Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.der Wiedertäufer zu schreiben, welcher ihm den Bescheid er¬ "Die Verdammung ist nicht göttlich, denn bei Gott ist Bald aber folgt eine Menge von Ungereimtheiten, in der Wiedertaͤufer zu ſchreiben, welcher ihm den Beſcheid er¬ „Die Verdammung iſt nicht goͤttlich, denn bei Gott iſt Bald aber folgt eine Menge von Ungereimtheiten, in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060" n="52"/> der Wiedertaͤufer zu ſchreiben, welcher ihm den Beſcheid er¬<lb/> theilte, daß er nunmehr definitiv aus der Secte ausgeſtoßen<lb/> ſei. Daß ſein Gemuͤthszuſtand durch die nochmalige Aufregung<lb/> aller ihm ſo verderblich gewordenen religioͤſen Controverſen und<lb/> nach allem Vorhergegangenen nun gaͤnzlich aus den Fugen wei¬<lb/> chen mußte, begreift ſich leicht, daher denn auch der Ungeſtuͤm<lb/> ſeiner Aufregung in eine mit jedem Tage zunehmende Verſtan¬<lb/> desverwirrung uͤberging. Merkwuͤrdig iſt beſonders ein in dieſer<lb/> Zeit von ihm verfaßter Aufſatz mit der Ueberſchrift: „Beant¬<lb/> wortung uͤber das Rundſchreiben des Papſtes Gregor <hi rendition="#aq">XVI</hi>. aus<lb/> Rom vom 23. Mai 1844.” Derſelbe beginnt mit richtigen,<lb/> wenn auch deſultoriſchen Bemerkungen, um bald in die unge¬<lb/> reimteſten Wahnvorſtellungen ſich zu verlieren, wie es denn oft<lb/> beobachtet wird, daß Geiſteskranke einen Aufſatz ganz verſtaͤn¬<lb/> dig anfangen, weil ſie noch in Gemuͤthsruhe ſich befinden, bald<lb/> aber beim Schreiben durch die ihnen zuſtroͤmenden Vorſtellun¬<lb/> gen in Aufregung und durch ſie in voͤllige Geiſtesverwirrung<lb/> gerathen. Als Probe davon moͤgen einige Bruchſtuͤcke aus je¬<lb/> nem Aufſatze dienen, welcher mit den Worten anhebt:</p><lb/> <p>„Die Verdammung iſt nicht goͤttlich, denn bei Gott iſt<lb/> kein Verdammen mehr. Sein Wort auszubreiten iſt ſogar<lb/> Befehl unſres Herrn Jeſu Chriſti: Gehet hin in alle Welt,<lb/> und lehret alle Voͤlker, und taufet ſie im Namen Gottes des<lb/> Vaters, des Sohnes und des heiligen Geiſtes, denn ſiehe, Ich<lb/> bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende. Und wir<lb/> ſind aus der lebendigen Kraft Gottes uͤberzeugt von ſeiner<lb/> Wahrheit, welche es verheißen hat, daß er bei uns iſt und in<lb/> uns iſt der Geiſt der Wahrheit. — Nun ſind wir zwar noch<lb/> nicht vollendet, aber er iſt in uns, der Vater und der Sohn,<lb/> weil wir in ſeiner Lehre bleiben. — Die Heiligen rufen wir<lb/> nicht an, weil ſie Menſchen geweſen ſind, und wenn wir ih¬<lb/> nen im Glauben nachfolgen, ſind wir ſo heilig wie ſie, denn<lb/> ſie hat der Geiſt Gottes getrieben, wie uns, und wir ſind<lb/> Gottes Kinder gleichwie ſie. Gott aber lehrt uns, alle Ab¬<lb/> goͤtterei zu verabſcheuen.”</p><lb/> <p>Bald aber folgt eine Menge von Ungereimtheiten, in<lb/> denen man vergebens einen Sinn ſucht: „Du <hi rendition="#aq">XVI</hi> Kreuz<lb/> Vater, du ſtellſt deine <hi rendition="#aq">X</hi> auf die Dreieinigkeit, dann bleiben<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0060]
der Wiedertaͤufer zu ſchreiben, welcher ihm den Beſcheid er¬
theilte, daß er nunmehr definitiv aus der Secte ausgeſtoßen
ſei. Daß ſein Gemuͤthszuſtand durch die nochmalige Aufregung
aller ihm ſo verderblich gewordenen religioͤſen Controverſen und
nach allem Vorhergegangenen nun gaͤnzlich aus den Fugen wei¬
chen mußte, begreift ſich leicht, daher denn auch der Ungeſtuͤm
ſeiner Aufregung in eine mit jedem Tage zunehmende Verſtan¬
desverwirrung uͤberging. Merkwuͤrdig iſt beſonders ein in dieſer
Zeit von ihm verfaßter Aufſatz mit der Ueberſchrift: „Beant¬
wortung uͤber das Rundſchreiben des Papſtes Gregor XVI. aus
Rom vom 23. Mai 1844.” Derſelbe beginnt mit richtigen,
wenn auch deſultoriſchen Bemerkungen, um bald in die unge¬
reimteſten Wahnvorſtellungen ſich zu verlieren, wie es denn oft
beobachtet wird, daß Geiſteskranke einen Aufſatz ganz verſtaͤn¬
dig anfangen, weil ſie noch in Gemuͤthsruhe ſich befinden, bald
aber beim Schreiben durch die ihnen zuſtroͤmenden Vorſtellun¬
gen in Aufregung und durch ſie in voͤllige Geiſtesverwirrung
gerathen. Als Probe davon moͤgen einige Bruchſtuͤcke aus je¬
nem Aufſatze dienen, welcher mit den Worten anhebt:
„Die Verdammung iſt nicht goͤttlich, denn bei Gott iſt
kein Verdammen mehr. Sein Wort auszubreiten iſt ſogar
Befehl unſres Herrn Jeſu Chriſti: Gehet hin in alle Welt,
und lehret alle Voͤlker, und taufet ſie im Namen Gottes des
Vaters, des Sohnes und des heiligen Geiſtes, denn ſiehe, Ich
bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende. Und wir
ſind aus der lebendigen Kraft Gottes uͤberzeugt von ſeiner
Wahrheit, welche es verheißen hat, daß er bei uns iſt und in
uns iſt der Geiſt der Wahrheit. — Nun ſind wir zwar noch
nicht vollendet, aber er iſt in uns, der Vater und der Sohn,
weil wir in ſeiner Lehre bleiben. — Die Heiligen rufen wir
nicht an, weil ſie Menſchen geweſen ſind, und wenn wir ih¬
nen im Glauben nachfolgen, ſind wir ſo heilig wie ſie, denn
ſie hat der Geiſt Gottes getrieben, wie uns, und wir ſind
Gottes Kinder gleichwie ſie. Gott aber lehrt uns, alle Ab¬
goͤtterei zu verabſcheuen.”
Bald aber folgt eine Menge von Ungereimtheiten, in
denen man vergebens einen Sinn ſucht: „Du XVI Kreuz
Vater, du ſtellſt deine X auf die Dreieinigkeit, dann bleiben
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