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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.

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ten Apostel befreiten. Einmal erschienen schwarze Engel ohne
Gesicht, gleich Mohren, und sie stellten die im Feuer verbrannten
Bösen vor, welche sich rings um die G. an den Wänden aufstel¬
len mußten, wodurch Gott aus Erbarmen für ihre unschuldigen
Aeltern sie als Engel erweisen wollte. Bei einer anderen Gele¬
genheit lief eine Kette, schwarz mit goldenen Punkten, durch die
Wände queer über die Commode fort, während Ratten und
Mäuse auf derselben herumschwärmten, und in die Tassen hinein¬
schauten; es sollte damit bezeichnet werden, daß die Allmacht
Gottes Alles durchdringe, und die Menschen, welche von Ael¬
tern bis auf Adam gleich Gott abstammten, zu Insecten und
Thieren geworden seien.

Diese Visionen, welche Anfangs nur in den Nächten sich
zeigten, dauerten später auch den Tag über fort, und die G. ist
während der letzten beiden Jahre niemals mehr von ihnen ganz
befreit gewesen. Fast immer waren sie Darstellungen von Meta¬
morphosen der Menschen in Thiere, und ihrer Auferstehung zu
einem höheren Dasein in mannigfachen Stufenfolgen von Umbil¬
dungen, bis sie zur Gestalt der Fleischengel verklärt wurden. Je¬
desmal sah die G. nur einzelne Abschnitte der Metempsychosen,
welche sich in den mannigfaltigsten Formen wiederholten, und
von mancherlei himmlischen Erscheinungen anderer Art begleitet
waren. So gewahrte sie einst die im Himmel umherstehenden
Apostel, welche in blauen Röcken wie Uniformen gekleidet wa¬
ren, nachdem sie ihre Mäntel abgeworfen hatten. Sie stiegen
auf die Erde herab, welches sie jedoch erst vermochten, als die G.
auf Befehl Gottes Schwenkungen mit dem Arm in der Luft,
gleichsam Beschwörungsgesticulationen gemacht hatte. Hier¬
auf eröffnete sich ein Grab, aus welchem Gott als ein klei¬
ner grauer Mann emporstieg, um ihr anzukündigen, daß die
Arbeit nun beginnen solle, worunter jene Umgestaltung der
Menschen zu verstehen war. Darauf erschien über einem gro¬
ßen Walde ein Altar, auf welchem sich Gott rechts, und
Christus links in der Uniform eines Jägerofficiers stellte, um¬
ringt von Fleischengeln in großen Schaaren, zu deren Linken
graue und blaue Engel standen. Gott sprach so dumpf, daß
die G. es nicht verstehen konnte; sie ahnte jedoch, daß er die
Schöpfungsworte zu Anfang der Genesis gesprochen, habe. --

ten Apoſtel befreiten. Einmal erſchienen ſchwarze Engel ohne
Geſicht, gleich Mohren, und ſie ſtellten die im Feuer verbrannten
Boͤſen vor, welche ſich rings um die G. an den Waͤnden aufſtel¬
len mußten, wodurch Gott aus Erbarmen fuͤr ihre unſchuldigen
Aeltern ſie als Engel erweiſen wollte. Bei einer anderen Gele¬
genheit lief eine Kette, ſchwarz mit goldenen Punkten, durch die
Waͤnde queer uͤber die Commode fort, waͤhrend Ratten und
Maͤuſe auf derſelben herumſchwaͤrmten, und in die Taſſen hinein¬
ſchauten; es ſollte damit bezeichnet werden, daß die Allmacht
Gottes Alles durchdringe, und die Menſchen, welche von Ael¬
tern bis auf Adam gleich Gott abſtammten, zu Inſecten und
Thieren geworden ſeien.

