mals um 25 Prozent gestiegen, während die der männlichen sich nur um 16 Prozent vermehrt hat.
Die Bedingungen, unter denen die Frauenarbeit ausgeübt wurde, waren und sind aber nichtsdesto- weniger zum großen Teil auch noch heute trau- riger Art. Jhre Bewertung ist durchweg niedriger als die des Mannes; von der vom Landwirt und Fabrikherrn bezahlten Arbeiterin angefangen, bis zu der von der Stadt und vom Staat an- gestellten Lehrerin und Beamtin, wird die Frau durchweg schlechter bezahlt als der Mann, ja, der Staat erweist sich sogar als der noch härtere Brot- geber, indem die Verheiratung Verlust der Stelle im staatlichen Dienst für die Frau zur Folge hat; die größere Billigkeit der Frauenarbeit ist zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden, daß, als vor einiger Zeit in einer Stadtverordneten- versammlung in einem der bedeutendsten west- lichen Berliner Vororte bei einer Vorlage über den Bau einer Verbindungsstraße das Verlangen ge- stellt wurde, dem Unternehmer aufzugeben, die Beschäftigung von Frauen und Mädchen bei den schweren Ausschachtungsarbeiten zu unterlassen, dieser Antrag abgelehnt wurde, weil, wie einer der Herren bemerkte, die Gemeinde das Unternehmer- interesse, das auch ihr zugute komme, nicht an- tasten dürfe, weil die "weiblichen Arbeitskräfte eben billiger sind". Dieser Grundsatz ist es, der vor
mals um 25 Prozent gestiegen, während die der männlichen sich nur um 16 Prozent vermehrt hat.
Die Bedingungen, unter denen die Frauenarbeit ausgeübt wurde, waren und sind aber nichtsdesto- weniger zum großen Teil auch noch heute trau- riger Art. Jhre Bewertung ist durchweg niedriger als die des Mannes; von der vom Landwirt und Fabrikherrn bezahlten Arbeiterin angefangen, bis zu der von der Stadt und vom Staat an- gestellten Lehrerin und Beamtin, wird die Frau durchweg schlechter bezahlt als der Mann, ja, der Staat erweist sich sogar als der noch härtere Brot- geber, indem die Verheiratung Verlust der Stelle im staatlichen Dienst für die Frau zur Folge hat; die größere Billigkeit der Frauenarbeit ist zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden, daß, als vor einiger Zeit in einer Stadtverordneten- versammlung in einem der bedeutendsten west- lichen Berliner Vororte bei einer Vorlage über den Bau einer Verbindungsstraße das Verlangen ge- stellt wurde, dem Unternehmer aufzugeben, die Beschäftigung von Frauen und Mädchen bei den schweren Ausschachtungsarbeiten zu unterlassen, dieser Antrag abgelehnt wurde, weil, wie einer der Herren bemerkte, die Gemeinde das Unternehmer- interesse, das auch ihr zugute komme, nicht an- tasten dürfe, weil die „weiblichen Arbeitskräfte eben billiger sind“. Dieser Grundsatz ist es, der vor
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mals um 25 Prozent gestiegen, während die der
männlichen sich nur um 16 Prozent vermehrt hat.
Die Bedingungen, unter denen die Frauenarbeit
ausgeübt wurde, waren und sind aber nichtsdesto-
weniger zum großen Teil auch noch heute trau-
riger Art. Jhre Bewertung ist durchweg niedriger
als die des Mannes; von der vom Landwirt und
Fabrikherrn bezahlten Arbeiterin angefangen,
bis zu der von der Stadt und vom Staat an-
gestellten Lehrerin und Beamtin, wird die Frau
durchweg schlechter bezahlt als der Mann, ja, der
Staat erweist sich sogar als der noch härtere Brot-
geber, indem die Verheiratung Verlust der Stelle
im staatlichen Dienst für die Frau zur Folge hat;
die größere Billigkeit der Frauenarbeit ist zu einer
solchen Selbstverständlichkeit geworden, daß, als
vor einiger Zeit in einer Stadtverordneten-
versammlung in einem der bedeutendsten west-
lichen Berliner Vororte bei einer Vorlage über den
Bau einer Verbindungsstraße das Verlangen ge-
stellt wurde, dem Unternehmer aufzugeben, die
Beschäftigung von Frauen und Mädchen bei den
schweren Ausschachtungsarbeiten zu unterlassen,
dieser Antrag abgelehnt wurde, weil, wie einer der
Herren bemerkte, die Gemeinde das Unternehmer-
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tasten dürfe, weil die „weiblichen Arbeitskräfte
eben billiger sind“. Dieser Grundsatz ist es, der vor
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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/42>, abgerufen am 16.02.2025.
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