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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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getrunken, geraucht und die Meldung des zurück-
kehrenden Sebulon entgegen genommen. Darauf
ging Myn Heer van Streef in das Haupthaus,
kam angekleidet zurück in den Hof, stellte sich vor
die Voliere und demnächst vor jeden Abschlag der
Menagerie, sah die Einwohnerschaft der Voliere und
dann Jedes von uns eine geraume Zeit lang be-
dächtig an, schüttelte auf jeder dieser Stationen
das Haupt und sagte, so oft er schüttelte: Un-
vernünftige Thiere! -- Dieses that er jeden Tag, auch
wenn es regnete, Sebulon hielt ihm dann nur
während dieser geringschätzigen Betrachtungen den
Regenschirm über.

Waren die Allocutionen an die Voliere und
Menagerie geendiget, so ging er wieder in das
Haupthaus und speiste, es mochte dann etwa vier
Uhr Nachmittags seyn, zu Mittag; hielt darauf
seine Mittagsruhe und kehrte, abermals eine Mappe
unter dem Arme, jetzt aber eine grüne, sechs Uhr
Abends in das Lusthaus zurück. Er trank nun-
mehr seinen dritten Thee, rauchte, wie sich von
selbst versteht, abermals dazu und las dann Am-
sterdamer Stadtobligationen, die er in der grünen
Mappe verwahrte. Darüber pflegte es dunkel zu

Immermann's Münchhausen. 2. Th. 13

getrunken, geraucht und die Meldung des zurück-
kehrenden Sebulon entgegen genommen. Darauf
ging Myn Heer van Streef in das Haupthaus,
kam angekleidet zurück in den Hof, ſtellte ſich vor
die Voliere und demnächſt vor jeden Abſchlag der
Menagerie, ſah die Einwohnerſchaft der Voliere und
dann Jedes von uns eine geraume Zeit lang be-
dächtig an, ſchüttelte auf jeder dieſer Stationen
das Haupt und ſagte, ſo oft er ſchüttelte: Un-
vernünftige Thiere! — Dieſes that er jeden Tag, auch
wenn es regnete, Sebulon hielt ihm dann nur
während dieſer geringſchätzigen Betrachtungen den
Regenſchirm über.

Waren die Allocutionen an die Voliere und
Menagerie geendiget, ſo ging er wieder in das
Haupthaus und ſpeiſte, es mochte dann etwa vier
Uhr Nachmittags ſeyn, zu Mittag; hielt darauf
ſeine Mittagsruhe und kehrte, abermals eine Mappe
unter dem Arme, jetzt aber eine grüne, ſechs Uhr
Abends in das Luſthaus zurück. Er trank nun-
mehr ſeinen dritten Thee, rauchte, wie ſich von
ſelbſt verſteht, abermals dazu und las dann Am-
ſterdamer Stadtobligationen, die er in der grünen
Mappe verwahrte. Darüber pflegte es dunkel zu

Immermann’s Münchhauſen. 2. Th. 13
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[193/0211] getrunken, geraucht und die Meldung des zurück- kehrenden Sebulon entgegen genommen. Darauf ging Myn Heer van Streef in das Haupthaus, kam angekleidet zurück in den Hof, ſtellte ſich vor die Voliere und demnächſt vor jeden Abſchlag der Menagerie, ſah die Einwohnerſchaft der Voliere und dann Jedes von uns eine geraume Zeit lang be- dächtig an, ſchüttelte auf jeder dieſer Stationen das Haupt und ſagte, ſo oft er ſchüttelte: Un- vernünftige Thiere! — Dieſes that er jeden Tag, auch wenn es regnete, Sebulon hielt ihm dann nur während dieſer geringſchätzigen Betrachtungen den Regenſchirm über. Waren die Allocutionen an die Voliere und Menagerie geendiget, ſo ging er wieder in das Haupthaus und ſpeiſte, es mochte dann etwa vier Uhr Nachmittags ſeyn, zu Mittag; hielt darauf ſeine Mittagsruhe und kehrte, abermals eine Mappe unter dem Arme, jetzt aber eine grüne, ſechs Uhr Abends in das Luſthaus zurück. Er trank nun- mehr ſeinen dritten Thee, rauchte, wie ſich von ſelbſt verſteht, abermals dazu und las dann Am- ſterdamer Stadtobligationen, die er in der grünen Mappe verwahrte. Darüber pflegte es dunkel zu Immermann’s Münchhauſen. 2. Th. 13

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/211>, abgerufen am 29.11.2024.