würde, und gebot ihm, des Freitags zu fasten, worin G. ihm auch bereitwillig folgte. Auch veranlaßte er ihn, sich ein ge¬ wirktes Bild von Christus zu kaufen, und dasselbe auf Leder befestigt an einer Schnur auf der Brust zu tragen, welches er auch that, bis ihm das Bild in der Charite abgenommen wurde. Endlich forderte er ihn auf, den Armen so reichlich Almosen zu geben, als er irgend könne, daher denn G. meh¬ rere Sachen von Werth wegschenkte, einige Bilder, welche ihm als heidnisch bezeichnet wurden, fremden Kindern gab, und sich darin durch den Widerspruch seiner Frau nicht irre machen ließ, indem er ihr erwiederte, das gehe sie nichts an, sie werde schon sehen, wenn die Zeit komme. Durch gehässige Einflüste¬ rungen des H. entstand zuletzt eine solche Zwietracht zwischen beiden Ehegatten, daß die Frau während der letzten Monate mit ihren Kindern eine andere Zufluchtsstätte aufsuchte. Un¬ ter anderen hatte er ihr auch gesagt, er werde von jetzt an alle sinnliche Gemeinschaft mit ihr abbrechen, und nur im Geiste mit ihr leben, um dem Heilande ganz ähnlich zu wer¬ den. Denn nach dem Ausspruche desselben, daß Niemand das Himmelreich ererben könne, es sei denn, daß er von neuem geboren werde, müsse sich der Mensch aller Fleischeslust erweh¬ ren, durch welche er zum Thier herabgewürdigt werde.
Der fromme Wahn des G. war nun zum vollen Ausbruch gekommen in der Ueberzeugung, daß er der Prophet Elias sei. Bethört durch die Faseleien des H. hielt er es für nothwen¬ dig, für die Feier des Gottesdienstes ein weißes Kleid anzu¬ legen, zum Unterschiede von den schwarzen Kleidern, welche die Weltkinder sowohl in der Kirche als bei ihren Trinkgela¬ gen und anderen noch schlimmeren Vergnügungen tragen, und dadurch besudeln; dagegen das beim Gottesdienste benutzte Ge¬ wand zu keinem anderen Gebrauch dienen solle. Er ließ sich deshalb von weißem Kattun Rock, Beinkleider und Weste ver¬ fertigen, schaffte sich einen weißen Hut an, und besuchte in diesem Aufzuge mehrmals die Kirche. Nach seiner Versiche¬ rung zog er zwar in letzterer die Aufmerksamkeit der Versamm¬ lung auf sich, ohne indeß eine Störung zu veranlassen, dage¬ gen er auf der Straße oft von Gassenbuben verfolgt wurde, welche ihn spottend ein Gespenst nannten. Mit jedem Sonn¬
wuͤrde, und gebot ihm, des Freitags zu faſten, worin G. ihm auch bereitwillig folgte. Auch veranlaßte er ihn, ſich ein ge¬ wirktes Bild von Chriſtus zu kaufen, und daſſelbe auf Leder befeſtigt an einer Schnur auf der Bruſt zu tragen, welches er auch that, bis ihm das Bild in der Charité abgenommen wurde. Endlich forderte er ihn auf, den Armen ſo reichlich Almoſen zu geben, als er irgend koͤnne, daher denn G. meh¬ rere Sachen von Werth wegſchenkte, einige Bilder, welche ihm als heidniſch bezeichnet wurden, fremden Kindern gab, und ſich darin durch den Widerſpruch ſeiner Frau nicht irre machen ließ, indem er ihr erwiederte, das gehe ſie nichts an, ſie werde ſchon ſehen, wenn die Zeit komme. Durch gehaͤſſige Einfluͤſte¬ rungen des H. entſtand zuletzt eine ſolche Zwietracht zwiſchen beiden Ehegatten, daß die Frau waͤhrend der letzten Monate mit ihren Kindern eine andere Zufluchtsſtaͤtte aufſuchte. Un¬ ter anderen hatte er ihr auch geſagt, er werde von jetzt an alle ſinnliche Gemeinſchaft mit ihr abbrechen, und nur im Geiſte mit ihr leben, um dem Heilande ganz aͤhnlich zu wer¬ den. Denn nach dem Ausſpruche deſſelben, daß Niemand das Himmelreich ererben koͤnne, es ſei denn, daß er von neuem geboren werde, muͤſſe ſich der Menſch aller Fleiſchesluſt erweh¬ ren, durch welche er zum Thier herabgewuͤrdigt werde.
