Geschichte -- ich sage Ihnen, es ist rein unmöglich, daß man auf 305 Seiten, wie Karl Gutzkow gethan, den Gott, und die Revolutionen und den Teufel und seine Großmutter in der Geschichte abhandeln kann. Aber das ist auch gar nicht seine Absicht gewesen, wie sich aus dem Vorworte ergiebt, welches ich lesen mußte, weil ich einen Carton einzulegen hatte. Denn darin sagt der Autor, er habe keine anderen Quellen zur "Philo- sophie der Geschichte" benutzen können, als höchstens einige an die Wand gekritzelte Verwünschungen der Langenweile, oder einige in die Fensterscheiben geschnittne Wahlsprüche zahlloser unbekannter Na- mensinschriften. Wenn er nun das Buch, was er vermuthlich auch nur schrieb, um sich die Lange- weile zu vertreiben, dennoch herausgab, so konnte das nur in der einzigen Absicht geschehen, Memoiren über seine schlechten und mangelhaftigen Studien zu liefern, und der Titel, wie ich ihn mit goldenen Lettern setzte, ist ganz richtig, nämlich: Zur Phi- losophie der Geschichte von Karl Gutzkow.
Warum ich aber die letzten Capitel Ihres Buches zu den ersten machte, das sollen Sie auch gleich vernehmen. Sie hatten die Münchhausenschen
Geſchichte — ich ſage Ihnen, es iſt rein unmöglich, daß man auf 305 Seiten, wie Karl Gutzkow gethan, den Gott, und die Revolutionen und den Teufel und ſeine Großmutter in der Geſchichte abhandeln kann. Aber das iſt auch gar nicht ſeine Abſicht geweſen, wie ſich aus dem Vorworte ergiebt, welches ich leſen mußte, weil ich einen Carton einzulegen hatte. Denn darin ſagt der Autor, er habe keine anderen Quellen zur „Philo- ſophie der Geſchichte“ benutzen können, als höchſtens einige an die Wand gekritzelte Verwünſchungen der Langenweile, oder einige in die Fenſterſcheiben geſchnittne Wahlſprüche zahlloſer unbekannter Na- mensinſchriften. Wenn er nun das Buch, was er vermuthlich auch nur ſchrieb, um ſich die Lange- weile zu vertreiben, dennoch herausgab, ſo konnte das nur in der einzigen Abſicht geſchehen, Memoiren über ſeine ſchlechten und mangelhaftigen Studien zu liefern, und der Titel, wie ich ihn mit goldenen Lettern ſetzte, iſt ganz richtig, nämlich: Zur Phi- loſophie der Geſchichte von Karl Gutzkow.
Warum ich aber die letzten Capitel Ihres Buches zu den erſten machte, das ſollen Sie auch gleich vernehmen. Sie hatten die Münchhauſenſchen
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Geſchichte — ich ſage Ihnen, es iſt rein unmöglich,
daß man auf 305 Seiten, wie Karl Gutzkow
gethan, den Gott, und die Revolutionen und den
Teufel und ſeine Großmutter in der Geſchichte
abhandeln kann. Aber das iſt auch gar nicht
ſeine Abſicht geweſen, wie ſich aus dem Vorworte
ergiebt, welches ich leſen mußte, weil ich einen
Carton einzulegen hatte. Denn darin ſagt der
Autor, er habe keine anderen Quellen zur „Philo-
ſophie der Geſchichte“ benutzen können, als höchſtens
einige an die Wand gekritzelte Verwünſchungen der
Langenweile, oder einige in die Fenſterſcheiben
geſchnittne Wahlſprüche zahlloſer unbekannter Na-
mensinſchriften. Wenn er nun das Buch, was
er vermuthlich auch nur ſchrieb, um ſich die Lange-
weile zu vertreiben, dennoch herausgab, ſo konnte
das nur in der einzigen Abſicht geſchehen, Memoiren
über ſeine ſchlechten und mangelhaftigen Studien
zu liefern, und der Titel, wie ich ihn mit goldenen
Lettern ſetzte, iſt ganz richtig, nämlich: Zur Phi-
loſophie der Geſchichte von Karl Gutzkow.
Warum ich aber die letzten Capitel Ihres
Buches zu den erſten machte, das ſollen Sie auch
gleich vernehmen. Sie hatten die Münchhauſenſchen
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/97>, abgerufen am 23.11.2024.
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