Dieſe Viſionen, welche Anfangs nur in den Naͤchten ſich
zeigten, dauerten ſpaͤter auch den Tag uͤber fort, und die G. iſt
waͤhrend der letzten beiden Jahre niemals mehr von ihnen ganz
befreit geweſen. Faſt immer waren ſie Darſtellungen von Meta¬
morphoſen der Menſchen in Thiere, und ihrer Auferſtehung zu
einem hoͤheren Daſein in mannigfachen Stufenfolgen von Umbil¬
dungen, bis ſie zur Geſtalt der Fleiſchengel verklaͤrt wurden. Je¬
desmal ſah die G. nur einzelne Abſchnitte der Metempſychoſen,
welche ſich in den mannigfaltigſten Formen wiederholten, und
von mancherlei himmliſchen Erſcheinungen anderer Art begleitet
waren. So gewahrte ſie einſt die im Himmel umherſtehenden
Apoſtel, welche in blauen Roͤcken wie Uniformen gekleidet wa¬
ren, nachdem ſie ihre Maͤntel abgeworfen hatten. Sie ſtiegen
auf die Erde herab, welches ſie jedoch erſt vermochten, als die G.
auf Befehl Gottes Schwenkungen mit dem Arm in der Luft,
gleichſam Beſchwoͤrungsgeſticulationen gemacht hatte. Hier¬
auf eroͤffnete ſich ein Grab, aus welchem Gott als ein klei¬
ner grauer Mann emporſtieg, um ihr anzukuͤndigen, daß die
Arbeit nun beginnen ſolle, worunter jene Umgeſtaltung der
Menſchen zu verſtehen war. Darauf erſchien uͤber einem gro¬
ßen Walde ein Altar, auf welchem ſich Gott rechts, und
Chriſtus links in der Uniform eines Jaͤgerofficiers ſtellte, um¬
ringt von Fleiſchengeln in großen Schaaren, zu deren Linken
graue und blaue Engel ſtanden. Gott ſprach ſo dumpf, daß
die G. es nicht verſtehen konnte; ſie ahnte jedoch, daß er die
Schoͤpfungsworte zu Anfang der Geneſis geſprochen, habe. —

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[143/0151] ten Apoſtel befreiten. Einmal erſchienen ſchwarze Engel ohne Geſicht, gleich Mohren, und ſie ſtellten die im Feuer verbrannten Boͤſen vor, welche ſich rings um die G. an den Waͤnden aufſtel¬ len mußten, wodurch Gott aus Erbarmen fuͤr ihre unſchuldigen Aeltern ſie als Engel erweiſen wollte. Bei einer anderen Gele¬ genheit lief eine Kette, ſchwarz mit goldenen Punkten, durch die Waͤnde queer uͤber die Commode fort, waͤhrend Ratten und Maͤuſe auf derſelben herumſchwaͤrmten, und in die Taſſen hinein¬ ſchauten; es ſollte damit bezeichnet werden, daß die Allmacht Gottes Alles durchdringe, und die Menſchen, welche von Ael¬ tern bis auf Adam gleich Gott abſtammten, zu Inſecten und Thieren geworden ſeien. Dieſe Viſionen, welche Anfangs nur in den Naͤchten ſich zeigten, dauerten ſpaͤter auch den Tag uͤber fort, und die G. iſt waͤhrend der letzten beiden Jahre niemals mehr von ihnen ganz befreit geweſen. Faſt immer waren ſie Darſtellungen von Meta¬ morphoſen der Menſchen in Thiere, und ihrer Auferſtehung zu einem hoͤheren Daſein in mannigfachen Stufenfolgen von Umbil¬ dungen, bis ſie zur Geſtalt der Fleiſchengel verklaͤrt wurden. Je¬ desmal ſah die G. nur einzelne Abſchnitte der Metempſychoſen, welche ſich in den mannigfaltigſten Formen wiederholten, und von mancherlei himmliſchen Erſcheinungen anderer Art begleitet waren. So gewahrte ſie einſt die im Himmel umherſtehenden Apoſtel, welche in blauen Roͤcken wie Uniformen gekleidet wa¬ ren, nachdem ſie ihre Maͤntel abgeworfen hatten. Sie ſtiegen auf die Erde herab, welches ſie jedoch erſt vermochten, als die G. auf Befehl Gottes Schwenkungen mit dem Arm in der Luft, gleichſam Beſchwoͤrungsgeſticulationen gemacht hatte. Hier¬ auf eroͤffnete ſich ein Grab, aus welchem Gott als ein klei¬ ner grauer Mann emporſtieg, um ihr anzukuͤndigen, daß die Arbeit nun beginnen ſolle, worunter jene Umgeſtaltung der Menſchen zu verſtehen war. Darauf erſchien uͤber einem gro¬ ßen Walde ein Altar, auf welchem ſich Gott rechts, und Chriſtus links in der Uniform eines Jaͤgerofficiers ſtellte, um¬ ringt von Fleiſchengeln in großen Schaaren, zu deren Linken graue und blaue Engel ſtanden. Gott ſprach ſo dumpf, daß die G. es nicht verſtehen konnte; ſie ahnte jedoch, daß er die Schoͤpfungsworte zu Anfang der Geneſis geſprochen, habe. —

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Zitationshilfe: Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/151>, abgerufen am 25.11.2024.