Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.Vorrede. kindisch heraus kommen/ als das Urtheil/ daßsolches sehr wol gemacht sey. Das Absehen/ nach Gewohnheit der Fran- Sonsten werden sich die teutschen Poeten wenig Was der teutschen Poeten, ihre wolfliessende Verse
Vorrede. kindiſch heraus kommen/ als das Urtheil/ daßſolches ſehr wol gemacht ſey. Das Abſehen/ nach Gewohnheit der Fran- Sonſten werden ſich die teutſchen Poeten wenig Was der teutſchen Poëten, ihre wolflieſſende Verſe
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Vorrede.
kindiſch heraus kommen/ als das Urtheil/ daß
ſolches ſehr wol gemacht ſey.
Das Abſehen/ nach Gewohnheit der Fran-
tzoſen/ mit critiquen Hinter-Schrifften herzu-
gehen/ deren hohes Weſen und Geheimnuͤſſe ei-
ner nicht gemeinen Seele man nicht einmahl
erreichen kan/ heiſſet mit aller Hoͤflichkeit ſeine
begangene Fehler ſelber anmercken. Doch das
Sprichwort muß auch in excellentiori gra-
du wahr ſeyn: ars non habet osorem, niſi
ignorantem, und was nicht auff unſern Miſte
waͤchſt/ iſt aller Fortpflantzung unwuͤrdig.
Sehr wohl gegeben.
Sonſten werden ſich die teutſchen Poeten wenig
uͤber die ſeltzame Verwunderung aͤrgern/ daß ſie weiſſe
Bruͤſte mit Marmor und Wangen mit Alabaſt ver-
gleichen. Knaben in Schulen wiſſen auch/ daß ein
Menſch vom Fleiſch und nicht Steinern ſey/ und wenn
ſie der gleichen Sachen leſen/ ſollen ſie ohne Kopffbre-
chen das Tertium Comparationis; errahten. Doch
nach dieſer Phantaſie kan das ſchoͤne Gleichniß der
Wangen von Roſen/ und Lippen von Purpur ebenfals
nicht Statt finden/ weil der kuͤhle Morgen-Wind im
Fruͤhling keine angenehme Waͤrmde in die Blumen
wehet/ und der Purpur in Kauffmanns-Gewoͤlbern
mehr als bey den Kachel-Ofen lieget. Wie reimen
ſich nun dieſe Worte: Wenn ich von Marmor-Bruͤ-
ſten und Wangen von Alabaſt hoͤre/ ſo ſtelle ich mir ei-
ne erblaſte Schoͤnheit im Sarge fuͤr. Wer hat jemahl
eine erblaſte Schoͤnheit geſehen? Sapienti lat.
Was der teutſchen Poëten, ihre wolflieſſende
Verſe
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