Der fromme Wahn des G. war nun zum vollen Ausbruch gekommen in der Ueberzeugung, daß er der Prophet Elias ſei. Bethoͤrt durch die Faſeleien des H. hielt er es fuͤr nothwen¬ dig, fuͤr die Feier des Gottesdienſtes ein weißes Kleid anzu¬ legen, zum Unterſchiede von den ſchwarzen Kleidern, welche die Weltkinder ſowohl in der Kirche als bei ihren Trinkgela¬ gen und anderen noch ſchlimmeren Vergnuͤgungen tragen, und dadurch beſudeln; dagegen das beim Gottesdienſte benutzte Ge¬ wand zu keinem anderen Gebrauch dienen ſolle. Er ließ ſich deshalb von weißem Kattun Rock, Beinkleider und Weſte ver¬ fertigen, ſchaffte ſich einen weißen Hut an, und beſuchte in dieſem Aufzuge mehrmals die Kirche. Nach ſeiner Verſiche¬ rung zog er zwar in letzterer die Aufmerkſamkeit der Verſamm¬ lung auf ſich, ohne indeß eine Stoͤrung zu veranlaſſen, dage¬ gen er auf der Straße oft von Gaſſenbuben verfolgt wurde, welche ihn ſpottend ein Geſpenſt nannten. Mit jedem Sonn¬
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wuͤrde, und gebot ihm, des Freitags zu faſten, worin G. ihm
auch bereitwillig folgte. Auch veranlaßte er ihn, ſich ein ge¬
wirktes Bild von Chriſtus zu kaufen, und daſſelbe auf Leder
befeſtigt an einer Schnur auf der Bruſt zu tragen, welches
er auch that, bis ihm das Bild in der Charité abgenommen
wurde. Endlich forderte er ihn auf, den Armen ſo reichlich
Almoſen zu geben, als er irgend koͤnne, daher denn G. meh¬
rere Sachen von Werth wegſchenkte, einige Bilder, welche
ihm als heidniſch bezeichnet wurden, fremden Kindern gab, und
ſich darin durch den Widerſpruch ſeiner Frau nicht irre machen
ließ, indem er ihr erwiederte, das gehe ſie nichts an, ſie werde
ſchon ſehen, wenn die Zeit komme. Durch gehaͤſſige Einfluͤſte¬
rungen des H. entſtand zuletzt eine ſolche Zwietracht zwiſchen
beiden Ehegatten, daß die Frau waͤhrend der letzten Monate
mit ihren Kindern eine andere Zufluchtsſtaͤtte aufſuchte. Un¬
ter anderen hatte er ihr auch geſagt, er werde von jetzt an
alle ſinnliche Gemeinſchaft mit ihr abbrechen, und nur im
Geiſte mit ihr leben, um dem Heilande ganz aͤhnlich zu wer¬
den. Denn nach dem Ausſpruche deſſelben, daß Niemand das
Himmelreich ererben koͤnne, es ſei denn, daß er von neuem
geboren werde, muͤſſe ſich der Menſch aller Fleiſchesluſt erweh¬
ren, durch welche er zum Thier herabgewuͤrdigt werde.
Der fromme Wahn des G. war nun zum vollen Ausbruch
gekommen in der Ueberzeugung, daß er der Prophet Elias ſei.
Bethoͤrt durch die Faſeleien des H. hielt er es fuͤr nothwen¬
dig, fuͤr die Feier des Gottesdienſtes ein weißes Kleid anzu¬
legen, zum Unterſchiede von den ſchwarzen Kleidern, welche
die Weltkinder ſowohl in der Kirche als bei ihren Trinkgela¬
gen und anderen noch ſchlimmeren Vergnuͤgungen tragen, und
dadurch beſudeln; dagegen das beim Gottesdienſte benutzte Ge¬
wand zu keinem anderen Gebrauch dienen ſolle. Er ließ ſich
deshalb von weißem Kattun Rock, Beinkleider und Weſte ver¬
fertigen, ſchaffte ſich einen weißen Hut an, und beſuchte in
dieſem Aufzuge mehrmals die Kirche. Nach ſeiner Verſiche¬
rung zog er zwar in letzterer die Aufmerkſamkeit der Verſamm¬
lung auf ſich, ohne indeß eine Stoͤrung zu veranlaſſen, dage¬
gen er auf der Straße oft von Gaſſenbuben verfolgt wurde,
welche ihn ſpottend ein Geſpenſt nannten. Mit jedem Sonn¬
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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/200>, abgerufen am 05.07.2024.
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