſich in das Haupthaus zurück. Sobald es völlig dunkel war, ſchloß Sebulon die Pforte; die Lichter, welche in den Fenſtern des Hauſes eine kurze Zeit lang leuchteten, erloſchen allgemach — ein Zeichen, daß Herr und Dienerſchaft in ihren Betten von den Anſtrengungen des Tages ausruhten. Das tiefſte Schweigen und die lautloſeſte Stille ſenkten ſich auf Welgelegen herab. Ich habe unter den Beſchäftigungen des Tages anzumerken vergeſſen, daß Myn Heer van Streef auch den Ankunftsaugenblick jeder der ſechs Schuiten, welche täglich von Harlem nach Amſterdam vor- überfuhren, auf einer ſchwarzen Tafel, welche im Luſthäuschen hing, zu notiren pflegte, und aus den Unterſchieden wöchentlich eine mittlere Zeit heraus- rechnete. Ich hörte ihn zuweilen ſagen, es ſei ſein großter Kummer, daß dieſe Mittelzeiten nie ſtim- men wollten, auch wenn er ſie auf Monate, ja ſelbſt Jahre ſchlüge, und daß daher die rechte mittlere Ankunftszeit einer Treckſchuite noch immer ein unlosbares Räthſel wäre.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/212>, abgerufen am 29.11.2024.