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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Nachdem der Schloßherr, also rumorend, die
Gerichtsstube eingerichtet hatte, setzte er sich in den
orangeplüschenen Großvaterstuhl, legte die Hände
auf die Gerichtstafel und freute sich über sein zu
Stande gebrachtes Werk.

Das hat mir gefehlt! rief er. Eine feste
practische Beschäftigung mangelte mir! Darum
fühlte ich ungeachtet aller Studien bisher eine so
peinigende Leere. Denn wie gefüllte Blumen zwar
die schöneren zu seyn scheinen, eigentlich aber krän-
keln und früher absterben, als die einfachen, so ist
ein unbeschäftigter Mensch, wenn er seinen Geist
auch noch so herrlich schmückt, im besten Falle doch
nur einer gefüllten Blume gleich. Die Kräfte
seiner Seele vergeuden sich in eitler Blätterfülle
und abgesehen davon, daß nach ihm keine Frucht
bleibt, so erstickt er auch selbst bald an dem Ueber-
maaße mißgewandter Säfte. Dagegen leitet ein
thätiger Beruf die Geister, welche das Leben näh-
ren, in die rechten Röhren und Canäle, von denen
sie dann in gesunden und gottgefälligen Bildungen
als schlanke Stengel, frische Blätter, duftige Blüthen
ausgehen. Alle müßige Menschen, und seien sie
die bestgearteten, haben oder bekommen eine Neigung,

Nachdem der Schloßherr, alſo rumorend, die
Gerichtsſtube eingerichtet hatte, ſetzte er ſich in den
orangeplüſchenen Großvaterſtuhl, legte die Hände
auf die Gerichtstafel und freute ſich über ſein zu
Stande gebrachtes Werk.

Das hat mir gefehlt! rief er. Eine feſte
practiſche Beſchäftigung mangelte mir! Darum
fühlte ich ungeachtet aller Studien bisher eine ſo
peinigende Leere. Denn wie gefüllte Blumen zwar
die ſchöneren zu ſeyn ſcheinen, eigentlich aber krän-
keln und früher abſterben, als die einfachen, ſo iſt
ein unbeſchäftigter Menſch, wenn er ſeinen Geiſt
auch noch ſo herrlich ſchmückt, im beſten Falle doch
nur einer gefüllten Blume gleich. Die Kräfte
ſeiner Seele vergeuden ſich in eitler Blätterfülle
und abgeſehen davon, daß nach ihm keine Frucht
bleibt, ſo erſtickt er auch ſelbſt bald an dem Ueber-
maaße mißgewandter Säfte. Dagegen leitet ein
thätiger Beruf die Geiſter, welche das Leben näh-
ren, in die rechten Röhren und Canäle, von denen
ſie dann in geſunden und gottgefälligen Bildungen
als ſchlanke Stengel, friſche Blätter, duftige Blüthen
ausgehen. Alle müßige Menſchen, und ſeien ſie
die beſtgearteten, haben oder bekommen eine Neigung,

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[88/0106] Nachdem der Schloßherr, alſo rumorend, die Gerichtsſtube eingerichtet hatte, ſetzte er ſich in den orangeplüſchenen Großvaterſtuhl, legte die Hände auf die Gerichtstafel und freute ſich über ſein zu Stande gebrachtes Werk. Das hat mir gefehlt! rief er. Eine feſte practiſche Beſchäftigung mangelte mir! Darum fühlte ich ungeachtet aller Studien bisher eine ſo peinigende Leere. Denn wie gefüllte Blumen zwar die ſchöneren zu ſeyn ſcheinen, eigentlich aber krän- keln und früher abſterben, als die einfachen, ſo iſt ein unbeſchäftigter Menſch, wenn er ſeinen Geiſt auch noch ſo herrlich ſchmückt, im beſten Falle doch nur einer gefüllten Blume gleich. Die Kräfte ſeiner Seele vergeuden ſich in eitler Blätterfülle und abgeſehen davon, daß nach ihm keine Frucht bleibt, ſo erſtickt er auch ſelbſt bald an dem Ueber- maaße mißgewandter Säfte. Dagegen leitet ein thätiger Beruf die Geiſter, welche das Leben näh- ren, in die rechten Röhren und Canäle, von denen ſie dann in geſunden und gottgefälligen Bildungen als ſchlanke Stengel, friſche Blätter, duftige Blüthen ausgehen. Alle müßige Menſchen, und ſeien ſie die beſtgearteten, haben oder bekommen eine Neigung,

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/106>, abgerufen am 22.12.2024.